Duisburg. Scharfe Kritik am Trinkverbot in der Innenstadt kommt vom Diakonischen Werk. Der Einzelhandel begrüßt dagegen das Einschreiten der Stadt.

  • Der Chef vom Diakoniewerk wirft Stadt und SPD wie CDU Diskriminierung einer sozialen Randgruppe vor
  • Einzelhändler in der Innenstadt atmen dagegen auf und sehen einen „Schritt in die richtige Richtung“
  • In Herne hat die Stadt nach eigenen Angaben gute Erfahrungen mit einem Alkoholverbot gemacht

Das geplante Alkoholverbot in der Innenstadt bleibt zwischen Kritikern und Befürwortern umstritten. „Es wird dazu führen, dass wir die Geister, die wir dann rufen, nicht mehr loswerden“, warnt Sieghard Schilling, Geschäftsführer des Diakoniewerkes, vor „diskriminierenden“ Maßnahmen, die nur auf Vertreibung setzen.

Das Verbot richte sich nur gegen „eine verschwindend kleine Gruppe“, die suchtkrank sei „und die heile Welt einiger Politiker stört“, so Schilling, dessen Diakoniemitarbeiter die Klientel ebenso betreut wie der Verein „Gemeinsam gegen Kälte“. Wer die Menschen dort vertreiben wolle „und aus dem Stadtbild entfernen will, muss sagen, wo sie sich denn aufhalten sollen“. Wie berichtet, soll von April bis September zunächst als Testphase ein Trinkverbot im Umfeld der Königstraße und Münzstraße jenseits der Außengastronomie gelten. Als überzogen bezeichnet es Schilling, dass Rechtsdezernentin Daniela Lesmeister (CDU) davon spreche den Menschen mit der Verordnung wieder ein Gefühl von Sicherheit zu geben. Das spiegele nicht die Realität wider und scheine „politisches Kalkül“ zu sein.

Juwelier sieht Handlungsbedarf

„Die Stadt gehört allen, auch Wohnungslosen und Suchtkranken“, unterstreicht Schilling, der zugleich aber betont, dass „Urinieren in Eingängen von Geschäften und permanentes lautstarkes Gegröle nicht zu akzeptieren sind“. Umso wichtiger sei die Betreuung der Ziel- und gesellschaftlichen Randgruppe.

Handlungsbedarf sieht dagegen Juwelier Robert Lepping. Vor seinem Geschäft auf der Königstraße/Ecke Kuhlenwall spielen sich gerade in der wärmeren Jahreszeit unschöne Szenen ab. „Gegen Mittag kippt dann meistens die Stimmung. Das nervt, wenn man das jeden Tag vor der Tür hat“, sieht er den Punkt erreicht, „dass man das nicht länger tolerieren kann“, wenn man denn die Innenstadt attraktiver machen und dem schmuddeligen Eindruck begegnen will. Dabei verschließt Lepping nicht die Augen, dass die Szene der Betreuung bedarf: „Ich habe aber auch keine bessere Lösung.“

Ein Schritt in die richtige Richtung

Wilhelm Bommann, Sprecher des Duisburger Einzelhandels, sieht in dem Trinkverbot „einen Schritt in die richtige Richtung“. An etlichen Stellen in der Innenstadt sei die Belastung für die Läden und Kaufleute groß, so dass gehandelt werden musste. „Und bei allem Verständnis, das ist nicht unsere Baustelle“, so Bommann. Als „Schnapsidee“ bezeichnet dagegen die Jugendorganisation der Linkspartei das Verbot und startete ein Flugblatt-Aktion mit dem provokanten Slogan „Duisburg.schön.trinken.“

Das Verbot sei „vollkommener Quatsch“, da sich niemand vom Einkauf im Forum abhalten lasse, „weil am Kuhtor fünf Personen Bier konsumieren“. Ein Designer-Outlet schade der Innenstadt viel mehr.

Was die Nachbarstädte Herne, Gelsenkirchen und Essen unternehmen 

In Herne ist nach Bürgerbeschwerden seit dem Sommer 2016 in Fußgängerzonen und auf allen öffentlichen Plätzen „der Aufenthalt zum Genuss alkoholischer Getränke verboten, wenn hierdurch öffentliche Einrichtungen wie Ruhebänke, Grünanlagen, Spieleinrichtungen ( . . .) dem Gemeingebrauch (. . .) entzogen werden.“

Ein gutes halbes Jahr nach dem Ratsbeschluss zog die Stadt eine positive Bilanz. „Die Umsetzung klappt aus unserer Sicht prima“, so Stadtsprecher Christoph Hüsken. Die Plätze, die vorher der Allgemeinheit durch die Trinkgelage entzogen wurden, seien jetzt wieder nutzbar. „Das Stadtbild konnte aufgewertet werden“, heißt es.

Essen versucht es mit einem Trick

In Gelsenkirchen gilt seit langem ein Alkoholverbot im Umkreis von 20 Metern an Haltestellen. Eine Verordnung, die sich vor allem gegen einen Brennpunkt einer U-Bahn-Station in der Innenstadt richtete.

Auch Essen hat vieles versucht, aber das Problem nicht recht in den Griff bekommen. Aktuell versucht sie es mit einem Trick: Sie hat vor dem Szenetreff am Hauptbahnhof Infotafel zu Essen als „grüne Hauptstadt“ aufgestellt und begründet wegen dieser „Open-Air“-Ausstellung Platzverweise gegen die unliebsame Klientel. Vor einem Hotel hatte man versucht, einen Jugendtreff mit klassischer Musik zu vertreiben.