Duisburg. Das Programm für das Festival des deutschsprachigen Dokumentarfilms wurde im Filmforum vorgestellt. Von der Flüchtlingskrise bis zum Schwarzgeld.
- Die 40. Auflage der Duisburger Filmwoche steigt vom 7. bis 13. November im Filmforum am Dellplatz
- Die Arbeiten von 27 Dokumentarfilmern aus Deutschland, Österreich und der Schweiz sind dort zu sehen
- Anlässlich des runden Festival-Geburtstages haben sich die Macher für das Motto „Es ist Zeit“ entschieden
„Es ist Zeit“ – so lautet das Motto der 40. Duisburger Filmwoche, die vom 7. bis 13. November die deutschsprachige Dokumentarfilmerszene wieder zum Dellplatz locken wird. Im Filmforum wetteifern 27 Arbeiten um Preise und um die Gunst eines möglichst großen Publikums. Und die Zeit spielt dabei in vielerlei Hinsicht eine entscheidende Rolle. „Der Dokumentarfilm ist ein geeignetes Mittel, um festzuhalten und im Nachhinein aufzuzeigen, was Zeit Orten und Menschen antun kann“, sagte Festivalleiter Werner Ruzicka bei der gestrigen Programmvorstellung.
Bilder aus Berlin-Mitte
Dieses Statement bezog sich auch auf den Filmwochen-Trailer, der in den Programmkinos der Region, aber auch vor jedem der 27 Wettbewerbsbeiträge gezeigt wird. Zu sehen ist in dem zweieinhalbminütigen Trailer ein trostlos wirkender Straßenzug mit verfallenen Häusern. „Diese Bilder stammen aus Berlin-Mitte kurz nach der Wende“, erklärte Ruzicka. Heute seien dort teure Neubauten zu finden, deren Wohnungen kaum bezahlbar seien. Diese Veränderungen zur Gegenwart bleiben nur dank des Filmmaterials sichtbar. Die Zeit, sie könne auf diesem Weg nach- und festgehalten werden, erläuterte Ruzicka. Zudem leben wir in einer Zeit der fortschreitenden Digitalisierung.
Der Festivalleiter machte die Veränderungen anschaulich: „Früher haben wir die Filmrollen in Schubkarren vom Bahnhof hierher transportiert. Da haben sich allein für einen einzigen Film von Rainer Werner Fassbinder sechs Rollen so hoch aufeinandergestapelt“, so Ruzicka. Dann zückte er einen USB-Stick aus der Tasche. Auf diesem seien alle Beiträge aller 40 Filmwochen in digitaler Form gespeichert. Die neue Technik, sie verändere den Alltag. Auch im Kino.
Mit eben dieser Thematik beschäftigt sich auch der Eröffnungsfilm des Festivals. Er heißt „Cinema Futures“, stammt vom österreichischen Dokumentarfilmer Michael Palm und wird am Montag, 7. November, um 21 Uhr gezeigt. Dies ist eine Hommage an die analoge Filmtechnik, die vom Aussterben bedroht ist. Daher besuchte Filmemacher Palm auch ein Archiv in den USA, das nicht nur Zelluloidfilme aufgerollt in Blechdosen aufbewahrt, sondern auch die nötige Technik, um sie vorzuführen.
Die Auswahlkommission der Filmwoche habe aus den 50 eingereichten Arbeiten die wichtigsten herausgefiltert und daraus ein Programm zusammengestellt, so Ruzicka, das „auch die jetzige Zeit kommentiert“. Die Flüchtlingskrise werde ebenso thematisiert wie die Schwarzkontenaffäre der Schweizer Banken, die Enteignung kambodschanischer Kleinbauern oder der Konflikt zwischen Tochter und Vater, der in Thailand eine intime Beziehung zu einer jungen Einheimischen unterhält. Alles das bietet genug Gesprächsstoff für die berühmt-berüchtigten Diskussionen zwischen Filmemachern und Publikum, die bei der Filmwoche stets direkt im Anschluss nach der Vorführung anstehen.
Den richtigen Nerv getroffen
Die Diskussionen seien fester Bestandteil eines „alten Formats, das bis heute jung geblieben ist“, lobte VHS-Direktor Dr. Gerhard Jahn die Filmwoche und ihre Macher. Diese Veranstaltung, die zum Angebot der Volkshochschule gehört, habe in den all den Jahrzehnten stets den richtigen Nerv getroffen – in der Branche und bei den Besuchern. „Das hat auch mit Werner Ruzicka zu tun“, so Jahn.
Kulturdezernent Thomas Krützberg betonte, dass Duisburg sich den Ruf erarbeitet habe, eine wichtige Dokumentarfilmstadt zu sein. Um dieses positive Image zu erhalten, sei gute und harte Arbeit nötig. Und weil sie hier geleistet werde, so Krützberg, sei Duisburg bis heute „ein Solitär in der Dokumentarfilm-Landschaft“.
„Doxs“ lockt mit Dokus für junge Zuschauer
m Rahmen der Duisburger Filmwoche 2016 findet bereits zum 15. Mal auch das Jugend-doku-Festival „doxs!“ statt. Vom 7. bis 13. November läuft ein europäisches Filmprogramm für Schülerinnen und Schüler in Duisburg. Gezeigt werden Dokus, die junge Lebenswelten beschreiben. Verliehen wird auch wieder die mit 5000 Euro dotierte „Große Klappe“ – als Hauptpreis.