Duisburg. . Mit gezielter Förderung und Orientierung können es viele Kinder weit bringen. Darauf setzt Cordula Hiller-Kitzmann, die jetzt den Talent Award bekam.

  • Über 80 Prozent der Kinder kommen mit einer Hauptschulempfehlung zur Theodor-König-Gesamtschule
  • Oberstufenleiterin Cordula Hiller-Kitzmann setzt auf gezielte Förderung der Fähigkeiten
  • Für ihr Orientierungsprogramm wurde sie jetzt vom Initiativkreis Ruhr ausgezeichnet

„Bitte lächeln“ bittet der Schriftzug auf dem Schreibtisch von Cordula Hiller-Kitzmann. Das hilft, besonders wenn’s mal schwierig wird. Sowas kommt häufiger mal vor bei der Abteilungsleiterin für die gymnasiale Oberstufe an der Theodor-König-Gesamtschule. Den Job macht sie nicht nur mit einem Lächeln, sondern wohl auch ziemlich gut. Für das Berufs- und Studienorientierungsprogramm der Beecker Schule ist sie nun mit dem „Talent Award“, von der Talentmetropole Ruhr des Initiativkreises Ruhr ausgezeichnet worden.

Die Potenziale der Schüler zu erkennen und sie so zu fördern, dass sie das Abitur schaffen, ist das Talent von Cordula Hiller-Kitzmann. Ohne geht’s nicht. Denn gut 80 Prozent der Schüler haben ihre Fähigkeiten an der Grundschule noch nicht offenbart oder mit Erfolg verborgen: Sie kommen mit einer Hauptschulempfehlung in die fünfte Klasse. Am Ende der Klasse 10 steht ein Drittelmix: Hauptschulabschluss, mittlerer Abschluss, Qualifikation für die Oberstufe. Die meisten aus letzterem Drittel machen weiter bis zum Abitur. „Das ist für eine Schule an diesem Standort ganz ordentlich“, findet die 50-Jährige.

Rund 80 Prozent der Schüler in Beeck stammen aus Migrantenfamilien

Besonders ist: Rund 80 Prozent der Schüler stammen aus Migrantenfamilien. Hiller-Kitzmann kennt das von der Gesamtschule Emschertal – in Neumühl war sie bis 2007 tätig. Dort war die Schülerschaft bunter. Da gab’s auch Jugendliche aus russischen, polnischen, afrikanischen Familien. In Beeck dominiert die türkische Herkunft. Obwohl viele Familien schon in zweiter, dritter Generation in Duisburg leben, wiegt die Kultur nach wie vor schwer, sagt die Lehrerin. Bei Beziehungen zwischen Jungen und Mädchen, die nicht offenbar werden dürfen, bei Hilfen, die nicht so leicht akzeptiert werden, bei der Religion, deren Bedeutung Cordula Hiller-Kitzmann nicht nur in den Wochen des Ramadan wachsen sieht: „Der Druck zwischen den Jugendlichen ist schon sehr groß.“

Arbeit beginnt in der Sekundarstufe I

Sogenannte „Bildungsaufsteiger“ sind oft auch die besten Schüler. Die ersten ihrer Familien, die es in die Oberstufe, zum Abitur, auf die Uni schaffen. Ohne Vorbilder in der Verwandtschaft, die beraten, helfen, wächst die Bedeutung der Unterstützung durch die Lehrer. „Das bin natürlich nicht ich allein, sondern ist auch Ergebnis der Arbeit meiner Kollegen in der Sekundarstufe 1“, betont Hiller-Kitzmann.

Kontinuierliche Sprachförderung am Anfang schafft die Grundlage für spätere Lernerfolge. Frühzeitig und regelmäßig schlägt die Theodor-König-Gesamtschule dann die Brücken in die Berufs- und Hochschulwelt. Ein zweiwöchiges Praktikum, der Besuch von Ausbildungsmessen, regelmäßige Sprechstunden der Agentur für Arbeit in der Schule, ein Assesment-Center der AOK ein Jahr vor dem Abitur, Unternehmenskontakte, die der „Dialog mit der Jugend“ des Initiativkreises Ruhr vermittelt: All das gehört zum Schulprogramm.

Initiativkreis lobt die „Politik der offenen Türen“

„Sie hat den Orientierungsbereich an ihrer Schule aufgebaut und leistet mit einer strukturierten Lebensweg-Planung Außerordentliches für ihre Schüler“, lobt Bernd Kreuzinger. Der Projektleiter von „Dialog mit der Jugend“ beim Initiativkreis kennt die Pädagogin seit Jahren und hat sie für die Auszeichnung empfohlen, „weil sie Außerordentliches leistet und eine Politik der offenen Türen lebt.“

Ihre Schüler „sollen lernen, dass sie sich mit Gymnasiasten messen können“, betont die Oberstufen-Leiterin Denn obwohl beim Zentralabitur alle über die gleiche Hürde springen, „tragen sie zuweilen die Nase doch noch ziemlich hoch“, findet Cordula Hiller-Kitzmann. „Für die sind wir doch nur die Ölaugen“, hört sie dann von ihren Schülern. Der „Talent Award 2016“ bleibt auch deshalb stehen auf dem Tisch in ihrem Büro, weil er das Selbstbewusstsein hebt, bei den Jugendlichen. Für Cordula Hiller-Kitzmann gibt’s da noch den jungen Polizisten, der aus dem Streifenwagen winkt, den jungen Mann, der bei Thyssen-Krupp gerade seinen Meister macht und den Studenten, der aus Venlo grüßt. „Alle ehemalige Schüler“, sagt sie. „Bitte lächeln“ inklusive.