21 Glockenschläge für die Opfer der Loveparade-Katastrophe
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Duisburg. . Die nicht-öffentliche Gedenkfeier und die „Nacht der 1000 Lichter“ vereinen die Schicksalsgemeinschaft der Hinterbliebenen und der Betroffenen.
Sie bilden einen Kreis. Halten sich an den Händen. Lauschen gebannt den 21 Glockenschlägen. Und sprechen nach Momenten des Innehaltens gemeinsam das „Vaterunser“. Es ist das Ritual einer Schicksalsgemeinschaft, die sich am frühen Sonntagabend an der Gedenkstätte versammelt hat. So wie sie es immer tut, wenn sich die Loveparade-Katastrophe jährt. Denn genau hier, wo die etwa 50 Hinterblieben jetzt stehen, ist vor sechs Jahren ihr Kind, ihr Bruder, ihre Schwester, ihr Enkelkind gestorben. Und dieser gemeinsame Akt des Trauerns ist es, der die Rückkehr an jenen Ort, an dem ein geliebter Mensch den Tod fand, überhaupt erst erträglich macht.
Duisburg gedenkt der Loveparade-Opfer
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„Auch wenn wir gedacht hatten, dass das gar nicht möglich sei: Aber es war diesmal noch beklemmender als in den Jahren zuvor“, erzählen Edith Jakubassa und Friedhelm Scharff, die Eltern der verstorbenen Marina aus Duisburg-Hochheide. Die Emotionalität sei noch größer gewesen. „Die Gefühle sind völlig durcheinander – vor allem hier“, sagt Edith Jakubassa und tippt sich auf den Bauch.
Hannelore Kraft trauert mit
Wie in jedem Jahr stand auch diesmal Hannelore Kraft den Angehörigen bei – nicht als Ministerpräsidentin, sondern als Privatperson. Sie ist längst fester Bestandteil dieser trauernden Gemeinschaft geworden. Das gilt auch für Sören Link. „Das ist heute der sechste Gedenktag – und bisher war jeder anders“, sagte Duisburgs OB. „Es ist immer erschütternd und berührend.“ Berührend, weil er spürt, dass dieser Akt des Trauerns den Angehörigen zumindest ein Stück weit Kraft gibt. Erschütternd, weil er im Gespräch mit Verletzten und Traumatisierten auch sechs Jahre nach der Katastrophe noch immer eine schwere Schuld verspürt: „Sie fragen sich: Warum mussten hier so viele sterben? Und warum durfte ich weiterleben?“, so Link.
Betroffene laufen Hand in Hand in einer Reihe durch den Tunnel
Zu jenen, die am 24. Juli 2010 mitten im Gedränge am Fuße der Rampe im Gedränge zu ersticken drohten, gehört Thorolf Schmidt. Er ist mit knapp 20 anderen Betroffenen ebenfalls zur Unglückszeit zur Gedenkstätte gekommen. Diese Gruppe hatte sich am Tunneleingang auf Neudorfer Seite getroffen und war dann – Hand in Hand, um sich Halt zu geben – in einer breiten Reihe durch den Tunnel zur Gedenkstätte gelaufen. Ein eindringliches, eindrucksvolles Bild. „Es war überwältigend“, schildert Schmidt. Er konnte, als sich dann der Trauerkreis bildete, aber seine Nebenleute nicht an den Händen fassen. „Das hätte mich emotional völlig umgehauen.“
Die „Nacht der 1000 Lichter“ hüllte die Gedenkstätte dann nach Einbruch der Dunkelheit am späten Sonntagabend in einen feuerroten Schein. Und dank der Effekte der neuen Beleuchtungsanlage schien die stählerne Wand- und Bodenplatte auf einem Teppich aus Licht zu schweben. Über 250 Besucher hielten inne.
Loveparade-Gedenken - Nacht der 1000 Lichter
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Eindrucksvoller Gedenkgottesdienst am Samstag in der Salvatorkirche
Eindrucksvoll und emotional war auch der Gedenkgottesdienst in der Salvatorkirche für 50 Hinterbliebene am Samstag. 21 weiße Kerzen wurden entzündet, auf jeder prangte der Vorname eines Opfers der Loveparade-Katastrophe.
Die Bedeutung des Namens rückte Jürgen Thiesbonenkamp in den Fokus der Predigt. „Der Name ist nicht nur die Identität einer Person, sondern er gibt ihr auch Würde, die über den Tod hinaus bleibt.“ Wichtig für alle Angehörigen sei es, so Thiesbonenkamp, dass sie sich im Namen der Verstorbenen wieder dem Leben zuwenden. Im Namen der Verstorbenen solle aber auch die Forderung nach einer juristischen Aufarbeitung des Planungsversagens aufrechterhalten werden.
Namen der 21 Opfer wurden laut verlesen
„Die Angehörigen waren emotional sehr bewegt, aber sie sind aus dieser Gedenkfeier auch gestärkt hervorgegangen“, schilderte Thiesbonenkamp seine Eindrücke.
Wie immer wurden im Laufe der Zeremonie die Namen der 21 Todesopfer laut verlesen. Die Kerzen, auf denen die Namen standen, nahmen die Hinterbliebenen mit. Gemeinsam fuhren die Eltern nach dem einstündigen Gottesdienst erstmals an diesem Trauerwochenende zur Gedenkstätte im Karl-Lehr-Tunnel.
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