Duisburg. . Jürgen Felter (59) aus Duisburg-Hochheide war ein Vorführer der ersten Stunde beim Filmvergnügen unter freiem Himmel.
Das Stadtwerke-Sommerkino öffnet ab nächsten Mittwoch, 13. Juli, wieder für fünfeinhalb Wochen seine Pforten. Es ist die 20. Auflage des Filmvergnügens unter freiem Himmel, das wieder Zehntausende zum Landschaftspark Nord locken wird. Diesen runden Geburtstag nimmt die WAZ zum Anlass, um im Rahmen einer Serie auf die vergangenen zwei Jahrzehnte zurückzublicken. Wir erinnern in den nächsten Wochen an die Filmstars, die während des Sommerkinos in Duisburg zu Gast waren, erzählen von jenem Jahr, als das Sommerkino einmal ausfallen musste, und wir sprechen mit Zeitzeugen. Den Anfang macht heute Jürgen Felter. Er war ein Sommerkino-Filmvorführer der ersten Stunde.
Vom Medientechniker zur Kinotechnik
„Ich habe 1996 als Medientechniker bei der Volkshochschule gearbeitet und das Filmforum war damals quasi noch eine Abteilung der VHS. So bin ich zur Kinotechnik gekommen“, erzählt der 59-jährige Felter, der mit seiner Frau in Hochheide lebt. Der routinierte Vorführer Rolf Breuer nahm ihn damals unter seine Fittiche. Und blitzschnell erfasste Felter die Faszination des Vorführens und des Mediums Film.
Beim allerersten Sommerkino im Jahr 1996 gab es noch manch technische Klippe zu umschiffen. „Die Filmrollen wurden damals noch am alten Güterbahnhof angeliefert. Wir haben sie zum Filmforum gebracht, sie dort zurechtgeschnitten und den zusammengefügten Film auf eine große Rolle gezogen“, erzählt Felter. Diese sei so riesig gewesen, dass sie in kein normales Auto hineingepasst hätte. „Nur der Kofferraum des Mercedes Strich-8 von Rolf Breuer war groß genug. Darin haben wir die Filme immer zum Landschaftspark transportiert“, sagt Felter und lacht.
Ein Auge stets auf dem Projektor
In dem dortigen Vorführraum stand ein 35-Millimeter-Projektor. „Der war richtig laut“, so Felter. Er konnte aus dem Vorführraum zwar einen Blick auf die Großleinwand erhaschen und den Ton über einen kleinen Kontroll-Lautsprecher verfolgen. „Einen Film richtig genießen, konnte man dort aber nie. Man hatte ja auch stets ein Auge auf dem Projektor, ob alles klappt.“
Ist denn jemals was schief gegangen? „Zumindest bei meinen Vorführungen nicht“, sagt Felter mit einem Augenzwinkern. Als Vorführer bekomme man ja eh nur Reaktionen des Publikums, wenn etwas passiert. „Wenn alles gut läuft und die Leute ohne Beschwerde nach Hause gehen, dann war das schon das schönste Feedback.“
Die Stummfilme waren für Vorführer am kniffeligsten
Die kniffeligsten Aufgaben waren stets das Vorführen der alten Stummfilme. „Das Zelluloid wurde über die Jahrzehnte brüchig und man musste bei denen immer sehr viel nachkleben. Es war immer eine Auszeichnung für den Vorführer, wenn diese Filme einwandfrei durch den Projektor liefen. Das ist wie mit einen Oldtimer heute durch den Straßenverkehr zu fahren“, erklärt Felter.
Er selbst ist Fan von Stummfilmen – etwa jene von Charlie Chaplin. „Ich mag deren alten Charme. Das gilt übrigens auch für den Landschaftspark selbst.“ Dort ist Felter nur noch als Sommerkino-Zuschauer zu Gast. 1998 wechselte er innerhalb der VHS seinen Job und verlor damit auch das Privileg, Vorführer sein zu dürfen. Und was ist die markanteste Veränderung seit diesen alten Tagen? „Damals waren 200 bis 300 Zuschauer bei den Vorführungen. Heute ist fast jeder Abend ausverkauft.“
Rolf Breuer war der technische Spiritus Rector des Sommerkinos
Der Stellenwert, den Rolf Breuer Zeit seines Lebens für das Sommerkino hatte, lässt sich gar nicht hoch genug bemessen. Der passionierte Filmvorführer konzipierte maßgeblich die Technik für den Open-Air-Spaß im Landschaftspark Nord und zählte bis zu seinem tragischen Unfalltod in 2012 zu den tragenden Säulen unter den Sommerkino-Machern.
„Mit ihm haben wir vor vier Jahren unseren technischen Spiritus Rector verloren“, sagt Kai Gottlob, der Geschäftsführer des Filmforums und langjähriger Berufswegbegleiter Breuers. „Er zählte zu den absoluten Koryphäen unter den Filmvorführern in Deutschland.“
Das bewies Breuer vor allem dann, wenn die alte Kinotechnik zum Einsatz kam. Früher standen im Vorführraum mehrere Projektoren. Die Filme waren damals noch auf mehrere Rollen verteilt. Und immer, wenn eine durchgelaufen war, musste der Vorführer im richtigen Moment zum anderen Projektor überblenden. Denn nur so blieb dieser Projektorenwechsel für die Zuschauer im Kinosaal unbemerkt. „Und Rolf beherrschte das perfekt“, sagt Gottlob und fügt hinzu: „Vielleicht hat er auch deshalb stets gesagt, dass er am liebsten in den 50er Jahren gelebt und gearbeitet hätte. Denn damals war diese von ihm so geschätzte Technik noch Standard.“
Seit Anfang der 90er Jahre war Breuer im Filmforum als Vorführer tätig – erst nebenberuflich, ab 1999 hauptamtlich. Diese Arbeit erledigte er einmal pro Woche auch im Bochumer Kino „Endstation“ sowie im Dortmunder „Kino im U“.
Ein strenger, aber guter Lehrmeister
Das Duisburger Sommerkino zählte neben der Filmwoche stets zu den Höhepunkten im Jahreskalender des Vorführers. „Diese Termine hat er sich nicht nehmen lassen. Da wollte er immer selbst dabei sein“, erinnert sich Gottlob. Breuer sei zudem ein sehr strenger und anspruchsvoller Lehrer für den Vorführernachwuchs im eigenen Haus gewesen. „Aber weil unsere Vorführer so viel bei ihm gelernt haben, können sie heute sein Erbe fortsetzen“, so Gottlob.
Rolf Breuer starb bei einem Verkehrsunfall im August 2012 im Alter von 53 Jahren, als er als vorfahrtberechtigter Motorradfahrer von einem abbiegenden Pkw übersehen und gerammt wurde.