Duisburg. Gesamtschule Duisburg-Süd zählt zu jenen elf Schulen in der Stadt, die ihre Angebotspalette erweitert haben. Ministerin Löhrmann beim Fastenbrechen.

An der Gesamtschule Duisburg-Süd haben 36 Schüler der neunten Klassen zum ersten Mal Islam-Unterricht auf dem Stundenplan stehen. Das Thema „Fasten“ war dabei der erste, gleichzeitig hochaktuelle Unterrichts-Schwerpunkt.

Der Anteil der muslimischen Schüler in Duisburg beträgt derzeit mehr als 30 Prozent. Wenn dann aber der Religionsunterricht auf dem Stundenplan steht, haben diese Schüler, wenn nicht gerade Ethik oder Psychologie angeboten wird, meistens eine Freistunde. Islam-Unterricht an Schulen ist (noch) eine Besonderheit.

Aufklärung über den Islamismus

Seit Anfang des Schuljahres wird das Fach nur an acht Duisburger Grundschulen und an drei weiterführenden Schulen angeboten. Auch an der Gesamtschule Duisburg-Süd in Großenbaum ist Islam-Unterricht seit diesem Schulhalbjahr Bestandteil des Stundenplans, zumindest für die Neuntklässler, an denen das Fach gerade quasi getestet wird. Die Lehrerin Şahinder Gelim unterrichtet die 36 muslimischen Schüler des Jahrgangs in drei Kursen. „Wir wollen die Jugendlichen über den Islamismus aufklären und ihnen auch die Möglichkeit geben, mehr über ihre Religion zu lernen“, sagt Gelim über den Hintergrund des Islam-Unterrichts.

Die Nationen der Schüler sind gemischt: von Türken, über Kurden und Tunesier bis hin zu Pakistani. Aber eines haben sie alle gemeinsam: Sie sind dankbar, dass ihnen dieser Unterricht angeboten wird. „Ohne den Islam-Unterricht würden wir nur unsere Zeit absitzen. Jetzt können wir uns über unsere Religion austauschen“, freut sich etwa die 15-jährige Afra.

Im Islam-Unterricht haben sich die Schüler mit dem Thema „Fasten“ beschäftigt – aber nicht nur im Zusammenhang mit ihrer eigenen Religion, sondern auch mit den Bräuchen im Christentum, Judentum und Alevitentum. Bei der Erarbeitung von Referaten hat ihnen Baris Altindag geholfen. Er ist „Teach-First-Fellow“ an der Schule. Für die Initiative „Teach First“ ist er zwei Jahre an der Gesamtschule, hilft den Schülern beim Lernen und unterrichtet auch Flüchtlingskinder in so genannten internationalen Vorbereitungsklassen.

„Der ist quasi der beste Freund jedes Schülers“, schwärmt der 14-jährige Berdan. „Bei den Referaten hat er uns immer unterstützt. Selbst als der Unterricht vorbei war, hat er uns noch geholfen“, lobt der 15-jährige Yasir den Teach-First-Fellow.

Ausbau im nächsten Schuljahr

Die fertigen Referate haben die Islam-Schüler nicht wie üblich vor der Klasse vorgetragen, sondern beim Fastenbrechen in der Mensa vor etwa 270 Leuten am vergangenen Donnerstagabend. Diese Veranstaltung wurde zum ersten Mal in dieser Form organisiert und soll der Höhepunkt des Islam-Unterrichts sein.

Ein Blick in die Reihen: Die Familien der Schüler sind da, aber auch Freunde und Mitschüler. „Uns war es wichtig, dass nicht nur Muslime kommen, damit wir unsere Religion nach außen präsentieren können“, sagt Islam-Lehrerin Şahinder Gelim. Zwischen Frauen mit Kopftüchern sitzen auch zwei christliche Pfarrer an den Tischen: Dietrich Köhler-Miggel von der Buchholzer Jesus-Christus-Gemeinde und Schulpfarrer Klaus Wendorff. „Ich finde es ganz wichtig, dass Islam-Unterricht angeboten wird. Jetzt werden die Schüler nicht mehr ausgeschlossen“, lobt Köhler-Miggel.

Der Ehrengast des Abends ist Schulministerin des Landes NRW, Syliva Löhrmann, die die Gesamtschule Duisburg-Süd in einer Vorreiterrolle sieht. „Ich bin schon ein bisschen aufgeregt, ein Referat vor der Ministerin zu halten“, gesteht der Neuntklässler Yasir. Das machen er und seine Mitschüler aber hervorragend und ernten viel Applaus.

Nächstes Schuljahr plant die Gesamtschule Duisburg-Süd den Islam-Unterricht nicht nur im neunten, sondern auch im zehnten Jahrgang anzubieten. Baris Altindag und Şahinder Gelim träumen noch weiter: Sie wollen, dass der Islam-Unterricht Bestandteil der Schulalltags aller Jahrgänge wird.

Immer mehr Schulen in NRW beteiligen sich

In NRW wird an 176 Schulen seit Anfang des Schuljahres der Islam-Unterricht angeboten. Im Schuljahr 2012/2013 waren es gerade einmal 33 Schulen. In NRW leben rund 349.000 muslimische Schüler, aber Anfang des Schuljahres waren nur etwa 13.700 von ihnen Teil des Islam-Unterrichts.

Teach-First-Fellows gehen nach ihrem abgeschlossenen Studium für zwei Jahre als zusätzliche Fachkräfte an eine Schule und unterstützen die Schüler zum Beispiel bei der Berufsorientierung und bei der Klausurvorbereitung. Teach-First-Fellows sollen sich für Chancengleichheit unter den Schülern einsetzen.