Duisburg. . In Repair Cafés helfen Ehrenamtler dabei, kaputte Dinge wieder gebrauchsfähig zu machen. Das Interesse ist groß, wie ein Besuch in Ruhrort zeigt.

Zum Repair Café? Das muss man an diesem Nachmittag im Duisburger Stadtteil Ruhrort niemanden fragen. Einfach nur den Menschen hinterher, die mit Kaffeeautomaten, Radiogeräten, Fernsehapparaten, Bügeleisen und Nähmaschinen unterm Arm in einen Eingang strömen. Drinnen, im Bistro der Christengemeinde Duisburg, duftet es nach leckerem Kaffee und die Torten auf der Theke sehen köstlich aus. Gemütlichkeit, Geselligkeit und Gespräch gehören an diesem Nachmittag auch dazu, ganz klar.

Aber die Aufmerksamkeit der Wartenden richtet sich immer wieder auf die Aktivitäten im hinteren Teil des Raumes. Da wird getestet, gewerkelt, geschraubt, gelötet, was die Werkzeugkisten und die Fertigkeiten der „Bastler“ hergeben - und das ist eine Menge. Ein knappes Dutzend Ehrenamtler und Ehrenamtlerinnen sind hier seit 2014 alle vier Wochen im Einsatz beim Repair Café, einer Idee, die aus den Niederlanden kommt und in Deutschland in den vergangenen Jahren weite Verbreitung gefunden hat (siehe Infokasten). Das Ziel: der Wegwerfgesellschaft mit Engagement und handwerklichen Fähigkeiten etwas entgegenzusetzen.

Als Dank eine Obsttorte

Astrid Kleinfeld ist die Fachfrau fürs Textile.
Astrid Kleinfeld ist die Fachfrau fürs Textile. © Lars Heidrich / FUNKE Foto Services

Zwischen 30 und 50 Leute kommen jeden Monat, um sich bei der Reparatur ihrer defekten Sachen helfen zu lassen. Horst Ziegler ist einer der ehrenamtlichen Helfer, er ist studierter Elektrotechniker und jetzt im Ruhestand und er bringt das Repair Café-Anliegen so auf den Punkt: „Warum soll man etwas wegwerfen, nur weil zehn Prozent kaputt sind, aber die anderen 90 Prozent tadellos funktionieren. Das wär doch einfach zu schade.“ Nur braucht es eben viel Geduld und kundige Helfer, um die problematischen zehn Prozent zu finden und wiederherzustellen.

Reinhilde Frohnsdorf hat ihr elektrisches Messer dabei. Mit einer Klinge funktioniert das Gerät, mit der anderen nicht. Nach kurzem Test steht fest: das ist kein elektronisches, sondern ein mechanisches Problem. An einer Klinge ist oben ein Stück abgebrochen. Horst Ziegler macht sich ans Werk. „Ich brauch’ das Messer dringend, um damit mein selbst gebackenes Brot zu schneiden“, sagt Frau Frohnsdorf, die schon zum dritten Mal hier ist: „Zweimal hat man mir hier schon ganz toll geholfen.“ Als Dank hat Reinhilde Frohnsdorf eine Obsttorte fürs Kuchenbuffet mitgebracht. Und auch ihr dritter Besuch ist ein Erfolg. „Toll, dass es so etwas gibt.“ Ansonsten wär das elektrische Messer nämlich auf dem Müll gelandet.

Neben den Elektronikexperten sind auch noch Feinmechaniker und sogar ein Buchbinder mit im Team. Und mit Astrid Kleinfeld, auch eine Fachfrau fürs Textile. Kleinfeld näht seit ihrem 15. Lebensjahr mit Freude und aus Leidenschaft, an diesem Tag hilft sie einer jungen Frau, an deren Bluse ein Ärmel ausgerissen ist.

Das Repair Café sei auch als Ermutigung zu verstehen, sich mehr mit dem „selber machen“ zu befassen, sagt Organisator Christian Lerz. Gern würde er noch mehr junge Menschen hier begrüßen, aber die sind rar. „Die meisten, die zu uns kommen, sind Menschen ab 40, also jene, die es kennen, dass noch etwas repariert wird“, sagt Lerz. Was sie mitbringen? Alles, was sich tragen lässt. „Wir hatten hier auch schon einen elektrischen Rasenmäher und eine alte Regis-trierkasse.“

Austausch und Vernetzung

Die Ehrenamtler haben viel Ehrgeiz, Defektes wieder hinzukriegen, aber nicht alles geht. „Manchmal ist es sehr einfach und manchmal aussichtslos. Wir haben schon die ganze Bandbreite erlebt“, sagt Lerz. Die Nachfrage ist groß, nicht nur bei den Besuchern. Lerz berichtet, dass er auch immer wieder Anfragen von Interessierten erhalte, die selbst ein Repair Café gründen wollen.

Oliver Jantz, studierter Elektroingenieur und selbstständiger EDV-Berater hat gerade beim „Wachküssen“ einer E-Gitarre geholfen, die die letzten 20 Jahre im Keller verbracht hat und jetzt reaktiviert werden soll. Jantz sieht im Repair Café positive Effekte für alle. „Es ist eine Plattform sich auszutauschen und sich mit anderen zu vernetzen.“ So sind im Repair Café auch Mitglieder des Vereins Labdoo.org aktiv, die hier Computer reparieren, aber auch ausrangierte Laptops für weltweite Schulprojekte sammeln. Alle Ehrenamtler treffen sich überdies regelmäßig zwischen den Terminen zum Erfahrungsaustausch. „So ein Projekt ist ein Gewinn an Lebensqualität für alle“, resümiert Jantz.

Idee und Organisation

Die Idee zu den Repair Cafés stammt von der Niederländerin Martine Postma. Im Jahr 2009 eröffnet sie, aus dem Gedanken der Nachhaltigkeit, das erste Repair Café in Amsterdam und gründete die Stiftung Repair Cafés, die seit 2011 lokale Gruppen bei der Gründung dieser Initiative unterstützt.

Mittlerweile gibt es 1000 Repair Cafés in 24 Ländern, in denen mithilfe von Ehrenamtlern monatlich mehr als 18 000 Gegenstände repariert werden.Organisiert werden die Repair Cafés von unterschiedlichsten Initiativen, wie zum Beispiel von Kirchengemeinden, Stadtteilinitiativen, gemeinnützigen Vereinen oder sozialen Einrichtungen. Sie bestimmen auch die Termine und die Häufigkeit des Angebots. In der Region finden sich Repair Cafés unter anderem in Dinslaken, Hünxe, Moers, Kleve, Duisburg, Mülheim, Oberhausen, Essen, Düsseldorf und Erkrath.

Nähere Infos über die Idee unter: www.repaircafe.org. Das Ruhrorter Repair Café ist unter der Internetadresse http://cgduisburg.de/repair-cafe erreichbar.