Duisburg. Bevor „KöPi“ zur großen Erfolgsmarke wurde, machten die Beecker Brauer auch Alt, Malz, Export und Bockbier. Das Reinheitsgebot ist nach wie vor „Gesetz“.
Bierbrauen hat eine Menge mit Geschichte zu tun. Wie bei Oliver Landsberger. Eine gefühlte Ewigkeit ist der gebürtige Essener schon Braumeister bei der König-Brauerei in Beeck, die selbst auf mehr als 150 Jahre Geschichte zurückblicken kann. Und dann ist da das deutsche Reinheitsgebot – eine Lebensmittelvorschrift, die am 23. April 500 Jahre alt wird. Da verwundert es kaum, dass Bierbrauen für Landsberger mehr ist als ein Beruf. Es ist eine Leidenschaft.
„Wenn ich unterwegs bin, probiere ich gerne andere Biere“, sagt er. „Aber zu Hause, da trinke ich nichts anderes als König-Pilsener.“ Die strahlenden Augen verraten: Der Mann meint, was er sagt.
Seine Geschichte beginnt in Essen-Borbeck. „Damals habe ich mit meinem Opa noch das Bier direkt an der Brauerei abgeholt“, sagt Landsberger. In den Ferien gab es die ersten Jobs. Flaschen sortieren zum Beispiel. Später bewarb er sich bei der Stern-Brauerei um eine Ausbildung, wurde angenommen, ging 1986 zum Studium nach Freising. „Ich wollte aber zurück in den Ruhrpott.“ Die König-Brauerei nahm ihn gerne. „Hier ist jeden Tag etwas los“, hat Landsberger seine Entscheidung nie bereut.
Vielfalt mit wenigen Rohstoffen
In den Achtzigern war der Trend zum „KöPi“, zum Bier Pilsener Brauart, längst vollzogen. Auch wenn die „Bairische Bierbrauerei Theodor König“ seit ihrer Entstehung 1858 auf das damals eher seltene untergärige Bier setzte – aufgrund fehlender Kühlmöglichkeiten war obergäriges Bier einfacher herzustellen – und 1911 das erste „Pilsener“ die Beecker Braukessel verließ, war König zunächst nicht auf „KöPi“ festgelegt. Viele Beecker kennen noch die alten Sorten König-Alt, König-Export, König-Malz. Schon etwas weniger bekannt ist ein Bier mit einem grün-orangen Etikett mit Geißbockkopf: das König-Meisterbock. „Das war ein Starkbier mit mehr Alkohol. Bockbier liegt bei sieben Volumenprozent Alkohol und mehr, Pilsener beispielsweise eher bei fünf Prozent“, erklärt Landsberger.
Dabei sind die Rohstoffe gleich. Denn das Reinheitsgebot, erlassen vom bayrischen Herzog Wilhelm IV. am 23. April 1516, schreibt vor, dass Bier nichts anderes enthalten darf als Hopfen, Gerste – die Grundlage des Malzes – und Wasser. Wichtig ist auch die Hefe, die für die Vergärung benötigt wird. Sonst kommt nichts ins Bier. „Es ist doch beeindruckend, welche Vielfalt mit diesen wenigen Rohstoffen möglich ist“, sagt Guido Christiani, Geschäftsführer Technik bei König. Letztlich sind es „andere“ Malz- und Hopfensorten und „andere“ Hefen, die den Unterschied im Geschmack ausmachen.
Bierbrauen bleibt Handarbeit
In der Geschichte des Brauens bei König spielte lange Zeit das Exportbier eine große Rolle. „Export war in den Sechzigern und Siebzigern noch das volumenstärkste Bier“, erklärt Christiani. „Diese Sorte war ursprünglich eher für den Export gedacht, weil sie durch einen höheren Alkoholgehalt länger haltbar war.“ Der etwas mildere, weniger stark gehopfte Geschmack kam früher gut an. „Es war der Geschmack der damaligen Zeit“, sagt Christiani. Der änderte sich. Hin zum Pilsener. König machte sich landesweit einen Namen mit „Pils“. „Auch weil wir die ersten in Deutschland waren, die landesweite TV-Werbespots geschaltet haben“, so Christiani. „Wir haben auch den Begriff des Premium-Pilseners geprägt.“ Werbung und Qualität – das verhalf der heute beliebtesten Sorte derart zum Durchbruch, dass Alt, Malz und Meisterbock nach und nach aus dem Beecker Portfolio verschwanden. „Letztlich hat sich das geringe Volumen der anderen Sorten nicht mehr gelohnt“, so Christiani.
„Als ich angefangen habe, hat der Computer noch keine Rolle gespielt“, sagt Landsberger. „Heutzutage hat ein Bierbrauer gerade auch Steuerungsaufgaben zu erfüllen. Das ist fast wie in einem großen Stellwerk. Trotzdem bleibt das Bierbrauen bei uns Handarbeit.“ Die Überprüfung – im Labor oder auch auf dem Heimweg im Zug – gehört eben auch dazu. Und das Reinheitsgebot spielt auch im Computer-Zeitalter nach wie vor eine große Rolle. „Das ist eine Tradition, die wir seit 500 Jahren pflegen“, sagt Landsberger. Und es ist international ein Qualitätsmerkmal. „Es wäre ja leichter Bier zu brauen, ohne sich an das Reinheitsgebot zu halten“, sagt Christiani – aber genau das wollen die deutschen Brauer nicht.
Der Nachwuchs braut sein eigenes Bier
In der aktuellen „Bierkultur“ spielen immer häufiger so genannte „Craft-Biere“, sprich besondere Sorten, eine Rolle, die oft eben nicht mit dem Reinheitsgebot überein zu bringen sind. Früchte, Kirschen zum Beispiel, werden mit „verbraut“. Auch die Bitburger-Gruppe, zu der König gehört, hat eine Craft-Bier-Linie im Angebot. „Allerdings unter Einhaltung des Reinheitsgebots. Auch da ist einiges möglich.“ Auch bei König selbst – aus Beeck kommen aktuell das Pilsener, Pilsener alkoholfrei und Radler – hat man zukünftige Entwicklungen im Blick. „Man muss sich für die Zukunft bereit machen“, sagt Christiani. Kellerbiere und „Helles“ sind im Kommen, weitere alkoholfreie Sorten. Spezialitätenbiere eben. „Bislang gibt es nichts zu verkünden, aber wir haben kreative und gute Ideen.“ Nicht nur wegen dieser Ideen und der zentralen Dosenabfüllung für alle Produkte der Bitburger-Gruppe betont Christiani: „Der Standort Duisburg-Beeck ist auf lange Sicht gesichert.“
Eine Brauerei in einer Brauerei? Klingt eigenartig, ist aber so. Denn in Beeck gibt es auf dem König-Gelände einen kleinen Bereich, die „Azubi-Brauerei“. „Den nutzen unsere Auszubildenden nicht nur, sie haben ihn auch eingerichtet.“ Denn die Anschlüsse für die Wasserzufuhr und die Kühlung zum Beispiel wurden von Azubis eingerichtet, die sich bei König in technischen Berufen ausbilden lassen. Die „Jungbrauer“ wiederum können in der „Azubi-Brauerei“ üben. Sie können mit der Bierwürze, die aus dem Malz gewonnen wird, experimentieren – und lernen so das Handwerk des Bierbrauens. „Dieses Bier führen wir dann den Meistern vor. Das fließt dann in unsere Bewertung ein“, sagt König-Azubi Niklas Kluschewski. Der Verzehr folgt dann in „Eigenregie“. Die dreijährige Ausbildung der Brauer – und auch Brauerinnen – findet vollständig in Beeck statt. „Lediglich für die Hopfenernte und die Ausbildung in einer Mälzerei sind wir für sechs Wochen nicht vor Ort“, so der 23-Jährige.