Duisburg. Polizeidirektor Peter Schreckenberg und Sprecher Ramon van der Maat besuchen die Sitzung des Leserbeirates. Gremium erfährt viele spannende Fakten.

Er ist der ranghöchste Beamte in Uniform bei der Duisburger Polizei. Und bei seinem Besuch unserer Redaktion wurde der Leitende Polizeidirektor Peter Schreckenberg, der seit August 2015 im hiesigen Präsidium die Direktion Gefahrenabwehr/Einsatz leitet und verantwortlich für rund 750 Polizeibeamte ist, von den Fragen der WAZ-Leserbeiräte gelöchert. Die stellten nach spannender, zweieinhalbstündiger Diskussion am Ende erstaunt fest, dass die Sicherheitslage in Duisburg keinesfalls so dramatisch ist, wie es von außen so oft dargestellt wurde.

Blickpunkt: Marxloh

Natürlich kam gleich zu Beginn die Situation in Marxloh zur Sprache – ein Stadtteil der zuletzt vor allem in überregionalen Medien in die Negativ-Schlagzeilen geraten war. Dort herrsche in einigen Straßenzügen in der Einwohnerschaft eine prekäre wirtschaftliche Situation, sagte Schreckenberg. Die Ansiedlung von tausenden Zuwanderern aus Südosteuropa und libanesischen Clans hätte für eine besondere Bevölkerungszusammensetzung gesorgt. „Unsere Kollegen gerieten dort bei Personenkontrollen oder Unfallaufnahmen in Situationen der Bedrängung“, so Schreckenberg. Vor allem die Respektlosigkeit vieler junger Männer – Beleidigungen und Bedrohungen inklusive – hätte den Beamten zu schaffen gemacht. Die Folge: Ein zusätzlicher Einsatzzug der Hundertschaft sei zur Verstärkung der Kräfte in den Stadtnorden geschickt worden. „Wir haben dort seitdem eine Null-Toleranz-Strategie gefahren und uns die Straße ein Stück weit zurückerobert“, erklärte Schreckenberg.

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„Müssen diese Beamte besonders ausgebildet sein?“, wollte Leserberätin Manuela Müller aus Meiderich wissen. „Die stärkste Waffe der Polizei ist immer die Kommunikation. Und alle Kollegen werden auf diese Situationen vorbereitet“, sagte Schreckenberg. Leserbeirat Manfred Neumann aus Rheinhausen fragte nach dem Umfang der personellen Verstärkung. „Das sind 20 bis 30 Beamte pro Tag, die dort bis mindestens Ende 2016 zusätzlich im Einsatz sind“, erklärte Duisburgs Polizeisprecher Ramon van der Maat, der Schreckenberg beim Redaktionsbesuch begleitete.

Kontrolle in den Flüchtlingsheimen

Vermehrt würden die Kollegen die 30 Flüchtlingseinrichtungen in der Stadt kontrollieren. „Das sind Präventivmaßnahmen. In Duisburg gehört die Aufnahme von Migranten seit Jahrzehnten zum Alltag. Wir haben hier eine tolerante Stadtgesellschaft und wir hoffen alle, dass das auch so bleibt“, erklärte Schreckenberg, der sofort nachschob, dass die Kriminalität durch Flüchtlinge „statistisch nicht auffällig sei“.

„Ist die Polizei personell gut genug ausgestattet?“, fragte Bruno Urbanski aus Ungelsheim. „Wir würden uns natürlich weitere Verstärkung wünschen“, so der Polizeidirektor. Fest steht bereits, dass die Duisburger Einsatzhundertschaft ab 1. September mit einem vierten Einsatzzug verstärkt wird. Das sind dauerhaft 38 Kräfte mehr. „Diese Hundertschaft kommt aber nicht nur bei uns in Duisburg zum Einsatz, sondern in ganz NRW“, relativierte Schreckenberg.

Nach der Rolle von so genannten „Bürgerwehren“ in Duisburg erkundigte sich Anke Loss aus Wanheimerort. „Die haben sich nach den Silvester-Vorfällen in Köln entwickelt“, sagte Ramon van der Maat. In Duisburg seien zwei Gruppen in Erscheinung getreten. „Das ist aber eher ein Phänomen, das sich in den sozialen Medien abgespielt hat“, so van der Maat. Kräfte des Staatsschutzes hätten bei den Organisatoren der hiesigen Gruppen vorbeigeschaut und eine Gefährderansprache gehalten. Kontrollgänge von „wachsamen Bürgern, die ihre Nachbarschaft schützen wollten“, hätte es hier keinen einzigen gegeben. Überhaupt solle man bei vielem, was über die sozialen Medien verbreitet wird, misstrauisch sein“, so die Polzisten.

Der Begriff „No-Go-Area“ ist eine Stigmatisierung 

Über den in vielen Medien genutzten Begriff „No-Go-Area“ für einige Stadtteile Duisburgs hat sich Leserbeirätin Caterina Feiler aus Rumeln-Kaldenhausen sehr geärgert. „Ich werde regelmäßig von Freunden, die außerhalb leben, darauf angesprochen. Ich finde, dass dieser Begriff dem Bild unserer Stadt sehr geschadet hat“, so Feiler.

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Leserbeirätin Andrea Gruß-Wolters aus Großenbaum stimmte ihr sofort zu. Doch als sie kürzlich Besuch von Freunden aus Hannover hatte, fuhr sie mit ihnen schnurstracks nach Marxloh. „Wir haben uns die Merkez-Moschee und die Weseler Straße angeschaut. Überall wurden wir nett und freundlich willkommen geheißen. Und unsere Freunde, die erst etwas verhalten reagiert haben, waren hinterher positiv überrascht und begeistert“, erzählte Gruß-Wolters. Und Manfred Neumann versteht die Kritik auch nicht: „Jede Großstadt in Deutschland hat ihre Problemviertel, nicht nur Duisburg.“ Polizist Schreckenberg warnte, dass Duisburg durch Begriffe wie „No-Go-Area“ eine Stigmatisierung drohe.

Zunehmende Brutalität vo Räubern

Was Leserbeirat Reinhard Stratenwerth aus Hochheide Sorge bereitet, ist die zunehmende Brutalität von Straßenräubern. „Heute werden Leute, die am Boden liegen, noch vor den Kopf getreten. So etwas gab es früher nicht.“ Bruno Urbanski nickt zwar zustimmend, erzählt aber auch: „Es gab in meiner Jugend kein Schützenfest, wo sich nicht auch geprügelt wurde. Und in die Afrika-Siedlung in Buchholz haben wir uns gar nicht erst reingetraut, da gab es sofort Kloppe“, erzählte Urbanski einen Jugendschwank.

Leserbeirat Birk Zindl aus Duissern fragte nach der Anzahl von Polizisten mit Migrationshintergrund. „Es gibt einige“, sagt van der Maat. Doch viele würden das Auswahlverfahren nicht schaffen. In manchen Situationen seien die Kollegen mit Migrationshintergrund sehr hilfreich – etwa, wenn sie auf Landsleute treffen. „Manchmal werden sie von denen aber auch als Verräter beschimpft, was die Situation brenzliger macht“, so van der Maat. Dürfen eigentlich nur Deutsche Polizisten werden, wollte Manfred Neumann noch wissen. „Nein, auch alle EU-Bürger und türkische Staatsbürger“, erklärte Schreckenberg.