Duisburg. . Letzte Fahrt nach Norwegen? Straßenbahn-Freunde sind empört über DVG-Pläne und fordern, den einzigartigen Harkort-Wagen einem Museum zu übertragen.

90 Jahre alt wird der einzige Straßenbahn-Oldtimer der DVG in diesem Jahr, aber statt einer Feier ist der Verkauf des sogenannten Harkort-Wagens offenbar so gut wie in trockenen Tüchern. Man sei in „Endverhandlungen“ über den Kaufvertrag mit einem norwegischen Straßenbahnunternehmen, hieß es gestern beim Duisburger Verkehrsunternehmen.

Das historische Fahrzeug sei in einem „bedauernswerten Zustand“, erklärte DVG-Sprecher Helmut Schoofs. Bei Reparaturarbeiten nach einem Unfall habe man erhebliche Korrosionsschäden an der alten Bahn festgestellt. Die Kosten für eine Restaurierung würden zwischen 450.000 und 600.000 Euro liegen. Schoofs: „Wir können uns das wirtschaftlich nicht leisten.“ Die norwegischen Erwerber würden dagegen für die 1926 gebaute Straßenbahn bezahlen, wobei zum Kaufpreis Stillschweigen vereinbart worden sei.

Drehgestell in der Mitte

Auf schieres Entsetzen stoßen die Verkaufspläne bei Straßenbahnfreunden in der Region: „Es wird ein absolutes technisches Einzelstück von besonderem historischen Wert, das es so nur in Duisburg gab und welches wegweisend für nahezu alle Straßenbahnen ab den 50er Jahren in Deutschland war, verscherbelt“, fürchtet Henning Jansen. Werde der Harkort-Wagen in Norwegen unter freiem Himmel abgestellt, wäre ein „einmaliges Stück Industriekultur unwiederbringlich verloren“.

Was die alte Tram so einzigartig macht, ist das Drehgestell in der Mitte. Diese Bauart setzte sich erst in den 50er Jahren im Straßenbahnbau durch, immerhin drei Jahrzehnte nach der ersten Fahrt in Duisburg. Vor allem auf der Linie 8 zwischen Hauptbahnhof und Hüttenheim waren die ursprünglich zwei Gelenkfahrzeuge unterwegs, gelegentlich auch auf der Linie D nach Düsseldorf. 1969 kam das Tram-Duo nicht aufs Abstellgleis. Wagen 176 wurde zur Partybahn, brannte aber 1983 aus. Bahn 177 wurde von 1984 bis zum schweren Unfall 2014 für Sonderfahrten genutzt.

Verständnis für die DVG

„Wenn es Museumsvereine gibt, welche den Harkortwagen 177 übernehmen möchten, so sollte die DVG diesen die Priorität einräumen. Unterschiedliche Straßenbahnmuseen in Deutschland wären stolz auf ein solches Fahrzeug“, mahnt Mathias Diercks und verweist unter anderem auf eine Sammlung historischer Straßenbahn-Fahrzeuge im nahen Düsseldorf.

Wobei Diercks durchaus Verständnis für die DVG äußert: „Um keine Missverständnisse zu verursachen: Es ist nicht Hauptaufgabe eines Verkehrsunternehmen, Oldtimerfahrten anzubieten.“ Es sei aus betriebswirtschaftlicher Sicht „grundsätzlich nachvollziehbar“, dass das Unternehmen kein Geld in die Sanierung des Bahn-Unikats investieren wolle. Aber ein Verkauf ins ferne Norwegen wäre aus seiner Sicht ein „Skandal“.