Duisburg. . Im Duisburger Stadtparlament türmen sich bei den Sitzungen die Unterlagen-Papierberge. Ein Antrag will jetzt die elektronische Ratsarbeit einführen.
Zu stattlichen Türmen häufen sich nach Ratssitzungen – ungelesene – Beschlussvorlagen zu einem traurig-grauen Berg neben der hölzernen Tür. Andere Stadtverordnete schleppen die Unterlagen nach Hause – Archiv oder doch Altpapier? Und das in digitalen Zeiten, die doch alles elektronisch möglich machen – das papierlose Stadtparlament. Politik auf dem Tablet. Doch noch ist die kommunalpolitische Realität eben eine andere, nur vereinzelt leuchten Tablets und i-Pads in den Sitzreihen des Rates und der Fachausschüsse.
Dabei gab es schon einen ersten Praxis-Vorstoß: Ein Jahr lang, von November 2012 bis Oktober 2013, machten sechs Stadtverordnete aus allen Fraktionen in einem Pilotprojekt ernst mit der digitalen Ratsarbeit und verzichteten „unter Echtbedingungen“ auf alles Ausgedruckte. Ausgestattet mit der damaligen i-Pad 2-Version und der „Mandatos-App“ zur Bearbeitung der Unterlagen surften sie im Ratssaal im Online-Ratsinformationssystem durch Beschlussvorlagen, Anträge und Mitteilungen, markierten auf den Bildschirmen Textpassagen, „touchten“ Bemerkungen in die Beschlusssachen. Nicht unbeträchtlich waren dafür die technischen Vorarbeiten, die Vereinbarungen zu den Nutzungsbedingungen, die Mitarbeit der Rathaus-Informatiker. Dazu kam der kritische Blick der Datenschützer.
Bildschirm des i-Pad ist zu klein
Nach dem Jahr war Sendepause. Es gab einen mehrseitigen Projektbericht, doch vorgestellt wurde er im Rat nie. Und seitdem ruht still der See im digitalen Datenmeer. Der Bericht zählt dabei die nicht überraschenden Vorteile des „e“-Politikers auf: Kein Papierwust, keine Sortierung und Ablage, kein Aktenschleppen mehr, bessere und schnellere Informationsbeschaffung und Recherche in den Sitzungen. Die Nachteile: Der Bildschirm des i-Pads ist zu klein, das Blättern und Vergleichen von Dokumenten geht nicht und W-Lan gab es nur im Ratssaal und zwei Rathaus-Sitzungsräumen.
Das Test-Sextett ist zudem ein eher kleines Häufchen. Bei einer Umfrage unter den Mandatsträgern nahmen nur 39 Prozent teil und 30 Prozent erklärten, nicht auf die „Papier-Politik“ verzichten zu wollen. Doch echte Einsparungen bei den Papier- und Druckkosten, die mal auf rund 180 000 Euro beziffert worden waren, stellen sich erst ein, wenn in der Masse weniger gedruckt wird.
Zumindest die Projektteilnehmer waren einhellig nach dem Jahr zufrieden. „Ich habe das sehr genossen und ich arbeite nur noch mit dem i-Pad“, so Stephan Krebs, Ratsherr von „Junges Duisburg“. Und Krebs wagt jetzt einen neuen Vorstoß, seine Fraktion will am Montag im Rat beantragen, dass die elektronische Gremienarbeit auf „freiwilliger Basis“ eingeführt wird, um analoge Stadtverordnete der „old school“ nicht zu vergrätzen. Krebs: „Ich glaube, dass die Hälfte mitmachen wird.“ Das Rathaus soll jetzt flugs ein Konzept für den „Rat 2.0“ erarbeiten.