Duisburg. . Blumen blühen, Bienen arbeiten, Vögel zwitschern wie im Frühling. Welche Folgen das hat, ist kaum absehbar, weiß Martin Scholz von der Naturwerkstatt.
Der milde Winter stresst nicht nur uns Menschen, sondern auch Flora und Fauna. Bei frühlingshaften Temperaturen recken Narzissen ihre Köpfe in die Sonne, Amseln zwitschern Revierrufe und Igel erwachen aus dem Winterschlaf – die Natur spielt verrückt. „Erst Mitte Dezember habe ich Fledermäuse in den Ruhrauen beobachtet“, sagt Martin Scholz, Leiter der Duisburger Naturwerkstatt. „Normalerweise sind sie längst im Winterschlaf.“
Der milde Winter bringt Tiere und Pflanzen aus dem Takt, weiß Martin Scholz, der auch Imker ist. „Viele Tiere sind extrem gestresst.“ Zum Beispiel die Bienen: „Im Moment fliegen sie jeden Tag und sammeln die Pollen der Haselnuss“, sagt Scholz. Normalerweise würden die Insekten zu dieser Zeit vorwiegend in ihrem Stock hängen und die Wintervorräte an Honig aus den Waben fressen. Wie sich die hohe Aktivität der Bienen im Winter am Ende auf die Bestände auswirken wird, könne man aber kaum vorhersehen. „Man wird erst im Frühjahr sehen, ob die Population geringer ist.“
Problematisch sei der milde Winter vor allem für Winterschläfer wie den Igel: „Wenn es zu einem häufigen Wechsel zwischen Wärme und Kälte kommt, können die Tiere nicht durchschlafen.“ Was zur Folge hat, dass sie ihre Fettreserven verbrauchen. „Diese benötigen sie aber, um nach dem Winterschlaf den Motor wieder anzuschmeißen.“ Fehlen diese Reserven, haben die Igel keine Kraft, um aufzuwachen.
Ebenso verwirrt sind Amseln, die derzeit vermehrt singen. „Das sind Revierrufe – typisches Frühjahrszwitschern“, weiß Scholz. Wenn die Vögel früh Eier legen, könne es bei erneutem Kälteeinbruch dazu kommen, „dass die Brut kaputt geht“.
Anomalien erst über langen Zeitraum erkennbar
Und bei den Pflanzen? „Viele Blumenzwiebeln wie Narzissen treiben bereits aus“, so Scholz. „Allerdings ist es schwer zu sagen, welche Folgen das frühe Blühen hat – die Natur hat viele Möglichkeiten, um Dinge auszugleichen.“ Ohnehin erkenne der Beobachter witterungsbedingte Anomalien in der Natur erst über einen längeren Zeitraum.
Um die Sinne für die Natur und ihre Jahreszeiten zu schärfen, bringt die Naturwerkstatt einen Familien-Mitmach-Kalender 2016 heraus. Unter dem Titel „Um die halbe Welt“ zeigt dieser Kindern, welche Pflanzen und Tiere in anderen Ländern und bei uns leben und wachsen. Der sogenannte „phänologische Kalender“ richtet sich nach den Regelmäßigkeiten und der Typologie der einzelnen Jahreszeiten – mit Infos und Aufgaben zu jedem Monat. Im Januar etwa sieht man Elstern mit einem großen Zweig im Schnabel durch die Luft fliegen, weil sie Nistmaterial transportieren. Eine Aufgabe soll die Kinder in die Natur locken: „Suche Haselnusssträucher in einer Hecke oder am Waldrand. Berühre die Blütenkätzchen der Hasel!“ Im April blühen die Schneeglöckchen, im Mai der Holunder und im Juni die Lindenblüten. Im August lernen die Kinder, dass das Schmalblättrige Greiskraut nicht nur auf Baumwollfeldern in Südafrika, sondern auch in Duisburg am Rhein wächst, genau wie das indische Springkraut. Gerät das Gleichgewicht wie in diesem Winter etwas aus dem Takt, können die Kinder auch das beobachten.
Kalender kann per Mail bestellt werden
Der Mitmach-Kalender ist für Kinder im Kindergartenalter bis zur fünften Klasse geeignet. Interessierte können ihn gegen eine Gebühr von 7 Euro bei der Naturwerkstatt unter info@naturwerkstatt-duisburg.de bestellen.
Am Samstag, 9. Januar, bietet die Naturwerkstatt von 12 bis 14 Uhr eine Veranstaltung an: „Wie Tiere und Pflanzen den Winter überstehen“. Am Forsthaus Wambachsee in Buchholz/Wedau. Kosten: 4 Euro pro Person. Weitere Infos zu allen Angeboten der Naturwerkstatt gibt es im Internet: www.naturwerkstatt-on-tour.de.