Duisburg. . Erst Probleme mit der Deutschen Bahn, nun mit der EVAG: Eine Studentin wird trotz gültiger Chipkarte immer wieder wie eine Schwarzfahrerin behandelt.
Sie will doch einfach nur studieren und muss sich stattdessen immer wieder mit uneinsichtigen Bahnkontrolleuren, Service-Mitarbeitern und Inkassounternehmen herumärgern. Über Alessa Rakowsky haben wir diesbezüglich schon mal berichtet. Und jetzt wieder. Weil es aktuell eine fast noch haarsträubendere Geschichte ist – rund um eine ordnungsgemäß eingeschriebene Lehramtsstudentin, die trotz eines gültigen Semestertickets und damit gültigen Fahrausweises für den VRR/NRW-Nahverkehr erneut wie eine Schwarzfahrerin behandelt worden ist.
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Zur Erinnerung: Vor anderthalb Jahren waren es auf den Fahrten von Wanheimerort mit der S 1 zum Essener Hauptbahnhof Kontrolleure der Deutschen Bahn, die Alessa Rakowskys Chipkarte ins Lesegerät steckten und aufgrund häufiger Fehlermeldungen sich trotz aller Erklärungen zu so genannten Fahrpreisnacherhebungen in Höhe von damals noch 40 Euro verpflichtet sahen. Jedes Mal schrieb die Studentin an die DB-Zentrale in Baden-Baden. Jedes Mal wurden die Verfahren eingestellt, einmal nur mit Hilfe der WAZ, als bereits ein Inkassounternehmen Druck machte.
Anderthalb Jahre lang hat Alessa Rakowsky Ruhe – bis sie im vergangenen September auf der Weiterfahrt in der U-Bahn vom Essener Hauptbahnhof zur Uni auf einen Kontrolleur der EVAG trifft, der ihr wieder weismachen will, dass ihr Ticket nicht mehr gültig sei. „Ich hatte auf diesem Streckenabschnitt noch nie Probleme, dachte erst an einen Scherz“, so die 26-Jährige.
Mitten im Examensstress
Doch der Mann macht ernst, notiert ihre Personalien und gibt ihr einen gelben Zettel, mit dem die Studentin ins Kundenservicecenter der EVAG im Essener Hauptbahnhof marschieren muss. Dort prüft eine Mitarbeiterin die Chipkarte und – siehe da – gültig. Alessa Rakowsky sieht die Angelegenheit als erledigt an. Weit gefehlt. Erst soll sie noch sieben Euro zahlen. An der Stelle reicht es der Studentin. Sie verlässt das Kundencenter.
Ein paar Wochen später sitzt sie in der gleichen U-Bahn. Wieder gibt es Probleme mit ihrem Ticket. Wieder muss die 26-Jährige, mittlerweile mitten im Examensstress, ihre Personalien angeben, erhält den gelben Zettel – diesmal allerdings mit dem Unterschied, dass sie öffentlich vorgeführt worden sei. „Fünf Kontrolleure, vier Männer und eine Frau, haben mich aus der Bahn geleitet und mich dann umstellt“, erzählt Alessa Rakowsky.
In ihrer Verzweiflung ruft sie ihren Vater an, der sofort Kontakt mit der EVAG aufnimmt und zu hören bekommt, dass man leider nichts machen könne, weil mit diesem Fall bereits ein Inkassounternehmen beauftragt sei – wegen der sieben Euro, die die Studentin damals im Kundencenter nicht zahlen wollte. Verständlicherweise.
Schlichtungsstelle bringt auch keinen Erfolg
Sie schaltet die Schlichtungsstelle ein. Ohne Erfolg. „Mir wurde gesagt, dass ich doch hätte froh sein sollen, nur sieben statt der 60 Euro für eine Fahrpreisnacherhebung zu zahlen. Unfassbar!“ Alessa Rakowsky, die vergeblich auf ein Inkassoschreiben wartet, wendet sich an die Uni, an das Studierendensekretariat, das die EVAG mehrfach auffordert, alle Forderungen gegenüber der 26-Jährigen fallen zu lassen. Dies geschieht dann zur großen Erleichterung der Studentin – kurz nachdem auch die WAZ um eine Stellungnahme gebeten hat. Man könne sich nur in aller Form entschuldigen, so ein EVAG-Sprecher. Leider sei nicht so kulant und kundenfreundlich agiert worden, wie es sich das Unternehmen gewünscht hätte.
Das Entschuldigungsschreiben mit einem Lamy-Schreiber als kleines „Friedensangebot“ hat Alessa Rakowsky übrigens zunächst nicht bekommen. Es wurde an die Fasanenstraße in Aldenrade verschickt, die Studentin wohnt allerdings an der gleichnamigen Straße in Wanheimerort. Womit wohl auch die Frage geklärt ist, warum sie nie ein Inkassoschreiben erhalten hat. Murphys Gesetz: Alles was schiefgehen kann, wird auch schiefgehen...
EVAG und Uni sprechen von Einzelfällen
Die EVAG hat auf den Fall Rakowsky reagiert. Sollte ein Semesterticket in Zukunft nicht lesbar sein, müsse sich der oder die Betroffene kurz ans Studierendensekretariat wenden. Nach erfolgreicher Prüfung und Info an die EVAG werde das Verfahren dann umgehend gestoppt. Wer allerdings bei einer Kontrolle sein Ticket nicht vorweisen kann, erhalte eine Zahlungsaufforderung (gelber Zettel) für ein so genanntes „Erhöhtes Beförderungsentgelt“ von 60 Euro.
Werde jedoch anschließend innerhalb von 14 Tagen im Kunden-Center des Verkehrsunternehmens eine Fahrtberechtigung nachgewiesen, sei nur noch ein ermäßigter Betrag in Höhe von maximal 7 Euro als Aufwandsentschädigung fällig. Dies gelte aber nicht für ein in der Bahn unlesbares Ticket, welches dann im Kundencenter lesbar ist. Da sei im konkreten Fall „nicht kundenorientiert kommuniziert worden“.
EVAG: "bedauerlicher Einzelfall"
Zudem möchte die EVAG zeitnah einen Termin mit der Deutschen Bahn, der Uni und Chip-Karten-Experten initiieren, „um noch einmal genauer zu schauen, ob und wo es Optimierungsbedarf gibt“. Angesicht von rund 13.500 ausgegebenen Chipkarten an der Uni in Duisburg und 27.100 in Essen geht die EVAG von einem bedauerlichen Einzelfall aus.
Von Einzelfällen spricht die Uni, vorzugsweise bei der Deutschen Bahn. „In NRW sind wir die einzige Hochschule, die ein elektronisch zu kontrollierendes Ticket auf dem Studierendenausweis hat“, so eine Uni-Sprecherin. Die Uni wolle daran festhalten, da sich das System insgesamt bewährt habe.
Es muss unkompliziert sein – ein Kommentar von Daniel Wiberny
Man darf gespannt sein, ob Studenten wie Alessa Rakowsky noch einmal ganz entspannt Bahn fahren können – ohne die Sorge, dass ein Kontrolleur ein gültiges Ticket nicht anerkennt. Es ist ein Schritt in die richtige Richtung, wenn die EVAG künftig in solchen Fällen das Verfahren für die Betroffenen vereinfachen möchte und zudem das Problem mit Vertretern der Deutschen Bahn und Uni sowie Chip-Karten-Experten diskutieren möchte. Wer es allerdings wie bei der Duisburger Studentin noch nicht einmal schafft, ein Entschuldigungsschreiben an die richtige Adresse zu schicken, darf mit keinem großen Vertrauensvorschuss rechnen.
Dabei gäbe es eine gänzlich unkomplizierte Lösung. Klar ist doch: Studenten wie Alessa Rakowsky, die in der Bahn ein gültiges Semesterticket dabei haben, halten damit gleichzeitig einen gültigen Fahrausweis für den VRR/NRW-Nahverkehr in den Händen. Die Chipkarte müsste also bei Kontrollen eigentlich gar nicht mehr in ein Lesegerät gesteckt werden. Den Betroffenen würde dadurch unnötiger Ärger aufgrund von technischen Problemen erspart, die sie gar nicht zu verantworten haben.