Duisburg. Dieses Thema hat schon immer für kontroverse Diskussionen gesorgt: Fühlen sich die Duisburger eher dem Niederrhein oder dem Ruhrpott zugehörig?
Duisburg liegt bekanntlich am Zusammenfluss von Rhein und Ruhr. Und was sind dann die Duisburger? Eher Niederrheiner oder eher Ruhrpottler? Das NRZ-Bürgerbarometer liefert die Antworten: Mehr als ein Viertel der von der Uni Duisburg-Essen Befragten, nämlich 27 Prozent, sehen sich als beides. Die Ruhrpottler machen eindeutig den größten Anteil aus: 39 Prozent fühlen sich eher dem Ruhrgebiet verbunden. Deutlich weniger, nämlich 23 Prozent, rechnen Duisburg eher dem Niederrhein zu. Elf Prozent der Befragten hatten dazu keine Meinung.
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Die Frage der Standortbestimmung hatte schon immer zu kontroversen Diskussionen geführt. Nicht nur bei der eigenen Identität der Einwohner, sondern auch in der Zusammenarbeit der Städte: So wirkt Duisburg bei der „Metropole Ruhr mit, der Bezirk der IHK zum Beispiel aber umfasst den angrenzenden Niederrhein. Vor fünf Jahren hatten die Kammern im Rheinland eine Debatte losgetreten, als sie sich ebenfalls zur Metropolregion aufschwingen wollten, Duisburg dabei aber außen vorblieb. Die Stadt an Rhein und Ruhr hat Verflechtungen in beide Regionen und deshalb schon immer eine Scharnierfunktion eingenommen.
Das spiegelt sich auch im Ergebnis des Bürgerbarometers wider. Im gesamten Stadtgebiet fühlen sich übrigens mehr Frauen (43 Prozent) als Männer (35 Prozent) als Ruhrgebietler. Bei den Altersgruppen gibt bei den 50- bis 59-Jährigen mit 50 Prozent am stärksten das Ruhrgebiet den Ton an, während sich bei den 20- bis 29-Jährigen Ruhrgebiets- und Niederrheingefühle mit jeweils fast 40 Prozent nahezu die Waage halten.
Der Rhein als imaginäre Grenze
Auffällig sind bei dem Zugehörigkeitsgefühl wie erwartet die Unterschiede zwischen dem rechts- und dem 1975 eingemeindeten linksrheinischen Teil der Stadt: Im Norden fühlen sich 44 Prozent als Ruhrpottler, in Mitte-Süd sind es 42 Prozent. Im Westen sehen sich dagegen nur 23 Prozent als Ruhris, dafür aber 36 Prozent als Niederrheiner. Der größte Anteil derer, in deren Brust zwei Herzen schlagen, findet sich mit 31 % in Mitte-Süd.
„Von Bergbau und Stahl geprägt“
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Ich bin ein Ruhrpottler und lebe gerne hier. Ich komme aus einem Elternhaus mit neun Kindern. Mein Elternhaus war ein kleines graues Häuschen. Es stand in einer Siedlung, die von Bergbau und Stahl geprägt war. Der Kaninchenstall stand im Hinterhof, morgens gingen die Männer auf Schicht in den Pütt oder ins Werk, abends saß man mit der Flasche Bier vor der Haustür und quatschte. Dieses Gefühl eines besonderen Zusammenhalts habe ich mir mein ganzes Leben bewahrt. Und wenn ich mich heute mit meinen Kumpels treffe, dann ist es wieder wie früher.
Das Ruhrgebiet ist ein kultureller Schmelztopf. Meine Urgroßeltern sind aus Westpreußen eingewandert, zu der Zeit kamen auch viele Polen. In den 50er und 60er Jahren kamen Menschen aus ganz Europa, zuletzt wanderten vor allem viele Türken ein. Sie alle leben hier zusammen, gehören zu unserer Heimat dazu. Integration machen wir doch im Ruhrpott schon seit mehr als 100 Jahren.
Und das hat auch zu dieser besonderen Form von Sprache geführt. Dat dat un wat. Ich stehe zu meinem Ruhrpott-Dialekt. Und wir sollten das Selbstbewusstsein haben, nicht nur zu diesem Dialekt zu stehen.“
Wolfgang Swakowski erblickte vor 60 Jahren das Licht der Welt in Meiderich, wohnt seit vielen Jahrzehnten in Hamborn. Seine Lehre machte er in der Autoindustrie, wechselte dann zu Thyssen. Bei ThyssenKrupp war er lange für Gebäudemanagement zuständig und ist er derzeit Teamleiter für die Sozialwerkstätten.
„Der Niederrheiner ist ein besonderer Typ“
Ich fühle mich als Nieder-rheiner, obwohl ich es genetisch nur zur Hälfte bin, denn mein Vater ist aus dem Hunsrück zugewandert. Der Niederrhein ist ein flaches Land und der Niederrheiner ein besonderer Typ. Manchmal ist er nicht so zugänglich, allerdings nicht ganz so schlimm wie der Westfale. Im Grunde ist er aber ein neugieriger und eigentlich auch geselliger Mensch.
Am Niederrhein hat man alles vor der Tür: Die zentrale Lage ermöglicht schnellen Zugang zu kulturellen und wirtschaftlichen Einrichtungen aller Art. Andererseits ist ein Dorf wie Baerl immer noch landwirtschaftlich geprägt. Der Rhein hat uns vor der weiteren Industrialisierung bewahrt. Wir haben die schönsten Naherholungsgebiete wie den Baerler Busch oder den Lohheider See direkt vor der Nase. Und dank des vorherrschenden Westwindes haben wir auch ein gutes Klima. Der Bergbau hat uns allerdings auch in Mitleidenschaft gezogen: Durch Bergsenkungen liegt Baerl heute 15 Meter tiefer und viele Straßen sind schief und holprig. Einen eigenen Dialekt, der sich deutlich von dem nur einige Kilometer entfernten Meidericher oder Orsoyer Dialekt unterscheidet. Aber genau genommen haben wir nur noch ein Wörterbuch, weil ihn kaum noch jemand spricht.“
Reinhardt Weyand wurde vor 68 Jahren in Baerl geboren. Er ist Landwirt und hat sein ganzes Leben im „Dorf Baerl“ verbracht. Weyand betreibt den Steinschen Hof mit Hofladen. Er war unter anderem 1. Vorsitzender des Baerler Heimat- und Bürgervereins.