Duisburg.. Bürger-Barometer: 74 Prozent der Befragten gab an „sehr gerne“ und „gerne“ in der Stadt zu leben. Die größte Zustimmung kommt dabei von den Senioren.
Die Duisburger stehen in dem Ruf, etwas nöhlig zu sein und gerne an ihrer Stadt rumzumäkeln. Ganz schlecht finden sie sie zwar nicht, aber so richtig toll eben auch nicht.
Da überrascht das Ergebnis des NRZ-Bürgerbarometers dann doch ein wenig. Denn befragt danach, ob sie gerne in Duisburg leben, gaben noch immer 74 Prozent an, „sehr gerne“ und „gerne“ in der Stadt an Rhein und Ruhr beheimatet zu sein. Nur vier Prozent sagten, „sehr ungerne“ in Duisburg zu leben.
Die Ältesten finden Duisburg besonders gut
Verglichen mit den Ergebnissen des Bürgerbarometers aus den Vorjahren ist eine deutliche Verschiebung zu verzeichnen: Sagten 2012 noch 38 %, „sehr gerne“ in Duisburg zu leben, sank der Wert in der aktuellen Befragung auf 33 %. Gleichzeitig nahm die Zahl der Menschen zu, die angaben „gerne“ in Duisburg zu leben (2012: 34 %, 2015: 38 %).
Die besten Noten für die Lebensqualität erhielt die Stadt von den ältesten Befragten. Von den über 70 Jahre alten Menschen gab es die Bestnote 1,54. Eine gute 1,92 verteilten die 30- bis 39-Jährigen. Und von den Jüngsten (14-19 Jahre) erhielt Duisburg eine 1,97.
Am wenigsten zufrieden sind die Befragten im Alter zwischen 40 bis 49 Jahre. Aus dieser Altersgruppe sagten nur knapp über 50 %, dass sie „sehr gerne“ und „gerne“ Duisburger sind. Von ihnen gab’s dementsprechend die schlechteste Note: 2,45. Aber immerhin keine 4 oder 5.
Einen Unterschied macht auch die Geschlechtszugehörigkeit der Befragten. Von Männern bekommt Duisburg mehr Zustimmung als von Frauen. Eine glatte 2 erhielt die Stadt von den männlichen Bewohnern, die eindeutig öfter angaben „sehr gerne“ hier zu leben. Die Frauen sind da zurückhaltender. Bei ihnen überwiegt die Zahl derer, die lediglich „gerne“ angaben. Note: 2,12.
Kai Magnus Sting: „Ich hab’s schön hier in Duisburg“
„Woanders ist auch scheiße“, würde Kabarettkollege Frank Goosen aus Bochum wohl seine Verbundenheit mit dem Ruhrgebiet und seiner Geburtsstadt begründen. Der Duisburger Kai Magnus Sting drückt das etwas anders aus: „Natürlich gibt es in Duisburg genug Scheiße, aber die Kunst besteht doch darin, sich die Rosinen rauszupicken.“ Deshalb sei es für ihn auch nie eine Option gewesen, Duisburg den Rücken zu kehren und sich woanders niederzulassen. „Klar haben Kollegen aus Hamburg oder München öfter gesagt, Mensch, komm doch zu uns, das wär doch schön“, sagt Sting, aber wirklich ernsthaft darüber nachgedacht habe er nie.
„Natürlich gibt es, objektiv betrachtet, schönere Städte als Duisburg. Ich war letztens noch in Lüneburg. Da dachte ich nur, nee, wat iss dat schön hier, mein Gott, ist das ‘ne schöne Stadt.“ Heute hier, morgen dort; an Vergleichsmöglichkeiten mangelt es dem Duisburger Kabarettisten, der derzeit wieder mit Bastian Pastewka und dem gemeinsamen Paul Temple-Programm durch die Republik tourt, nun wahrlich nicht. „Aber hier in der Region werde ich verstanden“, führt Sting an.
Wie bitte? Für einen solchen Mann des satirischen Wortes ist es aber höchst problematisch am Publikum vorbeizureden. „Nee“, bremst Sting. „Auf der Bühne funktioniert das wunderbar. Schwierig wird es im Alltagsgebrauch. Da kommen viele mit unserer Ruhrgebietssprache und unserer Denke nicht klar.“ Diese Leichtigkeit im Umgang mit der Sprache gebe es eben woanders nicht. „Hier kannste locker sagen: Mensch, leck mich am Arsch, ich hab’ schon fünf mal bei dir angerufen, und nie erreich ich dich. Und keiner ist beleidigt. So reden allenfalls noch die Leute in Berlin, und da ist das schon wieder unverschämt“, lacht Sting. Und da es im Ruhrgebiet nicht so viele Alternativen gebe, heiße für ihn, aus Duisburg wegzugehen, aus dem Ruhrgebiet wegzugehen. Na, und das geht ja gar nicht.
Außerdem, so Sting: „Im Vergleich zu anderen Städten im Pott ist Duisburg gar nicht so unattraktiv. Ich bin zum Beispiel nicht mehr so gerne in Essen wie früher. Die Innenstadt hat sich im Vergleich zu vor 20 Jahren nicht verbessert.“ Auch in Bochum tue sich ja nicht viel. „Die Innenstadt ist doch die Visitenkarte einer Stadt. Du kommst aussem Bahnhof und bist drin. Da hat sich in Duisburg in den letzten Jahren doch eine Menge getan.“
„Die Ecke kannste dir schenken“
Und was ist mit dem vielbeklagten Stillstand in Duisburg? „Ach! Die Leute haben da natürlich nicht ganz unrecht. Als ich letztens in Duisburg ein neues Oberhemd kaufen wollte, hab’ ich nicht gefunden, was ich wollte. Früher hattest du an der Münzstraße Sinn, C&A, P&C. Heute kannste dir die Ecke sparen. Da muss man nicht hin. Ich find das schade, dass die jetzt so tot ist. Aber der König-Heinrich-Platz und das ganze Drumherum, das ist doch richtig gelungen.“
Sicher gebe es auch dunkle Flecken in Duisburg, Potenziale, die brach liegen. „Und das City Palais ist meiner Meinung nach komplett überflüssig. Nach ‘nem Konzert möchte ich auch nicht die Gerüche vom Glutamat-Chinesen in der Nase haben. Die Kombination ist nicht wirklich gelungen. Das hätte man anders lösen können.“ Aber, so Sting selbstironisch, jetzt klinge er ja fast wie seine Oma. Die habe immer gesagt, wenn was schief gelaufen ist: Siehste, das hätte ich dir vorher sagen können.
Trotz und alledem betont Sting: „Ich bin nicht unzufrieden mit dem, was die Stadt mir bietet.“ Und schiebt dann lachend hinterher: „Aber vielleicht ist das so, weil ich so oft weg bin.“
Gefragt nach der Schulnote, die er in unserem Bürgerbarometer bei der Frage vergeben hätte, wie gerne er in Duisburg lebt, kommt die Antwort ohne Zögern. „Bei mir ist das ganz klar eine 1. Das hat was mit Heimat zu tun. Ich bin ein verwurzelter Mensch, ein ordentlicher, dicker Baum. Den kann man nicht verpflanzen. Ich brauche meine Leute, meine Wege, meine Gänge, meine Umgebung, meinen schönen Balkon, damit ich wieder auftanken kann. Ich hab’s schön hier, und ich mach es mir schön hier. Das ist für mich Duisburg.“