Duisburg. OB Sören Link hat sich auf der SPD-Tagung zur Flüchtlingskrise am Dienstag in Berlin zu der Aussage verstiegen, er hätte gern mehr Syrer statt Osteuropäer in Duisburg.
Die 300 Bürgermeister und Landräte aus NRW sollten die Situation in den Städten „so konkret wie möglich“ darlegen und nichts beschönigen, bat SPD-Chef Sigmar Gabriel bei der Flüchtlingskonferenz der Kommunalvertreter am Dienstag in Berlin.
Davon ermuntert schilderten die sozialdemokratischen Rathausspitzen ihre Probleme bei der Unterbringung von Asylbewerbern und ihre Geldnöte, es fielen deutliche Worte. Doch so „hemmungslos“ wie Duisburgs Oberbürgermeister Sören Link soll sich niemand geäußert haben, berichten Journalisten. Link sagte einen Satz, der jetzt Wellen schlägt: „Ich hätte gerne das Doppelte an Syrern, wenn ich dafür ein paar Osteuropäer abgeben könnte“. Selbst Gabriel soll für einen Augenblick erschrocken geguckt haben.
Gibt es für ihn Flüchtlinge erster und zweiter Klasse?
Doch was hat den Ersten Bürger dieser Stadt zu dieser Aussage veranlasst? Will er ernsthaft Kriegsflüchtlinge gegen Armutsflüchtlinge ausspielen? Gibt es für ihn Flüchtlinge erster und zweiter Klasse? Die Flüchtlinge, die ausgebildet sind, wohl hierbleiben werden, den Bevölkerungsschwund abfedern und später in die Sozialkassen einzahlen könnten — im Gegensatz zu jenen, die nur Geld kosten?
Im Kern bleibt der OB bei seiner Aussage
„Ich bedaure, dass ich für meine Botschaft in einer emotionalen Debatte nicht die richtigen Worte gefunden habe. Ich wollte durch meine Aussage niemanden persönlich treffen“, erklärte Link am Mittwoch auf Nachfrage in einer Stellungnahme. Im Kern blieb er aber bei seiner Aussage: Die Belastung und Probleme bei der Bereitstellung von Unterkünften, Lebensmitteln und Schulplätzen gebe es fast in der gesamten Bundesrepublik, „aber wir haben in Duisburg eine zusätzliche Belastung zu stemmen, auf die ich auf der Flüchtlingskonferenz aufmerksam machen wollte. Anders als in anderen Städten leben hier mittlerweile 12.500 Bulgaren und Rumänen, die im Rahmen der EU-Freizügigkeit kommen. Die meisten von ihnen haben keine Arbeit und durch fehlende Deutschkenntnisse auch kaum Möglichkeiten, eine zu finden. Über 4000 Kinder dieser Personengruppe müssen in Seiteneinsteigerklassen und Sprachförderung untergebracht werden - die gleichen Klassen, die die Kinder der Asylbewerber besuchen sollen“, so Link.
„Es steht außer Frage, dass wir alle Asylbewerber in Duisburg willkommen heißen wollen, egal woher sie kommen. Mir war es jedoch auch wichtig, dass der Bund mitnimmt, dass wir in Duisburg durch 12.500 EU-Zuwanderer ganz andere Bedarfe haben, wenn aktuell diskutiert wird, wie Asyl als nationale Aufgabe begriffen und finanziert werden soll. Dies habe ich so ausgeführt und in diesem Kontext steht der zitierte Satz, dass ich mehr Syrer aufnehmen wollte und könnte, wenn dafür weniger EU-Zuwanderer aus Südosteuropa da wären.“
„Das Zitat ist unmenschlich und entsetzlich"
In der Politik erntete die Aussage des OB prompt Kritik: Während CDU-Chef Thomas Mahlberg diesen Satz als „sehr unglücklich“ bezeichnete, wurde der Vorstand der Linken deutlicher. „Das Zitat ist unmenschlich und entsetzlich. Da bleibt einem erst einmal die Spucke weg. Das ist Nützlichkeitsrassismus, wenn man in gute und schlechte Ausländer unterteilt“, sagte Lukas Hirtz. „Leider müssen wir immer wieder darauf aufmerksam machen, dass Roma vor rassistischer Verfolgung fliehen“.
Grünen-Vorstandssprecher Matthias Schneider warf dem OB vor, den Ruf Duisburgs zu schädigen: „Er vertritt Duisburg nicht, wenn er Roma gegen syrische Flüchtlinge schachern will. Menschen nach Herkunft und ethnischer Zugehörigkeit zu sortieren, ist ganz üble Propaganda von Sören Link.“
„Wir sind schockiert“, sagte Britta Söntgerath, eine Sprecherin des Flüchtlingsrats. „Solche Aussagen gehören in eine Zeit, die längst überwunden schien. Die bewusste Emotionalisierung wird sicher nicht zu mehr Verständnis für die Zuwanderer aus Südosteuropa führen, sondern die Situation noch verschärfen.“
Duisburgs OB entgleist verbal - ein Kommentar
Einen solchen Satz hätte man allenfalls noch beim CSU-Stammtischgespräch zwischen Horst Seehofer und Markus Söder erwartet — nicht aber von einem sozialdemokratischen Oberbürgermeister in Duisburg. Welche Emotionen in der Debatte auch immer Sören Link zu dieser Aussage geritten haben: Es ist und bleibt eine verbale Entgleisung. Menschen in erste und zweite Klasse zu unterteilen, zwischen guten und bösen Flüchtlingen zu unterscheiden, verbietet sich.
Erst recht für jemanden in dieser Position, der sich als Stadtoberhaupt aller Duisburger gibt. Zudem bleibt Link inhaltlich bei seiner Haltung, auch wenn er sie anders formuliert: Die Kinder aus Bulgarien oder Rumänien würden den Kindern aus Syrien die Plätze in Klassen und Sprachkursen wegnehmen. Das ist blanker Populismus und verkennt die gesetzlich garantierte Freizügigkeit für EU-Bürger.