Duisburg. Bundesfamilienministerin Schwesig informiert sich beim SV Genc Osman im Gespräch mit Jugendlichen über das Projekt „Extremismus – nicht mit uns“.

Kerem ist 16 – und der junge Mann plaudert ganz locker mit dem hohen Besuch. Dass er gerne Fußball spielt und später Bankkaufmann werden möchte, erzählt er Manuela Schwesig. Die Bundfamilienministerin, die da neben ihm in einem der bequemen Sessel im Jugendtreff des SV Genc Osman Platz genommen hat, lauscht aufmerksam Kerems Worten.

Was denn das Projekt „Extremismus – nicht mit uns“, an dem der Verein seit diesem Januar teilnimmt, ihm persönlich gebracht habe, will Schwesig von Kerem wissen. „Dass man Konflikte verbal lösen muss, ohne Gewalt anzuwenden. Und dass es egal ist, welche Religion man hat oder wo man herkommt“, sagt der Jugendliche. „Mensch ist Mensch!“

Kellerräume wurden Jugendtreff

Seit 2007 gibt es den Treffpunkt für Kinder und Jugendliche an der Steigerstraße auf der Grenze zwischen Alt-Hamborn und Marxloh nun schon. „Früher waren das Kellerräume unserer Moschee. In den vergangen Jahren haben wir hier rund 30 000 Euro reingesteckt, um dieses Angebot für Kinder und Jugendliche aus unserem Stadtteil zu errichten“, erzählt Erkan Üstünay, der stellvertretende Vorsitzende und gute Geist des Vereins.

Als sich Ministerin Schwesig mit NRW-Innenminister Ralf Jäger, Bundestagsabgeordneten Mahmut Özdemir und OB Link die Räumlichkeiten zeigen lässt, erzählt Üstünay von den Freizeitmöglichkeiten, die die jungen Gäste hier vorfinden. Im Mittelpunkt steht der gleichnamige Fußballverein Genc Osman, der zwei Senioren- und sieben Jugendmannschaften gemeldet hat. Im Jugendtreff warten zudem Hausaufgabenhilfen, Bewerbungstrainings oder Gewaltpräventionskurse auf Teilnehmer. Und seit Januar 2015 besagtes Projekt „Extremismus – nicht mit uns“.

Das ist vorerst auf fünf Jahre angelegt und wird von Schwesigs Ministerium finanziert. Allein zehn Millionen Euro gehen bundesweit in Präventionsprojekte gegen den sich weiter ausbreitenden Salafismus, so die Ministerin. „Wir wollen, dass die Jugendlichen in diesen Projekten Halt finden und Werte vermittelt bekommen, damit sie nicht in diese politisch oder religiös extremistischen Gruppen abrutschen“, sagte Schwesig.

„Wo stehe ich in dieser Gesellschaft?"

Beim SV Genc Osman wurde eine pädagogische Stelle für dieses Projekt eingerichtet. Tuna Kozak, 28-jähriger Islam-Wissenschaftler aus Duissern, trifft sich mindestens einmal pro Woche mit den Projektgruppen. Eine ist für 11- bis 13-Jährige, die andere für 14- bis 16-Jährige. Darin treffen sich derzeit 14 Jugendliche. Freiwillig. Zur Reflektion, zum Gedankenaustausch. „Wo stehe ich in dieser Gesellschaft? Wie fühle ich hier? Auf diese Fragen sollten die Jungen Antwort geben“, erzählt Kozak. Respekt und Akzeptanz soll auch gegenüber jenen gezeigt werden, die eine andere Meinung als man selbst haben. „Wir stellen nicht die Herkunft oder die Religion des Menschen ins Zentrum, sondern sein Wesen“, so Kozak, der ergänzte: „Wir sind eine bunte Gesellschaft, wir können alle voneinander lernen. Fanatismus ist immer der falsche Weg.“

Schwesig fand viel Anerkennung für diese Sichtweise. Genau wie NRW-Innenminister Jäger. Er sagte, dass Bildung, Ausbildung und ein Beruf das Wichtigste für junge Migranten seien. „Denn wenn die jungen Leute eine Perspektive haben, dann geraten sie auch nicht in die Fänge dieser Extremisten.“ Und deshalb sei dieses Präventiv-Projekt so enorm wichtig.

Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig im Interview 

Nach dem offiziellen Pressetermin sprach Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig mit Redakteur Thomas Richter.

Was nehmen sie heute aus Duisburg mit?

Manuela Schwesig: Dass dieses Projekt hier bereits seine erste Wirkung zeigt! Die Gespräche mit den Jugendlichen waren erfrischend und angenehm. Es ist wunderbar, dass sie hier beim SV Genc Osman Ansprechpartner, aber auch Möglichkeiten zur Freizeitgestaltung finden und die Jungs nicht auf der Straße landen.

Das Projekt ist zunächst auf fünf Jahre angelegt. War eine längere Laufzeit nicht finanzierbar?

Schwesig: Ich bin ja schon froh, dass es immerhin fünf Jahre sind. Vergleichbare Projekte liefen zuvor immer nur ein- oder zweijährig. Am liebsten wäre mir aber natürlich eine dauerhafte Lösung.

Wie überprüfen Sie den Erfolg dieses Projektes?

Schwesig: Durch eine wissenschaftliche Evaluierung, aber auch durch Besuche vor Ort wie diesem hier. Ich erlebe die Jugendlichen als klar, offen und überzeugt davon, dass Konflikte nur ohne Gewalt gelöst werden können. Sie sind ganz anders als das Bild, das von ihnen in Teilen der Öffentlichkeit grassiert. Ich als Ministerin kann solche Projekte anstoßen und finanziell ausstatten. Was in der Realität umgesetzt wird, steht und fällt aber letztlich mit den handelnden Personen vor Ort. Und die Leute hier beim SV Genc Osman sind bereit, etwas zu machen.