Duisburg. Pädagogen der Gesamtschule Mitte bemängeln bei Sylvia Löhrmann, der Stadt und Bezirksregierung fehlende Unterstützung bei der Inklusion.

„So kann Inklusion nicht funktionieren“, steht fett über dem offenen Brief, mit dem sich das Lehrerkollegium der Gesamtschule Mitte an die NRW-Schulministerin Sylvia Löhrmann, die Bezirksregierung, die Stadt Duisburg und die örtliche Politik gewandt hat. Seit Schuljahresbeginn besuchen acht Kinder mit Förderbedarf die Gesamtschule Mitte – zusätzlich, schließlich wurden schon früher Kinder mit Lernschwierigkeiten und Erziehungsauffälligkeiten aufgenommen. „Das erschien uns alles ziemlich viel. Wir sind für Inklusion, aber viele Kollegen fühlen sich überfordert, die Aufgabe nebenbei zu übernehmen“, erklärt Ewa Otto, Lehrerin und Personalrätin an der Gesamtschule Mitte. Schließlich gebe es Fachpersonal, das Sonderpädagogik studiert habe und für die Aufgabe ausgebildet worden sei. Im vergangenen Jahr haben sich die Lehrer fortgebildet und über Autismus informiert, als etwa ein autistisches Kind eingeschult wurde.

Die Gesamtschul-Lehrer haben ausgerechnet, dass sich der Förderbedarf der Jungen und Mädchen auf 68 Stunden summiert. Allerdings wurden nur 13 Stunden Unterstützung durch eine Sonderpädagogin bewilligt. „Wer betreut die Kinder in der Pause?“, fragen die Lehrer. Und: Wer hilft bei Ausflügen? Können etwa die Klassenlehrer Stunden reduzieren, weil die Betreuung von Inklusionskindern einen erheblichen Mehraufwand bedeutet?

Bezirksregierung reagiert

In dem Brief monieren sie: „Es gibt keine Information über gezielte Konzepte, wie zieldifferenter Unterricht realisiert werden kann.“ Mit den Förderkindern, die die Gesamtschule bisher besuchen, gab es laut Ewa Otto kaum Probleme. Die meisten haben Inklusionshelfer an ihrer Seite, die den Jungen und Mädchen im Unterricht zur Seite stehen. Die anderen Klassenkameraden haben die Kinder in der Regel gut aufgenommen. Die Schüler besuchen beide Standorte an der Pappenstraße und der Falkstraße. „Aber die bisherigen Klassengrößen von 29 Kindern sind für inklusiven Unterricht und eine sinnvolle Förderung eindeutig zu groß“, erklären die Lehrer.

Körperbehinderte Schüler haben sich an der Gesamtschule allerdings nicht angemeldet. „Wir haben die baulichen Voraussetzungen nicht. Es gibt keinen Aufzug und keine behindertengerechten Toiletten“, so Otto. Da sei künftig die Stadt in der Pflicht.

Die Bezirksregierung hat nun auf den Brief reagiert. Am kommenden Dienstag will der schulfachliche Dezernent die Kollegen der Gesamtschule Mitte besuchen und mit ihnen über das Thema diskutieren. „Inhaltlich lässt sich heute noch nicht viel sagen, wie es weiter geht. Die grundsätzliche Problematik ist uns bekannt“, erklärt eine Sprecherin der Bezirksregierung. Zudem haben sich auch schon andere Duisburger Schulen an die Bezirksregierung gewandt und darauf aufmerksam gemacht, dass die Lage ziemlich angespannt ist. Nun hoffen die Lehrer, dass mit dem Besuch auch wirklich Bewegung in die Sache kommt.

Die Stadt bekommt 685.000 Euro Sachkostenzuschuss pro Jahr 

Während sich die Bezirksregierung der Sache annimmt, lässt sich der Protestbrief, der an Silvia Löhrmann adressiert ist, im Ministerium nicht finden. Deshalb könne man dort keine Stellung nehmen, hieß es aus dem NRW-Schulministerium. Grundsätzlich stelle das Land aber eine Milliarde Euro zur Verfügung, um das Thema Inklusion zu bewältigen. Das Geld stehe nicht nur für zusätzliche Lehrerstellen, sondern auch für Fortbildungsmaßnahmen zur Verfügung. Insgesamt seien 300 Moderatoren ausgebildet worden, die wiederum Lehrkräfte schulen und für die Aufgaben der Inklusion fit machen sollen. Um zusätzliche Sonderpädagogen einzustellen, überweise das Land zudem Geld an die Kommunen.

Die Stadt bestätigt zudem, dass sie vom Land jährlich 685.000 Euro für Sachkosten bekommt, um die Inklusion umzusetzen. Ein brandsicherer Fahrstuhl koste beispielsweise rund 100.000 Euro – pro Etage, rechnet Stadtsprecher Jörn Esser vor. Mit Blick auf den Protestbrief, sagt er: „Das Schreiben der Gesamtschule Mitte zeigt sehr deutlich die Bedarfe, aber auch die Sorgen der Schulen im Zusammenhang mit der Inklusion auf.“ Eine Gelingen der Inklusion sei elementar davon abhängig, dass alle Partner – Land, Kommune und Schule – ihre Ressourcen in diesen Prozess einbringen.