Duisburg. Die Verwaltung will die Unterrichtsbegleitung für das gemeinsame Lernen anders organisieren. Das neue Konzept soll an Modellschulen ab dem Schuljahr 2016/17 starten.
Eltern von Kindern mit Behinderung oder Förderbedarf können eine Begleitung für den Schulbesuch beantragen. In Duisburg sind derzeit nach Angaben der Verwaltung rund 500 sogenannter Inklusionshelfer im Einsatz. Ihre Arbeit wird von 20 verschiedenen Trägern organisiert. Das Jugendamt will zum Beginn des Schuljahres 2016/17 die Arbeit neu strukturieren. Das wird voraussichtlich die Zahl der Träger verringern. „Es wird dabei auch Verlierer geben“, sagt Holger Pethke, Leiter des Jugendamtes.
Es gebe nun ein „weitestgehend abgestimmtes Konzept“ zwischen Sozial-, Jugend- und Schulamt, so Pethke. Die Träger seien über die Eckdaten informiert. Es sieht vor, zunächst an neun Modell-Standorten, sechs Schulen im Stadtnorden und drei weiteren in Stadtmitte, das neue Konzept zu erproben. „Dort sollen neun Träger gemeinsam mit den Schulen den Einsatz der Inklusionshelfer koordinieren“, erklärt Pethke. Vorgesehen ist, die neun Schulen in drei „Lose“ aufzuteilen: Alfred-Adler-Förderschule, die Gesamtschule und die Grundschule Vennbruchstraße in Walsum; Förderschule am Rönsbergshof, Gesamtschule Meiderich und Grundschule am Mattlerbusch in Hamborn/Meiderich sowie Gesamtschule Mitte, Globus-Gesamtschule und Grundschule Hebbelstraße in Stadtmitte. Ende August werde es dazu ein Gespräch mit den Schulleitern geben, so Pethke: „Es sollte tunlichst so sein, dass derjenige Träger den Zuschlag bekommt, der die meisten Helfer an einer Schule hat.“ Das Ziel: eine vereinfachte Koordination beim Einsatz und in der Verwaltung für die Träger, eine einheitliche Qualität in der Vorbereitung und Ausbildung sowie bei der Bezahlung der Helfer.
„Es sollen nicht acht oder neun Inklusionshelfer in einer Klasse sitzen“, sagt Holger Pethke. Das neue Konzept bedeute „aber natürlich nicht, einem schwerst-mehrfachbehinderten Schüler die Vertrauensperson zu nehmen“. Außerdem bleibt es bei der bisherigen Regelung, dass die Unterstützung durch die Eltern individuell beantragt werden muss und auch individuell gewährt wird.
Transparenz bei der Bezahlung
Nach dem Verständnis des Jugendamtsleiters sollen aber der Freiheit bei der Wahl des Inklusionshelfers Grenzen gesetzt sein. „Wenn Eltern möchten, dass ihr Kind eine bestimmte Schule besucht, müssen sie auch den Träger akzeptieren, der dort tätig ist.“ Er gehe aber davon aus, so Pethke, dass ein Personaltausch zwischen Trägern ebenso möglich sei wie Kooperationen. Juristisch sieht sich das Jugendamt auch gegenüber Eltern auf der sicheren Seite, die sich selbst einen Integrationshelfer suchen. In Düsseldorf und Köln, wo ein ähnliches Modell wie das in Duisburg geplante bereits Praxis ist, seien Klagen von Eltern nicht erfolgreich gewesen, so Holger Pethke.
Mehr Transparenz erhofft sich der Jugendamtsleiter nicht zuletzt bei Qualifizierung und Bezahlung der Integrationshelfer. Ihm seien Fälle bekannt, in den lediglich Mindestlohn gezahlt werden, berichtet Pethke. „Wir finanzieren aber 25 Euro pro Stunde. Da bleiben 17 Euro hängen. Da darf man schon fragen, wo die bleiben.“
Träger sehen das neue Konzept „grundsätzlich positiv“
Das neue Konzept kommt für die Träger, bei denen die Inklusionshelfer angestellt sind, nicht überraschend. Schon seit Jahresbeginn hatte es der Dezernent für Jugend und Bildung, Thomas Krützberg, mehrfach öffentlich angekündigt. Diskutiert wird die neue Struktur in der Arbeitsgemeinschaft der Träger, in der zumindest die größeren wie der Verein für Menschen mit Körper- und Mehrfahrbehinderung (VKM, rund 130 Inklusionshelfer), die Lebenshilfe und der Verein „Runder Tisch Marxloh“ (100 Beschäftigte) organisiert sind.
Grundsätzlich begrüßen sie die Zielrichtung. „Ob es gelingt, wird auch von der Zusammenarbeit der Träger abhängen“, sagt Rita Watermeier vom VKM. Vieles sei möglich, etwa eine Kooperation bei der Qualifizierung. Weil die Eingliederungshilfe aber weiter eine personenbezogene Leistung bleibe, die auf Antrag der Eltern gewährt wird, müsse die neue Struktur rechtssicher sein, erinnert sie.
„Das Tagesgeschäft würde so für uns einfacher und leichter kalkulierbar. Wir könnten die Einsätze bei Krankheit von Schülern oder Inklusionshelfern besser planen“, nennt Thomas Tcrschüren, Kaufmännischer Leiter beim „Runden Tisch Marxloh“, die Gründe, warum der Verein die Pläne des Jugendamtes „grundsätzlich positiv“ sieht. Auch Schulungen könne man gemeinsam organisieren. Zum Zuge kommen sollten Träger, findet Terschüren, die Inklusionsbegleitung nicht als Gewinnmöglichkeit sehen: „Wir verurteilen einen reinen Geschäftsbetrieb ohne sozialen Hintergrund.“