Duisburg. Ein halbes Jahr nach der Frist liegen die Gutachten für das Duisburger Outlet-Center immer noch nicht vollständig vor. Das Projekt droht überholt zu werden.

Auch ein halbes Jahr nach dem verabredeten Termin liegen die notwendigen Gutachten für das Factory Outlet Center in Hamborn immer noch nicht vollständig vor. Wie die Stadt bestätigte, fehlt beim Verkehrsgutachten noch die zentrale Prognosesimulation. Planungsdezernent Carsten Tum beteuerte zuletzt im Rat, dass es sich um die „letzte Ergänzung“ handele. Die Expertise solle kurzfristig vorliegen.

Der zum vergangenen Jahreswechsel geplante „Meilenstein“, den die Stadt im September 2014 vertraglich verankert hatte, um eine „verzögerungsfreie Realisierung“ zu gewährleisten, wurde damit meilenweit verfehlt. Oberbürgermeister Sören Link wollte damals „endlich Tempo“ sehen, stattdessen zieht sich die Planung nach jahrelanger Verzögerung weiterhin wie Kaugummi.

Beschluss frühestens im Herbst

Denn spätestens bis zu diesem Sommer sollte der Rat die Offenlegung des Bebauungsplans beschließen, ursprünglich sollte das bereits im Februar abgehandelt sein. Doch jetzt geht die Politik in die Sommerpause, der nächste Beschluss könnte frühestens im Herbst fallen. Dann werden erneut Stellungnahmen eingeholt, Institutionen, Verbände und Nachbarstädte kommen zu Wort. Zu erwarten sind zahlreiche Einsprüche, womöglich sogar Klagen.

Der heikelste Aspekt werden dabei die Gutachten und ihre Angreifbarkeit sein: Planungsrechtlicher Dreh- und Angelpunkt ist die Störfall-Problematik mit dem zu geringen Abstand zu den Grillo-Werken sowie die Verkehrsfrage. Projektentwickler Carsten Grauel sprach zuletzt davon, das Einkaufsdorf so abschotten zu können, dass Besucher im Falle eines Störfalls geschützt seien. Wie sich das mit dem gewünschten offenen Village-Charakter und den breiten Boulevards als Zuwege vereinbaren lässt, bleibt fraglich.

Ohne Verkehrslösung wird es kein FOC geben

Doch nicht nur die Projektentwickler, auch die Stadtplaner dürfen sich keinen Fehler leisten. Mitunter deshalb fordern sie immer wieder Nachbesserungen der Gutachten. Brisant bleibt daher auch die Frage, wie die A59-Anschlussstelle und die Verkehrslenkung in Hamborn die erwarteten Kundenströme bewältigen sollen. OB Link hatte schon vor einem dreiviertel Jahr erklärt: „Wenn klar wird, dass es etwa beim Thema Verkehr keine Lösung gibt, dann ist das ganze Thema FOC durch.“

Zudem steht das Projekt im Wettlauf mit anderen in der Region. Es gibt immer mehr Outlet-Pläne, Roermond und Ochtrup sind ohnehin nicht weit entfernt, Remscheid ist im Bebauungsverfahren inzwischen einen Schritt voraus, Pläne gibt es auch in Werl, Königswinter und im niederländischen Zevenaar kurz hinter Emmerich. Duisburg droht aber jetzt auch noch von Wuppertal überholt zu werden.

Dort will der Investor 2017 ein Outlet eröffnen, das mindestens genauso groß wie das in Hamborn werden soll. Unter den Betreibern gilt das Motto: Wer zuerst eröffnet, hat die Nase vorn. Nicht nur im Hinblick auf die potenziellen Kunden im Umkreis der 90 Autominuten, sondern vor allem auch bei der Vermietung der riesigen Verkaufsflächen.

Protest der Anwohner

Doch während andernorts die Einkaufsdörfer auf der grünen Wiese oder innerstädtischen Brachflächen entstehen, müssen in Hamborn erst noch die Mieter aus rund 100 Wohnungen vertrieben werden. Es ist die hässliche Fratze dieser Planung, die Wut der Zinkhüttensiedler zeigt sich seit Jahren bei jeder Ratssitzung: Mit Plakaten und Trillerpfeifen widersetzen sie sich hartnäckig dem „Umzugsmanagement“, das wohl wieder aufgenommen würde, sobald das Bauverfahren die entscheidenden Hürden genommen hat.

Die noch einzig halbwegs gesicherte Erkenntnis, wann aus dem Areal um die alte Rhein-Ruhr-Halle denn nun ein FOC werden könnte, ist der Mietvertrag des Projektentwicklers für sein Büro am Hamborner Alt-Markt. Der läuft bis 2018. Bis dahin hat sich die Douvil GmbH selbst die Frist für ihr „Umzugsmanagement“ in das neue Outlet gesetzt, um von dort aus dann direkt die Erweiterung zu planen.

Studie sieht noch Nachholbedarf in Sachen Factory Outlet

Einer jüngsten Studie zufolge hat der deutsche Markt noch deutlichen Nachholbedarf in Sachen Factory Outlet Center (FOC): Elf dieser Einkaufsdörfer gibt es derzeit, zwei davon in NRW (Ochtrup und Bad Münstereifel). Zwei weitere befinden sich im Bau: In Montarbaur ist die Eröffnung im Herbst 2015 geplant, in Leipzig im Frühjahr 2016.

Derzeit kommt Deutschland auf 1,8 qm Verkaufsfläche pro 1000 Einwohner, Italien auf 7,7 qm, die Schweiz auf 9,6 qm, die USA sogar auf rund 20 qm.Bis zu zehn Jahre dauert die Realisierung, Gründe seien die Genehmigungspraxis und der Widerstand auf lokaler Ebene.