Delfine begeistern seit 50 Jahren im Duisburger Zoo
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Duisburg. Mit einem Bundeswehrflieger wurden die ersten Delfine im Jahr 1965 aus den USA nach Deutschland gebracht. Der Zoo Duisburg leistete Pionierarbeit.
Duisburg, 1965: Deutschland ist im Flipper-Fieber. Eine ganze Nation liebt den Delfin und seine Abenteuer, die von 1963 im Fernsehen gezeigt werden. Das bringt den damaligen Zoo-Direktor Dr. Hans-Georg Thienemann und Helmut Horten, einen großen Gönner des Tierparks, auf die Idee, auch in Duisburg Delfine zu präsentieren.
Ein Team flog deshalb in den 1960er Jahren nach Florida, schaute sich dort ein Delfinarium an, beobachtete die Tiere und plante die erste Delfinhaltung in einem Binnenland. Anders als in den USA musste das Seewasser künstlich hergestellt werden. Um es sauber zu halten, wurden Filter eingebaut. Klar war auch: Ein Dach muss her, als Schutz vor typischem Duisburger Wetter. Als alle Baufragen geklärt waren, machte sich der Sohn von Hans-Georg Thienemann, ein Tierpfleger, noch einmal auf den Weg nach Amerika, um die vier für Duisburg auserkorenen Großen Tümmler kennen zu lernen – und sie auf ihre große Reise vorzubereiten.
Am 11. Juli war es dann so weit: Flip, Flap, Littlebit und Perfect wurden auf wassergetränkten Schaumstoffmatten gebettet mit einer Bundeswehr-Maschine nach Köln geflogen. Am 24. Juli wurde das „Delfinum“, wie das Haus zuerst hieß, eröffnet. Gleichzeitig war die Einrichtung auch eine Versuchsanlage, um das Verhalten der Tiere zu erforschen. Auch heute arbeitet der Zoo noch mit Wissenschaftlern zusammen.
Pepina ist strenge, aber liebevolle Mutter
Zehn Jahre später kam der erste Nachwuchs vom Delfindame Susi auf die Welt. Allerdings verstarb Duphi bereits nach 13 Tagen an den Folgen einer Lungenentzündung. Heute ist die ärztliche Überwachung der Säugetiere viel besser. Bei Delfindame Pepina, die im August ein Jungtier auf die Welt bringt, wird etwa regelmäßig ein Ultraschall gemacht.
Derzeit leben Ivo – mit 36 Jahren der Rentner im Becken – das Sensibelchen Daisy, die schwangere Pepina, die bereits bewiesen hat, dass sie eine strenge, aber liebevolle Mutter ist, sowie die gelassene Delphi im Becken. Gegenüber Tochter Dörte tritt sie allerdings ein bisschen autoritär auf. Die Jungtiere Diego und Darwin machen die Familie komplett.
Genauso unterschiedlich wie Menschen
Ivo hat sich ins Herz von Pia geschwommen. Die Achtjährige feiert mit ihren Eltern und ein paar Freundinnen ihren Kindergeburtstag im Delfinarium. Zur Feier des Tages darf sie mit dem Boot zur Mittelinsel fahren. Die Fahrt ist ganz schön rasant. Ivo gibt Gas, pflügt durch das Wasser. Pia krallt sich an den seitlichen Griffen fest. Für den Taxi-Service bedankt sie sich artig – und darf die Säugetiere sogar streicheln. „Die sind glatt, aber nicht so glitschig wie ein Fisch“, erklärt sie den anderen Zuschauern. Später bringt Ivo, ganz Kavalier, die kleine Duisburgerin wieder zurück zum Beckenrand. „Das war toll“, sagt Pia und strahlt.
„Das Training macht den Tieren Spaß“, versichert Pfleger Tim Kehr – und betont, dass es sich um eine Vorführung und nicht eine Show handelt. „Wir sind kein Zirkus, bei dem die Delfine zu Musik Mätzchen machen, sondern wollen etwas über die Tiere und ihre Geschicklichkeit vermitteln.“ Seine Pappenheimer kennt Kehr übrigens genau. „Delfine sehen genauso unterschiedlich aus wie Menschen.“ Umgekehrt gewöhnen sich die Zöglinge an ihre Pfleger. Als eine Delegation die alten Duisburgerinnen Donna und Dolly im Zoo Nürnberg besuchte, waren die beiden außer Rand und Band.
50 Jahre Delfine im Duisburger Zoo
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Große Tümmler bekommen Fisch in Restaurantqualität
Die Delfine, die im Zoo Duisburg leben, gehören zur Art der „Großen Tümmler.“ Sie leben in freier Wildbahn in Küstennähe in Buchten in einer Wassertiefe von etwa dreieinhalb Metern. Die sechs Becken im Delfinarium sind rund fünf Meter tief und fassen rund drei Millionen Liter Salzwasser. Das Salz wird übrigens vor Ort beigemischt. Getrunken wird das Wasser allerdings nicht. „Delfine vertragen kein Salzwasser. Sie nehmen ihre Flüssigkeit über die Nahrung auf“, erklärt Zoo-Direktor Achim Winkler.
Das Futter besteht aus Sprotten, Heringen oder Makelen, die der Tierpark vor Grönland fangen lässt. „Vor Grönland deshalb, weil dort die Quecksilber-Belastung nicht so hoch ist. Das ist 1a-Restaurantqualität“, betont Winkler. Alle paar Monate bekommt der Zoo die Ware tiefgekühlt geliefert. Durchschnittlich frisst ein Delfin acht Kilo Fisch pro Tag.
Die Nase befindet sich bei Delfinen übrigens oben am Kopf, ein Atem- und Blasloch. Dieses ermöglicht ein schnelles Ein- und Ausatmen, wenn die Delfine zum Luft holen an die Wasseroberfläche kommen. Beim Tauchgang können die Delfine die Nasenöffnung verschließen, so dass kein Wasser in die Nase und die Lungen eindringt. Über das Maul atmen können Delfine nicht. Luft holen müssen Delfine regelmäßig, denn anders als die Fische, die über ihre Kiemen den nötigen Sauerstoff aus dem Wasser entnehmen, besitzen Delfine Lungen und müssen somit an die Wasseroberfläche.
Letzter Wal ging im Jahr 2004
Beim Schlafen haben die Säugetiere ein Auge geöffnet und ein anderes geschlossen. Das liegt daran, dass sie eine Gehirnhälfte abschalten und schlafen, und mit der anderen wach sind. In der Natur schützen sie sich so vor Feinden oder Artgenossen, die sie von ihrem Platz vertreiben wollen.
Die Großen Tümmler sind die einzigen Delfine, die es noch in Duisburg gibt. Früher konnte man sich auch mal Jacobita- oder Flussdelfine und sogar Wale anschauen. Dr. Wolfgang Gewalt, der damalige Zoo-Direktor, und seine Mitarbeiter reisten extra nach Südamerika, um die Tiere zu beobachten, zu fangen und anschließend auszustellen. Ähnliches hatte er auch mit dem Wal vor, der sich in den 1960er Jahren im Rhein verirrte. Doch der entwischte ihm.
Der letzte Weißwal, Ferdinand, der noch im Zoo lebte, wurde 2004 nach San Diego gebracht. Damit schloss sich das Kapitel der Wale in Duisburg.
Zoo-Direktor Winkler: „Keine sachliche Diskussion mit Kritikern möglich“
Der Zoo ist eines der Aushängeschilder der Stadt. Seit seiner Gründung im Jahr 1934 lockt der Tierpark jedes Jahr hundertausende Besucher. Das Delfinarium gehört zu den Besuchermagneten. Zoo-Direktor Achim Winkler äußert sich im Gespräch mit WAZ-Redakteurin Fabienne Piepiora auch zur Kritik der Tierschützer an der Delfinhaltung.
Als vor 50 Jahren die Delfine ankamen, war landläufig von „Fischen“ die Rede. Wie konnte das passieren?
Achim Winkler: Man glaubt gar nicht, wie wenig die Menschen auch heute noch über unsere Tiere und die Natur wissen. Da werden auch Otter mit Robben verwechselt. Aber es ist ja unsere Aufgabe als Zoo, den naturentfremdeten Menschen der Großstadt die Tierwelt näher zu bringen. Und vielleicht verlässt der eine oder andere Besucher den Tierpark schlauer als er hereingekommen ist.
Gehen alle Zoo-Besucher auch ins Delfinarium?
Winkler: Früher, als man noch getrennt Eintritt bezahlen musste, gingen 75 Prozent aller Besucher ins Delfinarium. Inzwischen sind es annähernd 100 Prozent. Die Delfine sind ebenso wie Affen, Elefanten, Giraffen und Erdmännchen die absoluten Publikumsmagneten.
Nicht allen gefällt, dass es in Duisburg noch Delfine gibt.
Winkler: Es wird in Sachen Delfin-Haltung überhaupt keine sachliche Debatte geführt. Die Kritiker greifen sich die Delfine heraus, weil sie bei den Menschen beliebt sind. Keiner kritisiert jedoch die Haltung von Wisenten oder Stachelschweinen, denn da ist das öffentliche Interesse nicht so groß. Es werden immer wieder die gleichen falschen Behauptungen zur Delfinhaltung wiederholt. Sicherlich sind in den Anfangsjahren auch Fehler passiert.
Es sind Jungtiere verstorben, weil es noch überhaupt keine Erfahrungswerte gab. Erst später haben wir z.B. gelernt, dass sich bei neugeborenen Delfinen das Immunsystem erst über Wochen und Monate entwickeln muss, weshalb heute bei Jungtieraufzuchten eine strikte Quarantäne eingehalten wird. Zu Beginn gab es sogar noch Einzelbecken für die Tiere, wo sie nachts untergebracht werden sollten. Man hat aber sogleich erkannt, die Tümmler auch nachts zusammen zu lassen, weil es zu ihrer Natur gehört. Inzwischen haben wir ein großzügiges Mehrbeckensystem, in dem sich die Tiere auch mal aus dem Weg gehen können. Das ist wie mit anderen sozialen Wesen, die haben nicht immer nur gute Laune.
Wären die Tiere in freier Natur lebensfähig, wenn sie nun frei gelassen würden?
Winkler: Es gibt überhaupt keine Veranlassung und keine rechtliche Grundlage, die Delfine auszuwildern. Grundsätzlich werden nur Tiere ausgewildert, die in der Natur bedroht sind. Das ist bei den Großen Tümmlern nicht der Fall. Außerdem muss man eine Auswilderung aufwändig vorbereiten, damit sich die Tiere an ihre neue Umgebung gewöhnen, sie zum Beispiel lernen, ihren Fisch selbst zu fangen. Die Delfine werden bei uns viel älter als in freier Wildbahn, weil sie hier keine natürlichen Feinde haben, ihr Essen serviert bekommen und bei Krankheiten vom Tierarzt versorgt werden. Natürlich kann auch mal ein Tier versterben, aber das ist der natürliche Lauf der Dinge. Die Kritiker wollen sich oft gar nicht mit dem Sachverhalt auseinandersetzen, sondern brauchen offenbar nur eine Bühne. Wir haben auch gelernt, im Zeitalter von Internet und Facebook transparenter mit der Öffentlichkeit umzugehen.
Wird der 50. Geburtstag des Delfinariums groß gefeiert?
Winkler: Im Juli wird es ein Aktionswochenende geben. Aber eigentlich sind wir gerade ziemlich damit beschäftigt, dass unsere Delfin-Dame Pepina bald Nachwuchs erwartet. Der soll im Herbst auf die Welt kommen. Da freuen wir uns schon drauf, und das ist für uns das beste Geschenk zum Jubiläum.
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