Duisburg. . Nach dem Frontalzusammenstoß auf der B288 in Duisburg mit vier Toten geht die Polizei von überhöhtem Tempo aus. Die Stelle ist baulich kompliziert.
Den Rettungskräften bot sich ein Bild der Zerstörung: Als sie um kurz nach halb neun am Sonntagabend die Unfallstelle auf der B 288 (Krefelder Straße) in Höhe der Abfahrt Huckingen erreichten, sahen die Helfer zwei völlig deformierte Autowracks. Der Grad der Zerstörung ließ erahnen, wie groß die Wucht des Zusammenpralls gewesen sein muss.
Aus den Trümmern der beiden Fahrzeuge bargen die Feuerwehrmänner drei tote Insassen: ein Senioren-Ehepaar (87 und 86 Jahre) aus Essen, das in einem Opel unterwegs war, sowie einen 47-jährigen Mercedes-Fahrer aus Wanheim – der Unfallverursacher. Dessen Sohn (16) und Tochter (15) saßen ebenfalls bei ihm im Wagen und wurden schwer verletzt. Der Sohn verstarb in der Nacht auf Montag in einem Krankenhaus.
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Wie konnte dieser schlimme Unfall nur geschehen? Nach bisherigem Ermittlungsstand der Polizei war der Mercedes, von der A 524 aus Ratingen kommend, geradeaus auf der B 288 in Richtung Krefeld unterwegs. In Höhe der Auf- und Abfahrt Huckingen – an dieser Stelle ist die Bundesstraße einspurig, es gilt Tempo 50 – rammte er einen vor ihm fahrenden Skoda. Dadurch kam der Mercedes ins Schleudern, geriet in den Gegenverkehr und krachte frontal in den entgegenkommenden Opel, in dem die beiden Senioren saßen. Der gerammte Opel streifte noch einen neben ihm auf der Abbiegespur fahrenden Nissan. Dessen Fahrerin (57) blieb ebenso unverletzt wie der vom Mercedes gerammte Skoda-Fahrer (26).
Polizei: Unfallverursacher war zu schnell unterwegs
„Der Mercedes-Fahrer war definitiv zu schnell unterwegs“, erklärte Polizei-Sprecher Ramon van der Maat. Wie schnell, ermitteln derzeit Spezialisten des Landeskriminalamtes, die am Montagmittag noch einmal die Unfallstelle inspizierten. Dafür wurde die B 288 ab 13.10 Uhr in beiden Fahrtrichtungen für knapp eine Stunde gesperrt. Die in Internet-Beiträgen kursierenden 190 km/h, die der Mercedes angeblich gefahren sein soll, nannte van der Maat nur „eine falsche Zahl“. Wie hoch das Tempo nun wirklich war, könne erst die laufende Untersuchung zeigen.
Schwerer Unfall in Duisburg
Auch einen Suizidversuch mittels absichtlich herbeigeführtem Unfall schließt die Polizei nach bisherigem Ermittlungsstand aus. Fest steht, dass der 47-Jährige mit seinen beiden im Wagen sitzenden Kindern in Wanheim wohnte.
Ersthelfer zogen Mädchen aus dem Wrack
Bei der Kollision saß der 16-jährige Sohn auf dem Beifahrersitz, die Tochter hinter ihm auf dem rechten Rücksitz. Sie konnte laut Zeugenberichten von Ersthelfern am Unfallort aus dem Wrack gezogen werden. Bei den anderen Opfern ging das offensichtlich nicht. Sie wurden von den herbeigeeilten Kräften der Feuerwehr geborgen. Auch Notfallseelsorger und Kräfte des Kommissariats für Opferschutz kamen zur Unfallstelle. Sie mussten Zeugen, aber auch die Rettungskräfte betreuen. Einige Helfer nahm dieser Einsatz so sehr mit, dass sie sich danach ablösen ließen.
Die Polizei hat die beiden Autowracks sichergestellt. Die Ermittlungen dauern an.
Baustelle mit zwei Jahren Verspätung
Die Unfallstelle liegt kurz hinter dem Übergang von der Autobahn 524 zur Bundesstraße 288 in einem Baustellenbereich. Das neue Autobahnkreuz Duisburg-Süd selbst darf schon nur mit Tempo 80 befahren werden. Gleich dahinter wird auf Tempo 60 gedrosselt, weil der Damm, auf dem die neue Trasse verläuft, hier vorläufig ausläuft. Es geht auf etwa 20 Metern Länge anderthalb Meter bergab.
Und weil dahinter einerseits die rechte Fahrspur zur Abbiegespur nach Huckingen oder Düsseldorf-Nord wird, andererseits die linke von insgesamt bis dahin drei Fahrspuren endet, ist Einfädeln angesagt: Ab hier gilt Tempo 50. Nach dem ursprünglichen Zeitplan des Landesbetriebs Straßen NRW sollte der dortige Ausbau der B 288 zur A 524 schon 2013 abgeschlossen sein. Aber dann hatte ein Bodengutachter übersehen, dass im letzten, noch nicht begonnenen „Ohr“ des neuen Autobahnkreuzes noch 25.000 Tonnen Bauschutt im Untergrund lagen, die zuvor entsorgt werden mussten.
Starenkästen auf der B 288 schon lange gefordert
Deshalb ist zurzeit nur das neue Autobahnkreuz aus A 59 und A 524 fertig. Ab Herbst wird mit dem Weiterbau bis kurz vor Serm begonnen. Dazu müssen zwei Brücken über die Stadtbahn U 79 und die alte B 8 abgebrochen und durch neue in etwa doppelter Breite ersetzt werden. Auch von der künftigen Anschlussstelle Huckingen der A 524 steht bislang nur die Lärmschutzwand. Die Auf- und Abfahrten erhalten größere, für höhere Kurvengeschwindigkeiten geeignete Radien.
Immer wenn es in der Vergangenheit schwere Unfälle auf der B 288 gab, kam die politische Forderung auf, dort Starenkästen zur Tempokontrolle aufzustellen. Jahrzehntelang lehnte die Stadt selbst diese Maßnahme ab. Das änderte sich erst 2012. Es wurde zuletzt aber nur für die Ortsdurchfahrt von Mündelheim gefordert und bislang noch nicht umgesetzt.