Duisburg. Mehr Online-Banking und die Zinsflaute: Die Duisburger Sparkasse steht vor einem Radikalumbau mit Filialschließungen, aber auch Investitionen.
Die steigende Zahl oder Online-Kunden, Filialen ohne Kunden aus Fleisch und Blut sowie Ertragsverluste durch die dramatische Zinsflaute werden zu einschneidenden Veränderungen im Bank- und Filialgeschäft der Duisburger Sparkasse führen. Bis 2022 wird sie nach Informationen unserer Redaktion offenbar zahlreiche Geschäftsstellen aufgeben, verstärkt auf digitalen „Multi-Kanälen“ ihre Kunden betreuen und zugleich eine zweistellige Millionensumme investieren. Am 21. Mai soll der Sparkassen-Verwaltungsrat über die Pläne des Vorstandes beschließen.
Schon bei der Bilanz-Pressekonferenz im März, bei der die Sparkasse wohl für etliche Jahre letztmals noch üppige und stabile Gewinne vermelden konnte, hatte Sparkassen-Chef Joachim Bonn angekündigt, dass das Kreditinstitut nicht mehr „tatenlos“ zusehen könne und betont, dass es „richtige Antworten“ geben werde. Laut Bonn steht die Sparkasse vor der „größten Herausforderung“ ihrer fast 200-jährigen Geschichte.
Das historische Zinstief ist ein Beschleuniger
Schon seit einem Jahr arbeitet die Sparkasse an ihren Umstrukturierungsplänen. Das historische Zinstief, das der Bank wie allen Kreditinstituten derzeit und auf unabsehbare Frist die Zinsmargen und damit die Erträge wegbrechen lässt, scheint dabei eher der „Beschleuniger“ der Entwicklung zu sein, der vor allem den Kostendruck erhöht. Erst vor wenigen Tagen hatte der Rheinische Sparkassenverband mit Blick auf das dichte Filialnetz angekündigt, dass es Schließungen geben wird. Auch die Deutsche Bank will einen radikalen Schnitt setzen.
Aktuell hat die Sparkasse in Duisburg 42 Filialen mit Personal besetzt (plus 3 in Kamp-Lintfort), dazu gibt es 16 SB-Stellen mit Automaten. 2012 hatte sie schon an elf Standorten Tandem-Lösungen mit alternierenden Öffnungszeiten eingeführt. Nur die Hälfte der Kunden mit ihren 230 000 Privat- und 30 000 Geschäftskonten geht mittlerweile nur noch einmal oder überhaupt gar nicht binnen eines Jahres in ihre Filiale. Zugleich nimmt das Online-Banking in der Sparkasse stetig zu, so stieg die Zahl der Online-Konten im 2014 von 175 000 auf 193 000. Eine Million Mal im Monat wird das Online-Banking angeklickt.
Manche Filialen liegen nur 1000 Meter auseinander
Für die Sparkassen-Chefetage ist das eine „Abstimmung mit den Füßen und dem Maus-Klick“, die sie ihre Definition von Kundennähe überdenken lässt und die sich nicht mehr in Metern zur nächsten Filiale bemessen muss. Manche Zweigstelle liegen gerade mal 1000 Meter entfernt. Das sei nicht mehr „zeitgemäß“, sagte Bonn schon vor einem guten Monat.
Nun naht der Tag der Umwälzungen und Entscheidungen. Sie laufen wohl darauf hinaus, dass die Sparkasse in den kommenden Jahren – ab 2017, wenn die Mietverträge auslaufen — ihr Filialnetz deutlich ausdünnt. Von zehn und mehr Standorten ist die Rede. Zugleich scheint die schon 2008 am Meidericher Bahnhof für 5,4 Millionen Euro gebaute neue „Bezirks-Sparkasse“ Blaupause für die Zukunft, dass es in jedem Stadtbezirk ein Flaggschiff mit der S-Fahne und dazu einzelne Beratungs-Geschäftsstellen in den Stadtteilen geben wird. Einen höheren zweistelligen Millionenbetrag, so heißt es, will die Sparkasse dafür und für Investitionen in die moderne digitale Kundenbetreuung von App bis Skype in die Hand nehmen.
Zahl der Mitarbeiter wird sinken
Klar ist damit auch: Die Zahl der Mitarbeiter von derzeit noch 1250 wird sich deutlich verringern, denn allein mit weniger Mietkosten wird sich die Ertragslage nicht verbessern lassen. Banker-Ehrenwort dürfte aber auch dafür gelten, dass betriebsbedingte Kündigungen bei der Sparkasse ausgeschlossen sind.
Kommentar von Oliver Schmeer: Nähe neu definieren
Die Sparkassen stehen vor einem Dilemma. Ihr Pfund ist die demonstrierte Andersartigkeit als kommunale „Bürger-Bank“ mit einem dichten Filialnetz, das den Kunden um die Ecke betreut und deren Gewinne zum gewichtigen Teil als Bürgerdividende durch Ausschüttungen, Spenden und Sponsoring an die Stadt zurückfließen. In der Tat, die Sparkasse hat in Duisburg so viele Filialen wie die gesamte weitere Banken-Branche zusammen. Mit dieser Kundennähe und ihren Kosten dafür begründet die Sparkasse auch manch Wettbewerbsnachteil gegenüber der Konkurrenz.
Also kann die Sparkasse nicht einfach Filialen schließen und damit ihre „DNA“ aufgeben. Aber sie muss sich anpassen: Das Filialnetz basiert noch auf Bevölkerungszahlen aus den 80er Jahren. Die sind gesunken, und der Kunde ist mehr online unterwegs – die Filialen sind geöffnet, aber kaum einer geht rein. Fürs Geldabheben braucht’s keinen Berater, für Kredite, Baufinanzierungen oder Sparpläne aber schon, und sei’s im Chat.
Die Sparkassen zocken nicht an der Börse oder in der Investmentszene, sondern bauen ihre Ertragskraft auf den Margen im Massengeschäft auf. Und die sind mit dem Zinstief weggeblasen. Das macht die ohnehin nötige Radikalkur jetzt zur Notfallmedizin, erleichtert zugleich aber die Argumentation. Das funktioniert, so lange das rote „S“ mehr ist als das €-Zeichen.