Duisburg. . Beim Girls’ Day in der Homberger Feuerwache packen rund 60 Duisburger Schülerinnen an. Sie glauben nicht, dass Frauen genug Kraft für den Job haben.
Todesmutig stürzt sich der Feuerwehrmann in das brennende Haus, kämpft sich zur Blondine durch, die in den Flammen eingeschlossen ist, wirft sie über seine Schulter und rettet außerdem noch ihr Baby und die Katze aus dem Gebäude. An solche Hollywoodfilme denken viele der Schülerinnen, die zur Homberger Feuerwache an die Rheindeichstraße gekommen sind.
Dass der Alltag der Duisburger Feuerwehr ganz anders ist als im Kino, erfahren die rund 60 Teenagerinnen jetzt beim Girls’ Day.
Hier ist Anpacken gefragt! Pauline Buggert (13) hat den Helm schon aufgezogen, fühlt sich fast wie im Einsatz. Mit einer hydraulischen Rettungsschere zerschneidet sie ein Autowrack, so könnte sie im Ernstfall eingequetschte Unfallopfer befreien. „Es ist toll, das mal selber zu erleben“, freut sie sich. Besonders beliebt ist aber der große Lastwagen, bei dessen Anblick etliche Mädchen verzücken. Denn sie dürfen ihn übers Gelände fahren.
Lara Tuttlies (14) freut sich auch darauf, löscht aber zuerst Flammen mit dem Feuerwehrschlauch. „Es ist interessant zu sehen, ob die verschiedenen Männerberufe hier auch für Frauen geeignet sind.“ Sie und viele andere Mädchen bezweifeln das nämlich noch gehörig.
Immer wieder fragen sie, ob Frauen überhaupt genug Kraft für den Job haben. „Es gibt Frauen, die ziehen sogar Lastwagen an Ketten hinter sich her oder laufen Marathon“, antwortet Azubi Marcel Jost. „Aber jede, die fit ist, schafft das.“ Doch die Vorstellung, dass der Beruf Amazonen mit riesigem Bizeps verlangt, kann er nicht ganz zerstreuen.
Nicht nur Muskelprotze bei der Feuerwehr
Deshalb helfen seine Kolleginnen dabei. „Wir müssen genauso hart trainieren wie Männer. Feuer werden nicht kälter und Verletzte nicht leichter, nur weil wir Frauen sind. Aber dass es bei der Feuerwehr nur Muskelprotze gibt, ist ein Klischee“, sagt Brandmeisterin Stephanie Fydrich (27), die nicht wie ein muskelbepackter Koloss aussieht – die Männer auf der Wache übrigens auch nicht. „In der Freizeit erkennt niemand an meinen Oberarmen, dass ich bei der Feuerwehr bin.“
Ohnehin scheitern junge Frauen eher an der Ausdauer als an der Kraft, weiß Brandmeisterin Sabine Berkenvelder (29). „Wer zur Feuerwehr will, kriegt das aber hin.“ Extrawürste dürften Frauen jedoch nicht erwarten, auch nicht beim sportlichen Einstellungstest. Der sei allerdings „pillepalle“, denn erst nach der 18-monatigen Ausbildung seien Anfängerinnen „so richtig fit.“
Bis sich die Schülerinnen aber darüber Gedanken machen, dauert es noch Jahre. Die meisten werden sowieso andere Karrieren einschlagen. Nur fünf von 540 Berufsfeuerwehrleuten in Duisburg sind Frauen, in ganz Deutschland sind es insgesamt auch nur zwei Prozent.
Unternehmen wollen Begeisterung für Technik wecken
Am bundesweiten Girls’ Day hat sich die Stadt Duisburg am Donnerstag zum 15. Mal beteiligt. 18 Institutionen und Unternehmen meldeten sich bei ihr, um bei diesem Mädchen-Zukunftstag mitzumachen. Mindestens 365 Schülerinnen zwischen zwölf und 19 Jahren aus zwölf Duisburger Schulen haben in den Alltag beruflicher Männerdomänen hineingeschnuppert.
Mit den Bauingenieuren der städtischen Wirtschaftsbetriebe erkundete etwa eine Mädchengruppe die Baustelle der neuen Vinckekanalbrücke und erfuhr, wie die Stadttochter Brücken und Bauwerke plant.
Schülerinnen, die Thyssen Krupp besuchten, lernten die Metallverarbeitung sowie die Elektrotechnik kennen. Sie hatten die Aufgabe – unterstützt und angeleitet durch Auszubildende des Konzerns – Platinen mit LED-Lampen zu bestücken, Stromkreise zu schalten und „Metallrosen“ zu erschaffen, indem sie Blech zuschnitten und löteten.
Auch bei vielen anderen Unternehmen mit technischen, handwerklichen und naturwissenschaftlichen Berufen war die Nachfrage groß.
Frauenanteil in Männerdomänen erhöhen
So kippten junge Besucherinnen bei Mercedes-Benz das Führerhaus eines Schwerlast-Lkw nach vorne und legten seinen riesigen Motor frei – das war nur mit gemeinsamer Anstrengung zu schaffen. „Insbesondere im Technikbereich wollen wir den Anteil von Frauen im Unternehmen weiter steigern“, sagte Tim In der Smitten, Sprecher der Niederlassungen in der Region Rhein Ruhr. Ob’s diesmal geklappt hat, zeigt sich jedoch erst in einigen Jahren.
Bei Siemens in Hochfeld fertigten Mädchen Pneumatikschaltungen und bauten Zufallsgeneratoren, die am Ende aussahen wie elektrische Würfel.
Neugierig waren Schülerinnen auch auf die Polizei. Sie setzte eine Hundestaffel ein, deren Vierbeiner zeigten, was sie können. Wie man sich in einer Zelle fühlt, durften die Mädchen natürlich auch erleben.
Nicht nur Stadttöchter, auch die Verwaltung öffnete für diesen Schnuppertag zur Berufsorientierung die Türen. Ob der Einstellungstest für den gehobenen Verwaltungsdienst schwer oder einfach ist, probierten Interessierte im Rathaus. Eine Kleingruppe erfuhr dort dagegen, welche Fragen die Mitarbeiter des Call Duisburgs täglich beantworten müssen.