Duisburg. Kaum war die Nachricht, dass die Hauptschule in Neuenkamp zu einer Flüchtlingsunterkunft umgebaut wird, draußen, bewarfen Unbekannte die Fassade.

Das Haus von Bürgermeister Manfred Osenger wurde in der Nacht von Donnerstag auf Freitag mit rohen Eiern beworfen. Der Verdacht liegt nahe, dass es sich nicht um randalierende Jugendliche handelte, sondern um Menschen, denen es nicht passt, dass in Neuenkamp ein Asylbewerberheim entstehen soll. Diese Nachricht hatte die Stadt am Donnerstag bekannt gegeben. Einige Stunden später flogen die Eier.

„Das ist nicht so schlimm“, erklärte Manfred Osenger auf Nachfrage der Redaktion. Rohe Eier an der Hausfassade bringen den langjährigen, ehemaligen Betriebsrat nicht aus der Fassung: „Ach ja, da hängen noch ein paar Schalen“. Er und seine Frau hätten die „Eier-Attacke“ gar nicht mitbekommen.

Drohungen während TV-Dreharbeiten

Erst am nächsten Morgen habe er die Bescherung gesehen. Schlimmer sei es für ihn gewesen, dass einige Menschen bei Dreharbeiten des WDR am Donnerstag auf dem Gelände der ehemaligen Hauptschule an der Rückerstraße gedroht hätten, ihm „an die Wäsche zu gehen. Als ich das gehört habe, ist mir ein bisschen mulmig geworden“, so der 67-jährige Neuenkamper. „Das ist mir in den 25 Jahren als Kommunalpolitiker noch nicht passiert“. Daraus Konsequenzen zu ziehen und zurückzutreten, kommt für Osenger nicht in Frage.

Osenger will sich nicht einschüchtern lassen

Anders als sein Amtskollege Marcus Nierth aus Tröglitz in Sachsen-Anhalt, der vor einigen Tagen aus Angst zurückgetreten war. Nierth hatte sich immer offensiv für die Aufnahme von Flüchtlingen eingesetzt und war daraufhin von Rechten bedroht worden, die sogar vor seinem Haus demonstrieren wollten. Deshalb zog der Tröglitzer die Reißleine.

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Keine Option für Osenger: „Dafür übe ich mein Amt viel zu gerne aus. Das macht mir Spaß.“ Den Protest gegen die Unterkunft will er nicht überbewertet wissen. „Da haben einige Leute ihren Frust raus gelassen“, sagt er. Er verweist darauf, dass in Neuenkamp aktuell rund 100 Flüchtlinge in Wohnungen untergebracht sind. „Das fluppt astrein.“

Und wenn die konkreten Planungen für die ehemalige Hauptschule auf den Tisch kommen, sollen der Runde Tisch und die Sozialkonferenz im Stadtteil ebenfalls mitreden. „Da könnte man zum Beispiel die Turnhalle auch wieder für die Neuenkamper Vereine öffnen oder das Jugendzentrum von Gegenüber mit integrieren, damit die Menschen miteinander ins Gespräch kommen“, wünscht sich der ehrenamtliche Bürgermeister.

Bittere Realität - ein Kommentar von Svenja Aufderheide 

Unbekannte bewerfen das Haus eines ehrenamtlichen Bürgermeisters mit Eiern, weil sie keine Flüchtlingsunterkunft in der Nachbarschaft haben wollen, andere wollen ihm „an die Wäsche“. Kaum zu glauben, aber bittere Realität in Duisburg. Das sind keine einmaligen Ausrutscher, das sind Riesenschritte weit über die Grenze dessen, was akzeptabel ist. Da wird der Grundkonsens einer Stadtgesellschaft mit Füßen getreten.

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„Respekt“, möchte man Manfred Osenger zurufen, Respekt, dass der Mann da nicht das Handtuch wirft. Verständlich wäre ein Rücktritt, wenn man um seine eigene körperliche Unversehrtheit fürchten muss.

Das St.-Florians-Prinzip, gerade bei der Frage nach Standorten von Flüchtlingsunterkünften, taucht immer wieder auf. Natürlich müssen wir den Flüchtlingen helfen, aber doch nicht vor der eigenen Haustür, heißt es allerorten. Da haben die Neuenkamper kein Exklusivrecht. Aber verbale Drohungen und Vandalismus? Das hat dann doch eine neue Qualität. Das Klima in Duisburg ist rauer geworden.