Duisburg. Luisa Bündgen lernt an der Deutschen Oper am Rhein Maskenbildnerei. Jetzt qualifizierte sie sich mit einem Entwurf für die Deutsche Meisterschaft für Maskenbildner in Ausbildung.
90 Minuten hat Luise Bündgen. 90 Minuten, in denen sie einen Freund mit Hilfe von Silikon, Stoff und jeder Menge Farbe in eine fleischfressende Mohnblüte verwandeln soll. Das ist reichlich knapp. „Für mich besonders, ich hab ja noch nicht soviel Erfahrung“, gesteht die 22-Jährige, die erst seit September vergangenen Jahres bei der Deutschen Oper am Rhein (DOR) die drei Jahre dauernde Ausbildung zur Maskenbildnerin angefangen hat.
Zur nicht gerade üppig bemessenen Zeit kommt hinzu, dass sie ihre Verwandlungskünste unter den neugierigen Augen des Publikums und unter den gestrengen der Juroren beweisen muss. Und obendrauf hat sich die sympathische junge Frau diesen Stress auch noch selber eingebrockt. Mit ihrem Entwurf hatte sie sich für die Teilnahme an der Deutschen Meisterschaft für Maskenbildner in Ausbildung beworben, die in diesem Jahr zum fünften Mal während der „make up artist desing show“, der Fachmesse für Maskenbildner und Visagisten, in Düsseldorf ausgetragen wird.
Langer Weg zum Wunschberuf
Unter den 33 Bewerbungsentwürfen zum diesjährigen Thema „Flora - Die Welt der Pflanzen“, erheischte auch ihrer die nötige Aufmerksamkeit. „Da hat sich aber jemand viel vorgenommen“, kommentierte Bernd Staatz, fachlicher Leiter der Meisterschaft für die Maskenbildner-Azubis und Chefmaskenbildner der DOR, ihre Zeichnung. Erst im Nachhinein stellte sich für Staatz heraus, dass seine Wahl nicht nur auf die fleischfressende Mohnblüte, sondern damit auch auf seine eigene Auszubildende gefallen war. Die muss nun mit sieben weiteren Azubis aus der ganzen Republik - übrigens nur Frauen - auf der Messe, die am 28. und 29. März läuft, in Konkurrenz treten.
Das Terrain ist Luisa Bündgen wohlbekannt: „Per Zufall bin ich das erste Mal vor Jahren auf der Messe gewesen und seitdem immer dabei. Von Anfang an wollte ich das auch machen. Seit ich 16 bin, ist mein großer Wunsch, Maskenbildnerin zu werden.“ Einer, für den sie lange Wege gehen musste und gegangen ist.
Direkt nach der Schule hat sie sich bundesweit beworben, Einladungen zu Vorstellungsgesprächen erhalten und danach jedes Mal eine Absage. „Immer hieß es, dass ich mich nicht gut verkaufen kann“, erzählt sie. Bescheidenheit scheint in der Branche wohl nicht viel zu zählen. Gut für Luisa Bündgen, dass sie nicht nur die besitzt, sondern auch Geduld, einen starken Willen und Engagement.
So machte sie erst einmal eine Friseurausbildung, die im Gegensatz zu früher heute nicht mehr zur Grundvoraussetzung für die Maskenbildnerei gehört. Dann absolvierte sie ein Berufsvorbereitungsjahr in Baden-Baden und machte im Zuge dessen ein Praktikum an der DOR. Dort, wo man ihr jetzt ihre Wunschausbildung ermöglicht, wollte sie auch immer hin, wie sie zufrieden lächelnd zugibt: „Ich wollte immer an ein großes, gutes Haus. Und Bernd Staatz hatte ich stets im Fokus. Ich wollte unbedingt bei ihm lernen, weil er sehr engagiert ist.“
Wichtig ist ihr auch, dass sie an einem Opernhaus gelandet ist: „Das ist ein Vorteil gegenüber reinen Schauspielhäusern. Die Oper ist viel pompöser und extremer als das Sprechtheater. Da kann man im Bereich Maske viel mehr machen und lernen. Oper ist super.“
Ob sie nach ihrer Ausbildung im Musiktheater bleiben will, weiß Luisa Bündgen aber noch nicht. „Ich würde gerne mal alles ausprobieren, Musical, Film, Fernsehen.“ Wo sie letztendlich ihren Beruf ausüben möchte, weiß Luisa Bündgen heute noch nicht. „Mann kann ja auch komplett in den Freiberuf gehen.“ Aber sie ist ganz sicher, dass sie nicht ins Visagisten-Fach wechseln möchte. „Bei großen Shows und Präsentationen ist das ganz spannend, aber ansonsten ist Beauty nicht mein Ding. Ich will da mehr“, sagt sie ganz selbstbewusst.
Vielleicht auch Ende März die Deutsche Meisterschaft gewinnen? Die ersten drei Plätze sind immerhin mit 1000 bis 500 € dotiert. Mal abgesehen von Ruhm und Ehre und guten Chancen fürs spätere Berufsleben, wenn man so einen Titel ergattert hat. „Ich geh da nicht mit dem Ziel hin zu gewinnen. Ich mach das für mich“, sagt sie in aller Bescheidenheit. Es sei nun mal nicht so einfach, das umsetzen, was man im Kopf habe. Doch sie hat ja noch ein wenig Zeit, das zu üben, was sie an diesem Beruf so reizt: „Die Veränderung, die optische Täuschung, die Illusion zu schaffen, Irreales in Reales zu verwandeln, zusammen mit den Menschen, die das Ganze dann zum Leben erwecken.“ Wie ihr Freund, der für ihre noch geplanten mindestens drei Probeläufe gerne den Kopf hinhält, um zu einer fleischfressenden Mohnpflanze zu mutieren.