Duisburg. Mehdi Ghiassi steht unter Druck: Der Duisburger baut Kunstwerke aus Lego nach. Dafür hat er nur wenige Tage Zeit, denn dann müssen die Steine zurück.

Michelangelo arbeitete an dem berühmten Fresko der Sixtinischen Kapelle vier Jahre lang. Und das Tag für Tag. Der Duisburger Student Mehdi Ghiassi schaffte es in nur einer Woche. Dank Lego! Exakt 98.304 Steine klickte er, bis Gott Adam endlich erschaffen hatte. Der Grund für die ganz und gar unkünstlerische Hektik: Die Lego-Steine hatte Ghiassi in einem Internet-Shop bestellt, um die Rückgabefrist von 14 Tagen geschickt auszunutzen. Go Ghiassi go!

Zugegeben, ein bisschen verrückt ist er ja! Oder wie soll man es sonst nennen, wenn sich einer zehn Tage lang zu Hause verbarrikadiert, die Rolläden runterlässt und rund um die Uhr Steinchen für Steinchen auf eine drei mal zwei Meter große Fläche setzt. Angestrahlt von Scheinwerfern, aufgenommen von einer Videokamera, die das Wachsen des Bildes minutiös festhält. Dazwischen duschen, essen, drei bis vier Stunden Schlaf.

Malerei lässt ihn dennoch nicht los

Eine Studentenbude mitten in Duisburg. „Rufen Sie mich über Handy an, wenn Sie ankommen. Die Klingel funktioniert nicht“, hatte der 23-Jährige gebeten. Nun steht er in seinem spärlich eingerichteten Wohnzimmer, zwischen Keyboard, Gitarren und einer kleinen Staffelei. Schon als Kind liebte es Mehdi Ghiassi zu malen. Ursprünglich hatte der Sohn iranischer Eltern im holländischen Enschede Kunst- und Comicwissenschaften studiert. Doch wegen der mäßigen Berufsaussichten wechselte er bald zu Maschinenbau. Die Malerei aber lässt ihn nicht los.

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Dass er nun Werke der Kunsthistorie in Lego umsetzt, liegt an seiner fixen Idee, „etwas zu machen, was es noch nicht gibt“. So entstand Micheangelos „Erschaffung Adams“, so setzte er Jacques-Louis Davids „Napoleon beim Überschreiten der Alpen“ um. Einsames Werkeln, manisch getrieben vom Limit des Rückgaberechts beim online-Händler. „Man verliert sich schneller als man glaubt. Einmal ging ich um elf Uhr nachts auf die Straße, um einzukaufen. Ich dachte, es sei Tag“, erzählt Ghiassi.

Geplant war das alles so nicht. Geplant war, die Lego-Steine schlicht zu kaufen. 130.000 Steine für den Michelangelo. Doch das hätte 13.700 Euro gekostet, und bei Lego gab es keinen Mengenrabatt. Mehdi Ghiassi begann, auf dem Taschenrechner Zahlen einzutippen. Wenn er zehn Tage für das Bauen des Bildes ansetzen würde und drei für den Abbau, müsste er alle drei Sekunden einen Stein setzen, 16 Stunden am Tag. Dann könnte die Zeit genügen, um die Lego-Steine rechtzeitig wieder zurückzuschicken. Nach dem Motto: Produkt hat leider nicht gefallen!

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Nicht das Rückgaberecht gefährden

Genau so entstand der Michelangelo. Gesehen hat Gott und Adam außer Ghiassi selbst nur sein Freund Pattrick. Der Künstler ist da eigen, vernichtet oft sogar seine Zeichnung bevor er eine neue beginnt. So zerstörte er auch die „Erschaffung Adams“. Knibbelte Stein für Stein mit dem Fingernagel ab, „was schnell ziemlich weh tat“. Doch ein Werkzeug zu benutzen, wagte Mehdi Ghiassi nicht. Nur nichts beschädigen, nur nicht das Rückgaberecht gefährden. Getrennt nach Farben sortierte er die winzigen Einersteine in Plastiktüten. Dazu die 96 grünen Rasenplatten, seine Grundlage. Ab zur Post. Express. Bestens versichert. Go Ghiassi go!

Und der Online-Händler akzeptierte! Ein Glück! Die Schwindelei war nicht aufgefallen. Nicht beim ersten Mal, nicht beim zweiten.

Die Zeit falscher Scheu ist vorbei

Längst liebäugelt er mit Caspar David Friedrichs „Der Wanderer über dem Nebelmeer“. Das Braun des Gebirges, das changierende Weiß des Nebels, die vielen Grüntöne im Gehrock des Wanderers. „Das wird nicht einfach, so etwas in zehn Tagen zu schaffen“, sagt Ghiassi. Aber die Zeit falscher Scheu ist vorbei. Ghiassi drängt es in die Öffentlichkeit, er will zeigen was er drauf hat. An der Lego-Wand, aber vor allem als Zeichner von Comics.

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