Duisburg. “Mensch ist Mensch“ plant eine Zeitung von und über Roma. Sie sollen das Blatt auf der Straße an die Leser verkaufen und dürfen den Gewinn behalten.

Sie klauen, sie sind faul, sie leben im Müll – mit diesen und anderen Vorurteilen gegen Roma möchte der Duisburger Verein "Mensch ist Mensch" aufräumen. Im Sommer 2014 hatte sich Mensch ist Mensch gegründet, bietet seither als Sozialberatungsstelle Unterstützung an. Vor allem Roma aus Osteuropa kommen zu Frank Knott, Vorsitzender des Vereins, und seinem Team, um sich beim Ausfüllen von Anträgen und Behördengängen helfen zu lassen. Jetzt plant der Verein eine eigene Zeitung - von und über Roma.

„Wir wollen die Roma zeigen, wie sie wirklich sind“, sagt Martin Redies, Mitglied bei Mensch ist Mensch. Mit Porträts über einzelne Menschen und ihre Schicksale, schönen Fotos, Rezepten, Reportagen – kurz: genau wie es Martin Redies derzeit bereits auf der Vereins-Homepage mit regelmäßigen Blogbeiträgen macht.

Viele Roma sind Analphabeten

Die Blogbeiträge sollen aufbereitet und in der Zeitung gedruckt werden. „Das dürfte die erste Roma-Zeitung in Deutschland sein, vielleicht sogar weltweit“, vermutet Martin Redies. Denn sehr viele Roma könnten weder lesen noch schreiben.

Auch interessant

Dies ist auch der Grund, warum Redies die Zeitung wohl vorerst alleine füllen muss. „Die Inhalte liefern die Roma, die zu uns kommen. Aber ich bin sozusagen ihre Tastatur“, sagt er.

Für die Zukunft erhoffen sich Redies und Knott, weitere ehrenamtliche Autoren für ihr Projekt zu gewinnen, zum Beispiel Blogger oder Schüler. „Wir haben schon Schulen angeschrieben und ihnen eine Kooperation vorgeschlagen“, erzählt Redies. Doch bisher hätten sie keine Antwort erhalten.

So könnte das Logo der Roma-Zeitung aussehen.
So könnte das Logo der Roma-Zeitung aussehen. © Udo Milbret/FUNKE Foto Services

"Bachtalo" – eine Zeitung, die Glück heißt

Einen festen Zeitplan haben Knott und Redies nicht. Fest steht bislang: Die Startauflage soll 1.500 Exemplare umfassen und etwa acht Seiten stark sein, doppelseitig bedruckt. Ein Künstler aus Hamborn hat schon einen ersten Entwurf für ein Titelblatt gefertigt. Auch einen Titel haben die Beteiligten bereits gefunden: „Bachtalo“. In der Roma-Sprache Romanes bedeutet das „Glück“ oder „glücklich“.

Glücklich über die Idee sind auch viele der Roma, die in die Beratungsstelle in Hochfeld kommen. „Eine Zeitung über uns ist gut“, sagt Luminita Căldăraru. Die 30-Jährige war eine der ersten, die die Beratung von Mensch ist Mensch in Anspruch nahm. Heute hat sie dort einen durch Sponsoren finanzierten Mini-Job als Sprachmittlerin.

Auch interessant

„Eigentlich ist mir die Idee, eine Roma-Zeitung zu machen, erst durch Luminita gekommen“, gibt Martin Redies zu. Căldăraru und ihr Mann haben eine Zeit lang die Obdachlosenzeitung „fiftyfifty“ verkauft. Ähnlich wie der Verkauf von fiftyfifty soll auch auch das Prinzip bei „Bachtalo“ laufen. Căldăraru hat Kontakte zu rund 150 anderen Roma, die bereits Interesse bekundet hätten, Bachtalo-Verkäufer zu werden.

Mit dem Verkauf einer Zeitung ein halbes Mittagessen verdienen

„Wir wollen ja nichts an der Zeitung verdienen“, sagt Frank Knott. Für einen Kostenbeitrag von etwa 50 Cent pro Ausgabe sollen die Roma die Zeitung bekommen und dann für zwei Euro weiterverkaufen. Mit einem verkauften Exemplar hätten sie schon ein halbes Mittagessen verdient, rechnet der Vereinsvorsitzende vor. Knott hofft, dass dadurch auch weniger Diebstähle begangen würden. Denn diese begingen die meisten Menschen aus purer Not. „Wenn meine Kinder Hunger leiden würden – ich würde genauso handeln“, sagt Knott.

Nun wartet das Team von Mensch ist Mensch nur noch auf ein passendes Angebot für den Zeitungsdrcuk. Sei das erst mal gefunden, könne die Zeitung innerhalb von 14 Tagen an den Start gehen. „Die ersten Angebote sind schon eingetrudelt – und die lassen hoffen“, erzählt Frank Knott. Insgeheim wünscht er sich, eine Druckerei zu finden, die das Bachtalo-Projekt als Sponsor unterstützt. „Wir können natürlich Spendenquittungen ausgeben“, sagt er.

Ein Spender würde nicht nur Knott und sein Team, sondern auch viele Duisburger Roma sehr glücklich – „bachtalo“ – machen.