Duisburg. . Vor zehn Jahren wurde das Arbeitslosengeld II eingeführt. Initiative „AufRecht bestehen“ kritisiert zu niedrigen Regelsatz und berichtet von Sorgen der Betroffenen im Alltag

Ein frohes neues Jahr haben die Initiatoren der Initiative „AufRecht bestehen“ gestern bei ihrer Aktion vor dem Jobcenter den Besucherinnen und Besuchern hundertfach gewünscht. Froh waren die meisten von ihnen allerdings nicht. „Viele engagierte Menschen kommen desillusioniert aus dem Jobcenter heraus. Sie sind maßlos enttäuscht von dem System“, sagt Edith Fröse von „AufRecht bestehen – kein Sonderrecht im Jobcenter“. Anlass für die Aktion an der Friedrich-Wilhelm-Straße war die Einführung der Hartz-IV-Gesetze vor zehn Jahren.

Das Informationsmaterial – Hunderte Umschläge, Beratungsgutscheine und Glückskäfer – sei den Vertretern der Initiative aus den Händen gerissen, die Aktion habe deshalb frühzeitig beendet werden müssen, berichtet Fröse. „Wir haben dafür viel Zuspruch erfahren. Mit dem kleinen Gruß wollten wir sagen: Zehn Jahre Hartz IV, das sind zehn Jahre Armut per Gesetz.“

Energiekosten steigen schneller als Hartz-IV-Satz

Zahlreiche Betroffene hätten aus ihrem Alltag berichtet und erklärt, dass der kürzlich angehobene Regelsatz immer noch zu niedrig sei. „Eine Frau hat erzählt, dass sie mit der Finanzierung der Nachhilfe für ihre Tochter, die kurz vor dem Abitur steht, allein gelassen wird. Sie selbst hat keine Zeit, ihr zu helfen, weil sie einen Minijob angenommen hat“, erzählt Fröse. „Ein anderer muss nun seinen türkischen Pass verlängern, das kostet 260 Euro. Der Mann muss sich das im wahrsten Sinne vom Mund absparen.“

Detlef Hertz, der sich wie Fröse in der Initiative engagiert und Mitglied der Links-Partei ist, verweist nicht nur auf die Probleme in der Finanzierung nicht alltäglicher Aufwendungen, sondern auf regelmäßige Ausgaben: „Während die Macher des Gesetzes die Sektkorken knallen lassen und sich selbst feiern, müssen viele Hartz-IV-Bezieher damit rechnen, dass ihnen Strom und Gas abgedreht werden. Dabei sehen sie sich finanziell nicht in der Lage, die in den letzten Jahren um 45 und 30 Prozent gestiegenen Strom- und Gaspreise zu bezahlen. Wovon auch? In dieser Zeit stieg der Hartz-IV-Satz um rund 15 Prozent an.“

Auch Beschäftigte in den Jobcentern leiden

Kritik an den Hartz-IV-Gesetzen äußert auch Thomas Keuer in seiner Funktion als Geschäftsführer des Verdi-Bezirks Duisburg/Niederrhein. Selbst wenn Menschen nach 30 oder 35 Jahren ihren Beruf verlieren würden, drohe ihnen nach bereits einem Jahr Hartz IV – wenn sie nicht älter als 50 sind. Zudem: „Alle, die Erfahrungen in Jobcentern gemacht haben, sind nicht gerade voll des Lobes über die Abwicklung. Das führt zu Ärger. Auf der anderen Seite vertreten wir auch die Beschäftigten in den Jobcentern, die darunter ebenfalls zu leiden haben, dass sich bürokratische Vorschriften ständig ändern. Das führt dazu, dass nicht das Fördern und Fordern im Vordergrund steht, sondern nur das Fordern. Dafür können die Beschäftigten aber am allerwenigsten.“ Bei rund 30.000 Arbeitslosen in Duisburg und nur 1000 freien Stellen würden zahlreiche Menschen die vermeintliche „Förderung“ vielfach als Schikane auffassen.