Overath/Duisburg. . Der Zebra-Twist gilt als älteste Stadionhymne Deutschlands. Im Interview spricht ihr Schöpfer Henry Valentino über Musik, Fußball und Helene Fischer.

Wahrscheinlich hat Henry Valentino die Entstehungsgeschichte genauso häufig erzählt, wie sein Lied „Im Wagen vor mir“ verkauft worden ist. Dass er vor langer, langer Zeit im Stau stand, ihm im Auto davor eine Person mit wallendem Haar auffiel und er später merkte: Das ist ja bloß ein Mann mit langer Mähne.

Trotz dieser Enttäuschung ist so 1977 der größte Hit des Musikproduzenten und Sängers mit der Reibeisenstimme entstanden. Dabei wird ein anderes Lied des 86-Jährigen, der mit seiner Frau Ingetraud in Overath lebt, heute häufiger gesungen: Hans Blum, wie Henry Valentino mit bürgerlichem Namen heißt, hat vor 50 Jahren den Zebra-Twist produziert, der als älteste Stadionhymne Deutschlands gilt und auch am Samstag (14 Uhr, LIVE bei uns im Ticker) beim Heimspiel des Fußball-Drittligisten MSV Duisburg gegen den FSV Mainz II natürlich wieder gespielt wird: „Zebrastreifen weiß und blau...“

Also hätte aus „Im Wagen vor mir“ auch „Im Stadion vor mir“ werden können, Herr Blum?

Henry Valentino: Theoretisch schon, denn ich war immer fußballbegeistert. Bei der Weltmeisterschaft 1954 bin ich beinahe vom Sofa gerutscht.

Sie haben damals Gassenhauer für Wencke Myhre, Siw Malmkvist und Katja Ebstein geschrieben. War der Zebra-Twist 1964 ein normaler Auftrag für Sie?

Valentino: Ganz und gar nicht, das war etwas Besonderes, ganz unüblich. Ich habe es aus Liebe zum Fußball und zu den netten Leuten gemacht.

Den netten Leuten?

Valentino: Ja, denn das Lied war ja nicht meine Idee, sondern die von Heinz-Georg Bangert und Walter Bovelet. Die beiden waren MSV-Fans und keine professionellen Musiker. Der Text war von ihnen, sie hatten auch eine Melodie und sind dann damit zu mir gekommen, weil ich damals als Komponist bei der Electrola gearbeitet habe.

Wir lange haben Sie geprobt und für die Aufnahme gebraucht?

Valentino: Ehrlich?

Ja, bitte.

Valentino: Ich habe es zwischendurch gemacht und am selben Tag noch ein anderes Stück geschrieben.

Das ging aber flott.

Valentino: Das liegt daran, dass eine Stadionhymne einfach sein muss. Jeder muss sie sofort auf dem Fußballplatz mitsingen können. Der eigentliche Titel des Stücks war „Nach einem großen Spiel“.

Warum das denn? Diese Zeile kommt doch gar nicht im Text vor.

Valentino: Die Beiden wollten das so haben. Das ist das Unprofessionelle an dem Lied.

Haben Sie mit Ihrer Reibeisenstimme auch mitgesungen?

Valentino: Aber sicher, wir alle drei haben gesungen. Ich bin der, der zu laut ist.

Im Refrain heißt es „Wo Meiderich liegt, wo Meiderich siegt, ist überall bekannt“ – Ihnen auch?

Valentino: Duisburg-Meiderich ist natürlich ganz bekannt. Wir sind ja auch schon überall aufgetreten, manchmal haben wir uns gefragt, in welcher Stadt wir überhaupt sind.

Haben Sie mal ein Spiel der Zebras gesehen?

Valentino: Ich habe alles gesehen, was im Fernsehen übertragen wurde. Aber im Stadion war ich leider nie.

Trotzdem singen heute alle MSV-Fans beim Zebra-Twist mit. Hat der Hit eigentlich Geld eingebracht?

Valentino: Nur einmal, das habe ich geteilt mit den beiden. Hundertsoundsoviel Mark hat jeder mit einem Scheck bekommen. Das hat auch seinen Grund: Wenn im Duisburger Stadion ein Lied gesungen gibt, von dem es keinen Tonträger zu kaufen gibt, kommt das auch nicht bei der Gema an. Dann singen es zwar Tausende, es bringt aber keinem von den Autoren einen Cent. Wenn jedes Mal jeder Zuschauer einen Cent geben würde, wäre da richtig was bei rumgekommen.

Der Schöpfer des Zebra-Twists: Hans Blum alias Henry Valentino.
Der Schöpfer des Zebra-Twists: Hans Blum alias Henry Valentino. © Foto: Jakob Studnar / Funke Foto Services

Kennen Sie den Text noch?

Valentino: Ach herrje, das weiß ich nun wirklich nicht mehr. Sie werden verzeihen. Ich habe in meinem Leben mehr als 1200 Lieder produziert. Aber ich glaube, dass Helmut Rahn darin vorkommt.

Richtig. Wer waren denn damals Ihre Fußballidole?

Valentino: Das Borussia Mönchengladbach der 70er Jahre mit Netzer, Vogts und Heynckes hat mich begeistert. Ich habe auch mal ein ganz tolles Lied für die Fohlen geschrieben, das liegt noch irgendwo herum. Nur getraut habe ich mich nicht, das anzubieten.

Ach was. Schade, oder?

Valentino: Ja, aber ich habe es einfach nicht getan. Mir persönlich hätte es auch gefallen. In Schalke bekommt man schließlich auch eine Gänsehaut, wenn das Steigerlied gespielt wird. Aber andere Vereine wollen lieber modern sein – genau wie manche Rundfunkprogrammdirektoren, die dann schreckliche Lieder spielen lassen.

Wenn Sie heute nochmals eine Stadionhymne produzieren würden: Wen würden Sie am liebsten das Lied singen lassen?

Valentino: Na, mich selbst. Ich habe doch eine prägnante Stimme.

Wie bitte? Wir hätten jetzt vielleicht eher mit Helene Fischer gerechnet.

Valentino: Helene ist ein wunderbares Mädchen, sie wäre mir für so etwas aber zu perfekt.