Duisburg/Dinslaken. Seit fast acht Wochen gibt es kein Lebenszeichen von ihr. Warum die Mordkommission im Fall der vermissten Dinslakenerin auch nach Vernehmung aller ermittelten Internet-Bekanntschaften im Dunkeln tappt und welche Parallelen es zu einem Fall der Krefelder Kollegen gibt.

„Frischverliebt“ und „In einer komplizierten Beziehung“ lauten die letzten Statusmeldungen auf ihrer Facebook-Seite. Seit fast acht Wochen gibt es kein Lebenszeichen von der 58-Jährigen aus Dinslaken. Die seit sechs Wochen eingesetzte Duisburger Mordkommission tappt im Dunkeln.

Wohin wollte die selbstständige Kosmetikerin, als sie am 30. September spät abends ihre Eigentumswohnung verließ? Warum kehrte sie nicht zurück? Die Duisburger Ermittler gehen von einem Gewaltverbrechen aus. Die Vermisste gilt als zuverlässig, sie hatte keinen Grund unterzutauchen oder ihren 24-jährigen Sohn in der gemeinsamen Eigentumswohnung ahnungslos zurückzulassen, der sie um 22 Uhr noch gesehen hatte.

Doch trotz der weit angelegten öffentlichen Fahndung hat die Polizei nach wie vor keine heiße Spur, was der Dinslakenerin passiert sein könnte. „Es gab kaum Hinweise“, sagt der Duisburger Polizeisprecher Ramon van der Maat. Der Fall zeigt auch, dass den Ermittlern trotz aller technischen Möglichkeiten Grenzen gesetzt sind.

Polizei lädt Männer vor

Zwar hat die 58-Jährige in ihrem Computer zahlreiche Spuren hinterlassen: Sie war in zahlreichen Kennenlern-Foren im Internet unterwegs, hat sich offenbar mit vielen Männern getroffen, manchmal endete der Abend bei ihr zu Hause. Weil die Polizei diesen Lebenswandel öffentlich machte, musste sie sich auch Kritik gefallen lassen.

Dass sie die „vielen identifizierten Internetkontakte“ zur Vernehmung vorlädt und dass es sich dabei „in der Hauptsache um verheiratete Männer“ aus Dinslaken und Duisburg handelt, kündigte sie öffentlich an. Allerdings gehörte dieser Schritt zur Ermittlungstaktik: Er basierte auf der Hoffnung, dass sich möglicherweise Männer von sich aus melden und ihre Ehe nicht riskieren wollen, wenn ihnen eine Vorladung ins Haus flattert oder die Ermittler auf der Matte stehen. Doch gemeldet hat sich niemand.

Handy blieb zuhause liegen

Die ermittelten Bekanntschaften hat die Polizei bereits vernommen. Wie viele es sind, will sie nicht preisgeben. Jedenfalls hätten die Aussagen nicht zu einer heißen Spur geführt, sagte der Polizeisprecher. Die Ermittler gehen davon aus, dass es zahlreiche weitere Bekanntschaften über die Online-Foren gab. Aber auch die Computer-Forensiker kommen an der Stelle nicht weiter: Die Plattformen speichern keine Gesprächsprotokolle, die Teilnehmer haben sich ohnehin meist nicht über ihren richtigen Namen angemeldet.

Auch die Auswertung der Handy-Daten half offenbar nicht weiter. Nötig dafür ist ein richterlicher Beschluss, der Vorratsdatenspeicherung sind nach diversen Urteilen und neuen Gesetzen enge Grenzen gesetzt. Die Handydaten der Vermissten könnten ohnehin nur Aufschluss geben, mit wem sie in den vergangenen Wochen regelmäßig telefoniert hatte, nicht aber, wo sie an dem Abend hin ist: Das Handy befand sich ebenso wie ihre Jacke in der Wohnung, das Auto stand in der Garage.

Hoffnung auf Hilfe von der Krefelder Polizei 

Die Polizei zieht alle Möglichkeiten in Betracht, womöglich helfe die Technik überhaupt nicht weiter: Was wäre, wenn die Frau in ihrem Mallorca-Urlaub zuvor jemanden kennengelernt hätte, der dann überraschend vor der Tür stand? Dann gäbe es weder Spuren im Computer noch im Handy. Der Einsatz der Spürhunde brachte ebenso wenig Ergebnisse wie die Suche nach dem unbekannten schwarzen Coupé, das Nachbarn mehrfach in der ruhigen Sackgasse in der Nähe ihres Wohnhauses aufgefallen war. „Dazu gab es lediglich einen Hinweis. Wir haben alle Spuren abgearbeitet“, sagt Sprecher Ramon van der Maat. Die Ermittlungen stecken nach sechs Wochen in einer Sackgasse.

Auch zur Krefelder Polizei hat die Mordkommission Kontakt aufgenommen: Die Ermittler aus der Nachbarstadt hatten vor Jahren mit einem ganz ähnlichen Fall zu tun, der bis heute ungeklärt ist: Am 11. Januar 2008 verschwand die damals 43-jährige Silke Büche aus Emmerich spurlos. Sie soll viele Männerkontakte gehabt haben, die von Holland bis ins Ruhrgebiet reichen, darunter viele Internet-Bekanntschaften, wie die Datenanalyse ihres Computer gezeigt hatte.

Manches Schicksal klärt sich nie

Die Polizei hat damals über 250 Personen überprüft, aber keine heiße Spur bekommen. Nachmittags war Silke Büche noch im Fitness-Studio, besuchte ihre Mutter im Krankenhaus, telefonierte um 18 Uhr noch mit einer Freundin. Zu einer Verabredung mit Freunden um 22 Uhr erschien sie nicht. Bis heute ist ungeklärt, was dazwischen geschah: Ihr Handy lag in der Wohnung, ebenso eine größere Menge Bargeld, ihr Auto stand vor dem Haus. Noch im vergangenen Jahr nahm die Kripo den Fall wieder auf, als aus demselben Wohnhaus eine weitere Person vermisst wurde. Sie tauchte wieder auf, einen Zusammenhang gab es nicht.

Beide Fälle haben Parallelen, eine Übereinstimmung zwischen den Bekanntschaften oder sonstigen Spuren und Hinweisen hat sich aber nicht ergeben. Die erfolglosen Ermittlungen der Krefelder Polizei zeigen: Es können Jahre ohne einen neuen Ermittlungsansatz vergehen. Und manches Schicksal klärt sich eben nie.