Düsseldorf. Die Jüdische Gemeinde Düsseldorf bezieht Stellung gegen Terror und Antisemitismus. Und sie setzt auf die Unterstützung durch die Gesellschaft.

78 Jahre nach dem Ende des NS-Regimes in Deutschland erscheint es als großer Widerspruch, dass vor dem Gebäude der Jüdischen Gemeinde und der Synagoge in Düsseldorf die Polizei mit zwei Beamten an 365 Tagen 24 Stunden Wachdienst leisten muss, um die Sicherheit dort zu gewährleisten. Über der Eingangstür zu den Räumen der Gemeinde hängt ein großes Schild mit dem Schriftzug „Willkommen.“ Trotzdem sind Sicherheitskontrollen unabdingbar.

Seit dem 7. Oktober liegen unzählige Blumensträuße und Kerzen vor der Synagoge und erinnern an den schrecklichen Überfall der Hamas auf Israel und die vielen Gräueltaten, die an diesem Tage verübt wurden. Weit über 1000 Israelis wurden verschleppt und mitleidlos getötet, darunter Babys, Kleinkinder, Frauen und Senioren.

„Zäsur“ für Israel und alle Juden

„Dieses Ereignis war nicht nur für Israel und alle Juden eine Zäsur – auch für uns als Jüdische Gemeinde Düsseldorf und all das, was wir aufgebaut haben“, erklärt Zeev Reichard. Der Referent für Kommunikation der Jüdischen Gemeinde macht bewusst, dass an diesem 7. Oktober so viele Juden ermordet wurden wie seit dem Holocaust nicht mehr.

Das sei ein totaler Schock, der immer noch wirkt, weil sich an diesem jüdischen Feiertag („Simchat Tora“) die Welt für das Judentum auf der ganzen Welt verändert hat. „Der einzige Schutzraum für die Juden weltweit, das Land Israel, ist so als solcher zerstört worden“, sagt Reichard, dessen Tante und Onkel dort leben. „Jeder Jude hat Bekannte, Freunde oder Familie in Israel, von denen jemand getötet, verschleppt wurde oder in den Schutzräumen Zuflucht suchen musste. Die Betroffenheit hier in unserer Gemeinde ist riesig.“

„Antisemitismus muss viel härter bestraft werden“

Obwohl die Menschen in Israel in der Vergangenheit mehrfach im Jahr Bunker aufsuchen mussten, beschreibt Reichard das Leben in diesem Land vor diesem Überfall als positiv und fröhlich und eben nicht als angsterfüllt. „Das hat sich jetzt nicht nur für Israel sondern für uns alle alles verändert“, sagt der PR-Referent. Denn der Hass überträgt sich derzeit offensichtlich auch auf Menschen in unserer Umgebung, wie der Anschlag am Dienstag in Berlin beweist. Dort wurden Molotow-Cocktails auf eine Synagoge geworfen.

„Wir tun hier das Möglichste, um uns zu solidarisieren, wir unterstützen die Menschen in Israel und wollen für sie dasein“, sagt Reichard, der auf Rückendeckung im ganzen Land hofft. „Als deutsche Gesamtgesellschaft müssen wir dafür sorgen, dass Antisemitismus viel eindeutiger bekämpft wird.“ Da würden keine Lippenbekenntnisse helfen. Menschen, die zu Hass und Gewalt gegen Juden aufrufen, müssten härter bestraft werden. Sie werden derzeit nicht klar genug verfolgt. Da muss mehr passieren.“

Reichard stellt klar, dass die Juden zwischen dem palästinensischem Volk auf der einen und der Hamas sowie dem Islamischen Dschihad auf der anderen Seite differenzieren. „Damit Ruhe dort einkehrt, müssen die Terroristen bekämpft werden. Es ist perfide, die eigene Bevölkerung als Schutzschild zu nutzen.“ Mit diesen „Bestien“ könne man nicht verhandeln.

Die Stadt ist ein starker Partner

Reichard bezeichnet die Stadt Düsseldorf als starken Partner, der der Jüdischen Gemeinde zur Seite steht und sie in jeglicher Hinsicht unterstützt. Die Kundgebung an diesem Mittwochabend vor der Synagoge sollte besonders die Menschen in Düsseldorf erreichen. Der Schulterschluss mit den Bürgern der Stadt sei der Jüdischen Gemeinde wichtig.

Bei Beschimpfungen und antisemitistischer Sprache müssen auch Unbeteiligte eingreifen und klare Kante beweisen. Das hilft der Gemeinde mehr als bloße Lippenbekenntnisse. „Menschen, die gegen Juden hetzen, müssen unbedingt bestraft werden. Wir werden jetzt beobachten, wie klar gegen diese Menschen vorgegangen wird.“

Jüdische Gemeinde hofft auf Unterstützung der DEG und von Fortuna

Die Jüdische Gemeinde würde sich auch freuen, wenn Organisationen mit großer Reichweite sich klar positionieren und deutlich machen, dass sie sich entschieden gegen den Terror wenden. „Fortuna oder die DEG wären solche Beispiele. Die Vereine sollten klar Position beziehen“, sagt Reichard, und begründet es so, dass durch sie die breite Masse und alle Schichten erreicht werden können. „Es geht nicht darum, eine Front gegen alle Palästinenser zu bilden sondern für die Menschlichkeit und gegen den Terror einzustehen.“ Damit könne man Antisemitismus sinnvoll bekämpfen.

Einen Tag nach dem Angriff wurde von der Jüdischen Gemeinde, zu Spenden aufgerufen. Das Geld fließt in diverse Projekte direkt in Israel. Das Ziel kann auch für die Jüdische Gemeinde Düsseldorfs nur sein, dass man bald friedlich nebeneinander in Israel und weltweit harmonischer miteinander leben kann.

Die Jüdische Gemeinde Düsseldorf

Die Jüdische Gemeinde Düsseldorf ist die drittgrößte in Deutschland mit rund 7.000 Mitgliedern. Größer sind nur die in Berlin und München. Frankfurt liegt auf einem ähnlich hohe Level wie Düsseldorf. Oded Horowitz ist der Vorstandsvorsitzende der Jüdischen Gemeinde Düsseldorf.

Die Jüdische Gemeinde ist orthodox geführt mit zwei orthodoxen Gemeinderabbinern, allerdings hat sie auch einen liberalen Flügel. Die erste Synagoge in Düsseldorf wurde im Jahre 1712 von einem Ahnherrn Heinrich Heines an der Neusser Straße errichtet.