Dortmund. Der Dortmunder Imker Ralf Schmidt will einen Schandfleck retten: Er baut den Hof Somborn wieder auf. Eine Mammut-Aufgabe – aber „ich bin zäh“.

Der Dachstuhl des riesigen Stallgebäudes ist komplett eingestürzt, die Balken liegen verkohlt am Boden. Hier ein Haufen Schutt, da ragen Teile des Gebälks als schwarzes Gerippe in den blauen Dortmunder Frühlingshimmel. Nur die Stahlträger der Zwischendecke und die alten Ziegelwände stehen noch, überwuchert von Waldreben und Wildem Wein. Auf dem Hof Schulte-Somborn hat es in den letzten zehn Jahren dreimal gebrannt – aber die historischen Gebäude sind nicht kleinzukriegen. So fast as Düörpm.

Und das will Ralf Schmidt alles wieder aufbauen? „Klar, kriegen wir schon hin. Wir machen das Stück für Stück“. Der stadtbekannte Imker, der mit seinem Honig- und Kerzenhaus auch auf Hansemark und Weihnachtsmarkt steht, hat sich ein Mammutprojekt vorgenommen: Er hat den Hof Schulte-Somborn von der Stadt Dortmund gekauft und will ihn zu neuem Leben erwecken. Ein Faible für Altbauten hatte er schon immer.

Hof Schulte-Somborn als Mammutprojekt: „Keine Angst, dass das zu viel wird“

Renoviert habe er schon so einiges, sagt er. Mit dem geerbten Fachwerkhaus seines Onkels im hessischen Lauterbach fing alles an. Damals war Ralf Schmidt gerade 20 und machte eine Ausbildung zum Erzieher. „Da habe ich alles noch selbst gemacht“, sagt er. Nach seinem Umzug nach Dortmund kaufte und sanierte er zwei heruntergekommene Altbauten in Hörde und der Nordstadt. Heute vermietet er die rund 15 Wohnungen. Seinen Job als Heim-Erzieher gab er mit Anfang 30 zugunsten der Imkerei auf.

Ein Brand hatte 2021 den großen Stall zerstört. Aber auch vorher war davon schon nicht mehr viel übrig. Ein anderes Feuer machte dem Altenteil (im Bild ganz links) den Garaus – die Reste riss das THW wegen Einsturzgefahr ab.
Ein Brand hatte 2021 den großen Stall zerstört. Aber auch vorher war davon schon nicht mehr viel übrig. Ein anderes Feuer machte dem Altenteil (im Bild ganz links) den Garaus – die Reste riss das THW wegen Einsturzgefahr ab. © FUNKE Foto Services | Hans Blossey

Aber beim Wiederaufbau des Hof Schulte-Somborn werde er kaum noch selbst Hand anlegen, sagt er. „Dafür habe ich jetzt meine Leute.“ 68 Jahre alt ist Ralf Schmidt. Aber Zweifel daran, ob er so ein Großprojekt überhapt stemmen kann, hat er nicht. „Ich bin zäh“, sagt er. „Ich habe keine Angst, dass mir das zu viel wird. Wenn ich krank würde, wäre das natürlich schlecht. Ich bin ja nicht mehr der Jüngste. Aber wenn man zweifelt, fängt man ja nicht an. Und dann schafft man nichts.“

Ralf Schmidt kauft Stadt Dortmund Brandruine ab: „War richtig neidisch“

Der Kauf des Hofs sei eher spontan gewesen, sagt er. Bei der Fahrt über die A40 fiel ihm die Brandruine auf. „Was für ein schöner Hof, dachte ich. So idyllisch gelegen! Ich war richtig neidisch.“ Kurz darauf las er einen Zeitungsartikel, der ihm den Atem raubte: Die Stadt kündigte an, den „Schandfleck“ abreißen zu wollen. Er klopfte beim zuständigen Amt an, bekundete sein Kaufinteresse – und bekam den Hof. Über den Kaufpreis wurde Schweigen vereinbart.

Der Dortmunder Imker Ralf Schmidt (68) will den leerstehenden, teils abgebrannten Hof Schulte-Somborn wieder aufbauen. Nur wenige Gebäudeteile sind so „gut“ erhalten wie dieser Dachboden.
Der Dortmunder Imker Ralf Schmidt (68) will den leerstehenden, teils abgebrannten Hof Schulte-Somborn wieder aufbauen. Nur wenige Gebäudeteile sind so „gut“ erhalten wie dieser Dachboden. © Funke Medien NRW | Katrin Figge

Wie der Hof in Somborn später aussehen wird, das weiß Ralf Schmidt schon. „Ich habe das ganz genau vor Augen“, sagt er. „Ich weiß nur noch nicht, wie ich die Gebäude nutzen will. Was wo hin kommt. Das werden wir dann sehen.“ Genug Platz für Wohnen, Imkerei, Werkstatt und Laden ist allemal. Auch seine geliebten Gänse und Hühner nimmt er mit. Allerdings hat er bei den Arbeiten auf dem 7300qm großen Grundstück ein bisschen Zeitdruck: „Ich habe der Stadt zugesagt, ein Gebäude noch 2024 fertigzustellen.“

Gnadenhof für Fachwerkhäuser: „Kann nicht mit ansehen, wenn die abgerissen werden“

Ob Ralf Schmidt sein altes, liebgewonnenes Domizil in Sölde wirklich aufgibt und komplett nach Somborn zieht, das ist noch nicht sicher. Aber es arbeitet stark in seinem Kopf. „Je mehr ich darüber spreche und nachdenke, desto logischer wird das. Eigentlich ist es das einzig Sinnvolle.“ Auf dem neuen Hof könne er schließlich tun was er wolle. Die Flächen in Sölde dagegen sind größtenteils nur gepachtet.

Besonders reizvoll: In Somborn könnte er endlich auch die Fachwerkhäuser aufbauen, die noch als „historische Bausätze“ auf ihre Wiederauferstehung warten. Denn das ist seine wahre Leidenschaft (nachdem die für seine Bienen ein bisschen nachgelassen hat): Schmidt rettet alte Fachwerkhäuser vor der Vernichtung. „Ich kann das nicht mit ansehen, wenn die abgerissen werden. Das ist so traurig“, sagt er. Deshalb tut er alles, um ihnen ein neues Leben zu schenken. Ein Gnadenhof für Fachwerkhäuser sozusagen. Lieber wäre es ihm natürlich, wenn die Fachwerkhäuser an ihren alten Standorten restauriert und weiterbewohnt würden, sagt er. „Dass ich sie mitnehme ist nur eine Notlösung. Ich will sie ja nicht sammeln.“

Ralf Schmidt rettet historische Fachwerkhäuser, bevor sie abgerissen und entsorgt werden. Aber auf seinem jetzigen Hof in Sölde kann er nicht alle wieder aufbauen.
Ralf Schmidt rettet historische Fachwerkhäuser, bevor sie abgerissen und entsorgt werden. Aber auf seinem jetzigen Hof in Sölde kann er nicht alle wieder aufbauen. © Funke Medien NRW | Katrin Figge

Beim Rundgang durch die Somborner Brandruine macht Ralf Schmidt vor einer Stahltreppe Halt. Sie stand beim letzten Großbrand mitten in den Flammen. Anzusehen ist es ihr nicht. „Die Treppe ist für die Ewigkeit“, sagt er. Aber… eine Stahltreppe im Altbau? Sollte es nicht Stein sein? Oder Holz? So genau nimmt Ralf Schmidt das nicht. „Ich bin Pragmatiker. Original ist immer am besten, aber es muss vor allem machbar sein.“ Wenn‘s originalgetreu aussieht, tun‘s bei ihm auch OSB-Platten statt Lehm und Stroh als Gefache zwischen den Fachwerkbalken. „Sonst kostet das Millionen.“ So wird er‘s wohl auch in Somborn halten.

Will der Imker den alten Hof verlassen? „Ich würde Sölde vermissen“

Sölde zu verlassen würde ihm nicht leicht fallen, sagt der Dortmunder Imker. „Ich fühle mich da sehr wohl. Ich würde Sölde vermissen.“ Immerhin bliebe sich Ralf Schmidt beim Umzug treu: Den historischen Hof der Familie Schulze-Dellwig würde er gegen den historischen Hof Schulte-Somborn eintauschen. Denn die Leidenschaft fürs Historische – die bleibt für immer.

Zweifel am Großprojekt in Dortmund-Somborn hat Ralf Schmidt nicht. „Wir kriegen das schon hin. Wir machen das Stück für Stück“.
Zweifel am Großprojekt in Dortmund-Somborn hat Ralf Schmidt nicht. „Wir kriegen das schon hin. Wir machen das Stück für Stück“. © Funke Medien NRW | Katrin Figge