Dortmund. Ohne Weihnachtsgeschäft ist es aus! Cem Erdogdu kämpft mit eisernem Willen um seinen Unverpackt-Laden in Dortmund – und erntet dafür auch Kritik.

Cem Erdogdu schreibt sich auf Facebook den Frust von der Seele: "Dringend Kunden gesucht" heißt es in einem ellenlangen Post. Der Chef des Unverpackt-Ladens "Pur Bio Loses und Feines" an der Dortmunder Saarlandstraße mahnt: "Wenn ab sofort kein Weihnachtsgeschäft einsetzt, ist es vorbei, weil wir zahlungsunfähig sind."

Es ist nicht der erste Facebook-Post dieser Art. Der extrovertierte 53-Jährige geht gern an die Öffentlichkeit: "Anders hätten wir gar nicht überlebt", sagt er. Seine Posts auf Facebook und Instagram lockten zwar auch Hater, sagt er. "Aber die Reichweite ist viel wertvoller." Mit negativen Kommentaren muss er also leben.

Dortmunder Unverpacktladen kämpft gegen drei Krisen

Erdogdus Problem: 2018 war sein Bio-Unverpacktladen an der Saarlandstraße stark gestartet. Schon nach wenigen Monaten war der Kundenkreis so groß, dass das Geschäft genug abwarf. Aber dann kam der erste Rückschlag – Corona. Dann der nächste – Großbaustelle Saarlandstraße. Und der dritte – Ukraine.

"Seitdem haben wir nie zur alten Kundenfrequenz zurückgefunden", klagt Erdogdu. "40 Leute am Tag – das muss in einer Großstadt wie Dortmund doch drin sein!" Derzeit kommen gerade 30. Das reiche einfach nicht. Dabei lebe er auf kleinem Fuß und brauche privat nicht viel. Auch sein engagiertes Team helfe, wo es kann: "Die stehen hinter mir und kämpfen mit. Sowas habe ich noch nie erlebt", lobt er.

Kampf gegen Vorurteile: "Ihr seid teuer und kompliziert"

Der "Pur bio"-Chef schiebt es nicht nur auf die miese Kauf-Stimmung durch Corona, Baustelle und Krieg, sondern auch auf die Unwissenheit viele Menschen in Dortmund: "Ihr seid doch viel zu teuer!", meinen sie. Erdogdu kontert: "Das stimmt bei vielen Sachen einfach nicht. Da sind wir oft billiger als Bio-Ware in der Drogerie. Den Reis haben wir seit 2018 nicht erhöht, und einiges ist sogar billiger geworden." Ohnehin sei das Bio-Trockensortiment im Verhältnis zum Konventionellen noch nie so günstig gewesen, meint er. Sogar eine Preisliste hat der 53-Jährige online gestellt, um seine Argumente anschaulicher zu machen.

Warum die Kundschaft trotzdem nicht wiederkommt? Erdogdu weiß es nicht. Der letzte Facebook-Post im November 2021 sei gut gelaufen, sagt er: Das Weihnachtsgeschäft habe den Laden über die nächsten Monate gerettet. Und jetzt? "Wenn das nicht klappt, muss ich mein Team entlassen, Öffnungszeiten und Sortiment einschränken und alleine weitermachen." Zumindest so lange, bis seine Geschäftseröffnungs-Schulden abbezahlt sind. "Dann gehe ich mit Null hier raus."

Cem Erdogdu kämpft weiter: "Nie wieder Hartz IV"

Aber Cem Erdogdu will mit eisernem Willen weiter um seinen Unverpacktladen an der Saarlandstraße kämpfen: "Ich komme aus Hartz IV", sagt er. "Und da will ich nie wieder hin."

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