Dortmund. Neonazis sind am Freitag durch Dortmund gezogen. Beobachter kritisieren, dass die Polizei nicht eingeschritten ist. Die Beamten streiten das ab.
Bei zwei angemeldeten Aufmärschen von Rechtsextremisten am Freitagabend in Dortmund soll es zu dem verbotenen Abbrennen von Pyrotechnik und zu antisemitischen Äußerungen gekommen sein. Laut Polizei waren hundert Personen bei einem Aufmarsch in Dortmund-Dorstfeld unterwegs. Dieser dauerte von 19.30 bis 20.50 Uhr.
Zu einer weiteren Versammlung in Dortmund-Marten um 21 Uhr kamen 75 rechtsextreme Personen. Eine Stunde später war die Versammlung wieder beendet.
Angemeldet worden waren die Züge unter dem Motto «Gegen Polizeischikanen und Polizeiwillkür. Nach Angaben der Dortmunder Polizei bezogen sich die Anmelder der Demonstrationszüge auf das Eingreifen am 15. September. Das Grundgesetz gilt auch in Unterdorstfeld, Meinungs- und Versammlungsfreiheit schützen!»
Beobachter kritisieren Polizeieinsatz
Beobachter der Demonstrationen kritisieren am Samstagmorgen jedoch, dass die Polizei nicht mit genügend Einsatzkräften vor Ort gewesen und bei antisemitischen Parolen nicht eingeschritten sei.
So ist auf einem Twitter-Video zu sehen, wie Demonstranten mit schwarz-weiß-roten Fahnen durch Dortmund ziehen. Dabei rufen sie "Wer Deutschland liebt, ist Antisemit" und " Nationaler Sozialismus - Jetzt!"
Video zeigt Neonazis mit Pyro-Fackeln
Ein weiteres Video zeigt, wie Demonstranten offenbar ungehindert von der Polizei auf einer Garage Pyrotechnik zünden. Ein Beobachter beschwert sich darin: "Die können machen, was sie wollen. Nix passiert!"
Einige Prominente teilten dieses Video und unterstützten die Kritik. So schrieb Volker Beck, ehemaliger innenpolitischer Sprecher der Grünen, dazu: "Hallo Polizei Dortmund, haben wir hier in Dortmund rechtsfreie Räume und tolerieren rechte Parallelgesellschaften, Herbert Reul?"
Innenminister Reul steht in der Kritik
Auch andere Nutzer kritisieren Innenminister Herbert Reul. Er war am Freitagabend öffentlichkeitswirksam im Dortmunder Norden unterwegs, um mit der Polizei die Clan-Kriminalität in der Stadt zu kontrollieren.
Satiriker Jan Böhmermann macht auf Twitter mit den Worten "Guten Morgen, Armin Laschet" auf das Video aufmerksam.
Polizei verteidigt ihr Vorgehen
Nachdem sich die Polizei zunächst nicht zu Details der Demonstrationen geäußert hatte, wehrte sie sich am Samstagmittag gegen die Vorwürfe, dass sie die Aufmärsche nicht verhindert habe und zu wenig Beamte vor Ort gewesen seien. Sie habe "eine angemessene Kräfteanzahl für die Bewältigung der Versammlungslage" eingesetzt, heißt es in einer Mitteilung.
Außerdem hatte das Polizeipräsidium nach eigenen Angaben im Vorfeld den Anmeldern Auflagen gemacht. Das Oberverwaltungsgericht in Münster aber hatte den Auflagenbescheid abgelehnt. «Die Polizei Dortmund hat nach Beschreitung des Rechtsweges durch die Instanzen die Verpflichtung, im Rahmen des demokratischen Rechtsstaatsprinzips eine Versammlung nach Artikel 8 des Grundgesetzes zu ermöglichen», teilte die Behörde mit.
Strafverfahren gegen Teilnehmer eingeleitet
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Außerdem seien Aussagen und Parolen der rechten Demonstranten dokumentiert worden. Diese würden nun strafrechtlich verfolgt. Die Pyrotechnik sei wohl außerhalb der Versammlung von mutmaßlichen Sympathisanten gezündet worden. Erst hatte es seitens der Polizei geheißen, dass Teilnehmer der Demo für die Pyro-Fackeln verantwortlich waren.
"Die Polizei Dortmund wird auch weiterhin im Rahmen der ihr zur Verfügung stehenden rechtlichen Möglichkeiten die Rechtsextremisten in unserer Stadt bekämpfen", teilte der stellvertretende Polizeipräsident Walter Kemper in einer Stellungnahme mit. Ein für Samstag angemeldeter Aufmarsch wurde nach Polizei-Angaben von den Initiatoren abgesagt.
Dortmund-Dorstfeld ist ein Sammelpunkt für Nazis
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Dortmund hat eine überschaubare, aber agile Neonazi-Szene, die der Stadt über Jahrzehnte mit ein paar finsteren Auftritten den Ruf eingebrockt hat, eine Hochburg der Rechtsradikalen im Westen zu sein.
Vor allem im Stadtteil Dorstfeld markieren die Neonazis ihr Revier. Daher kämpft die Polizei mit der sogenannten „Soko Rechts“ seit drei Jahren gegen die ansässige Neonazi-Szene. (tat/dpa)