Ein Formfehler macht's möglich: Die Verbraucherzentrale rät zum Widerspruch gegen die Vereinbarung „RWE 2011”
Eigentlich gilt: Vertrag ist Vertrag. 100 000 Menschen aus dem Ruhrgebiet haben sich im Herbst 2008 entschlossen, bei RWE Westfalen-Weser-Ems den Vertrag „RWE 2011” zu unterschreiben, um sich drei Jahre lang zum Festpreis Gas liefern zu lassen. Seitdem sanken die Gaspreise unermüdlich, inzwischen zahlen die Kunden mit „RWE 2011” das Doppelte des momentan günstigen Grundpreises. „Die Leute sind sauer”, sagt Angelika Weischer von der Verbraucherzentrale. Aber: Ein kleiner Formfehler macht den RWE-Vertrag nicht länger wasserdicht – man kann die Vereinbarung widerrufen.
Seit dies bekannt wurde, stehen Ratsuchende bei der Verbraucherzentrale in der Oberen Münsterstraße Schlange: Über 100 Leute kamen allein seit Monatsanfang, um sich bei Angelika Weischer zu informieren.
Fakt ist: RWE hatte möglichen Kunden im Herbst 2008 das Angebot schriftlich unterbreitet. Per Brief geschlossene Verträge fallen unter das Fernabsatzgesetz. Der RWE-Vertrag nämlich enthielt in der Widerrufsbelehrung nur eine Postfachadresse. Rein rechtlich müsste es eine „landungsfähige Adresse” sein, also eine richtige Postanschrift. Deswegen, so rät die Verbraucherzentrale, sollten Verbraucher den Vertrag nicht kündigen (was erst nach zwei Jahren möglich wäre), sondern so schnell wie möglich den Vertrag widerrufen und Schadensersatz fordern.
Dieser könnte rückwirkend gezahlt werden, denn noch stehen zwei Gerichtsurteil aus. RWE erkennt den Formfehler nicht an. Geklagt wird zurzeit vor dem Europäischen Gerichtshof und vor dem Dortmunder Landgericht. Bis eine Entscheidung gefallen ist, tröstet RWE wütende Kunden: Man werde demnächst ein attraktives Alternativangebot vorschlagen.
Hausbesitzer wissen allerdings: Nur im Sommer, wenn sowieso kein Mensch die Heizung aufdreht, ist der Gaspreis niedrig. Zum Winter wird der Grundpreis wahrscheinlich wieder steigen. Lohnt es sich dann nicht, in dem Festpreis-Vertrag zu bleiben?
Laut Angelika Weischer sollte man auf jeden Fall aktiv werden: „Die Verbraucherzentrale Marl hat ausgerechnet, dass selbst, wenn der Gaspreis im Winter um bis zu 25 Prozent steigen würde, man immer noch günstiger käme als mit RWE 2011.”
Gerade ältere Hausbesitzer aber scheuen sich häufig, sich vom Versorger RWE zu trennen. Auch hier bietet die Verbraucherzentrale ihre Hilfe an: Anhand eines Tarifrechners können Alternativangebote geprüft werden.