Castrop-Rauxel. Das Gesundheitsministerium kritisiert eine Beerdigung mit 500 Trauergästen in Castrop-Rauxel. Stadt hält Veranstaltung nicht für rechtswidrig.
In Zeiten des Coronavirus gelten in relativ kurzer Abfolge neue Maßnahmen, Erlässe, Verordnungen. Das überfordert offenbar auch die Behörden. Dass am Donnerstag (24.4.) eine Beerdigung auf dem Friedhof in Merklinde mit 500 Trauergästen nicht untersagt wurde, brachte dem Ordnungsamt und der Polizei in Castrop-Rauxel Kritik ein. Michael Eckhardt, der in Castrop-Rauxel als Erster Beigeordneter sowohl für die Sicherheit als auch für das Friedhofswesen zuständig ist, hatte am Montag eingeräumt, dass rund um die Beerdigung etwas falsch gelaufen sei. In einem Interview mit unserer Redaktion sprach er von einer „ziemlich unglücklichen Situation“.
Die Beschränkung auf den engsten Familienkreis ist entfallen
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Für rechtswidrig hielt Eckhardt die Veranstaltung aber nicht. Vielmehr argumentierte er, dass die Zahl der Trauergäste seit dem 20. April nicht mehr ge deckelt sei. Tatsächlich heißt er in der seit 20. April gültigen Fassung der Corona-Schutz-Verordnung des Landes NRW: „Zulässig sind Erd- und Urnenbestattungen sowie Totengebete, wenn die erforderlichen Vorkehrungen zur Hygiene und zur Gewährleistung eines Mindestabstands von 1,5 Metern eingehalten werden.“
Doch so einfach hätten es sich der Beigeordnete und die Stadt nicht machen dürfen, erklärt das NRW-Gesundheitsministerium. Nur weil der Kreis der Trauergäste nicht mehr ausdrücklich auf den engsten Familienkreis beschränkt sei, habe dies „von den zuständigen Behörden nicht so verstanden werden“ können, „dass Begräbnisse von bis zu 500 Personen erlaubt werden sollten“, schreibt das Gesundheitsministerium auf Anfrage unserer Redaktion.
„Größere Menschenansammlungen sind zwingend zu vermeiden“
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Vielmehr seien größere Menschenansammlungen zwingend zu vermeiden. „Die Einhaltung des Mindestabstands muss gesichert sein. Das bringt je nach Friedhofsgröße und Gestaltung automatisch eine Personenzahlbegrenzung mit sich“, schreibt das Ministerium weiter. Für die Durchsetzung der Schutz-Verordnung sei „originär das Ordnungsamt zuständig“, heißt es einhellig vom NRW-Innenministerium und von der Kreis-Polizei. Wäre das Ordnungsamt nicht vor Ort gewesen, wäre die Durchsetzung der Verordnung Aufgabe der Polizei gewesen, „aber so lag die Zuständigkeit beim Ordnungsamt“, sagte Kreis-Polizeisprecher Andreas Wilming-Weber. Die Stadt könne die Polizei aber zur Unterstützung hinzurufen, je nachdem, wie sie die Lage bewerte, erklärte Innenministeriums-Sprecherin Leoni Möllmann. Das sei im Vorfeld der Beerdigung auch geschehen, so Michael Eckhardt. Man habe vorsorglich mit der Polizei gesprochen, weil man bereits davon ausgegangen sei, dass die Situation mit dem Ordnungsdienst allein nicht zu schaffen sei. Während der Beerdigung waren dann gut zwei Dutzend Einsatzkräfte von Polizei und Ordnungsamt vor Ort.
Polizei und Ordnungsamt schritten nicht ein
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Die schritten aber nicht ein, als auf dem Friedhof die Abstandsregelungen nicht eingehalten wurden. Weder wurde die Versammlung aufgelöst, noch stellte Polizei oder Ordnungsamt Personalien der Teilnehmer fest, um ein Bußgeld zu verhängen. In Absprache mit der Polizei vor Ort habe man darauf verzichtet, sagte Eckhardt: „Die Polizei hat deeskalierend gehandelt. Das ist schwer für uns, wenn man die Verhältnismäßigkeit betrachtet.“ Auch Kreis-Polizeisprecher Andreas Wilming-Weber bestätigt, dass es vor Ort einen Austausch gegeben hat: „Ich kann gerade aber schlecht einschätzen, was da für Absprachen getroffen worden sind“, sagte Wilming-Weber am Dienstag. Man werde den Bericht intern einfordern und besprechen, ob die Maßnahmen, die getroffen worden sind, die richtigen gewesen seien. Er ergänzte: „Alle Beteiligten müssen zukünftig dafür sorgen, dass die Hygienemaßnahmen eingehalten werden. Das ist das Maß aller Dinge.“
Dieser Artikel erschien zuerst bei den Ruhr Nachrichten.