Castrop-Rauxel. Wie konnte Castrop-Rauxel trotz Corona eine Beerdigung mit 500 Gästen zulassen? Warum Ordnungsamt und Polizei nicht eingeschritten sind.

Wie kann es bei dem grassierenden Coronavirus zu einer Trauerfeier mit etwa 500 Gästen kommen? Diese Frage stellen sich seit Donnerstagmittag viele. Zumal die Stadt seit einiger Zeit im Gespräch mit den Bestattern deutlich macht, dass man nicht mehr als zehn Trauergäste zulasse. Am Donnerstag zur selben Zeit fand nach Informationen unserer Redaktion eine Beisetzung statt - mit nur zehn Gästen, obwohl eigentlich mehr Menschen hätten Abschied vom Verstorbenen nehmen wollen.

Michael Eckhardt ist bei der Stadt Castrop-Rauxel in der Verwaltungsspitze als 1. Beigeordneter des Bürgermeisters für die Bereiche Ordnung und Sicherheit sowie Friedhofswesen zuständig. Er klärt auf, wie es zu dieser Riesen-Beerdigung am Donnerstag in Merklinde kam und warum Ordnungsdienst und Polizei nicht einschritten. „Das war eine auch aus unserer Sicht relativ unglückliche Situation“, so Eckhardt.

Personenzahl ist in aktueller NRW-Schutzverordnung nicht mehr geregelt

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Man habe von der Veranstaltung relativ früh Kenntnis bekommen und dem Bestatter klar gesagt, dass es die Beschränkung auf zehn Personen gebe. „Da ist uns mitgeteilt worden, dass wir uns darauf vorbereiten sollten, dass mehrere Hundert Personen kommen würden“, so der Beigeordnete. Das habe man vorsorglich getan: mit der Polizei gesprochen, weil man das sonst mit dem Ordnungsdienst allein nicht schaffen würde. Danach sei dann die Aufhebung der Schutzverordnung vom Land NRW gekommen, nach der die Personenzahl bei Beerdigungen nicht mehr gedeckelt ist.

Es komme einzig und allein darauf an, dass die Hygiene- und Abstandsregeln eingehalten werden. „Da müssen wir uns an die Landesregeln halten“, so Eckhardt. „Das war am Tage der Beerdigung uns und der Polizei bekannt“, erklärt er. Darum sei es schwierig gewesen, Straßensperren einzurichten - denn es durfte ja jeder zum Friedhof, wenn er sich dort an die Abstandsregeln hält. „Wir wussten, dass Leute auch aus anderen Städten anreisen würden“, so Eckhardt, da habe man auch am Morgen entsprechende Infos von anderen Polizeibehörden erhalten.

"Die Abstandsregeln sind nicht eingehalten worden. Dafür hätte man eine Hundertschaft gebraucht"

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„Größere Sinti-und-Roma-Beerdigungen haben wir ab und zu mal auf dem Friedhof in Merklinde“, so Eckhardt. Man habe also nichts anderes tun können, als die Trauergemeinde auf den Friedhof zu lassen. „Auch wenn klar ist, dass man die Abstandsregeln bei dieser Masse an Leuten nicht einhalten kann“, so Eckhardt. Nach einer Berechnung eines Lesers, der einen Leserbrief schrieb, hätte man bei den einzuhaltenden Abständen für 500 Menschen etwa ein halbes freies Fußballfeld gebraucht, um alle unterzubringen. „Es gab keine andere Möglichkeit für uns, als darauf hinzuweisen“, so Eckhardt.

Man habe keine aggressive Stimmung gespürt und viele Menschen mit Masken gesehen. Niemand habe provoziert. „Aber die Abstandsregeln sind nicht eingehalten worden“, so Eckhardt, „dafür hätte man mit einer Hundertschaft in einer Schnur die Leute vor dem Grab auseinanderziehen müssen. "Personalien festzustellen, jemanden einzeln herauszuziehen, das hätte man in Absprache mit der Polizei vor Ort nicht getan: „Die Polizei hat deeskalierend gehandelt. Das ist schwer für uns, wenn man die Verhältnismäßigkeit betrachtet.“ Solch große Beerdigungen seien selten. Wenn eine Trauerfeier mit 30, 40 Gästen auf die Stadt zukomme, könne man das sicher gut regeln. „Aber es ist auch nicht sinnvoll, das jetzt zum Anlass zu nehmen, zu sagen: Es macht jeder das, was er will“, so Eckhardt.

Dieser Artikel erschien zuerst bei den Ruhr Nachrichten.