Mit Kräuterpädagoge Werner Gahlen wurden zunächst Pflanzen gesammelt, dann ging es in die Küche des Heidhofs. Auf dem Speiseplan: Hirsch mit Wilkräutern. Die WAZ-Mitarbeiterin hat sich in die Küche gestellt und mitgekocht
Weg vom klassischen Wildbraten mit Wacholder und Lorbeeren, hin zur modernen Wildküche – das ist die Idee des ausgebildeten Kräuterpädagogen Werner Gahlen. In Kooperation mit dem Regionalverband Ruhr zeigt er uns, wofür man die Pflanzen und Kräuter am Wegesrand überhaupt nutzen kann. Als Schauplatz dient der Heidhof, dessen Forstbetrieb zur RVR Ruhr Grün gehört.
So mache ich mich also am Samstag mit rund 20 eifrigen Kräutersammlern auf den Weg, Neues über Kräuter und Pflanzen zu erfahren. Bei einem Gundermann-Wuchs hält Werner Gahlen an: „Getrockneter Gundermann wurde von den Soldaten früher als Würze für Getreidesuppen verwendet. Als die Römer unsere Region erreichten, brachten sie die Samen der ,Soldatenpetersilie’ mit zu uns.“ Kennzeichen der Pflanze ist der viereckige Stiel. Tunkt man die Blätter in Bitterschokolade, hat man nicht nur eine schöne Tischdekoration sondern auch „After Eight für Arme“, so Werner Gahlen.
Schutz vor Insektenstichen
Wenn in der Sommerzeit die Insekten zustechen, empfiehlt uns der Pflanzenkenner den Spitz- und Breitwegerich. Was ich vor dem nächsten Urlaub ab jetzt nicht vergessen darf: Blätter abpflücken, mit Weingeist oder 70-Prozentigem Alkohol drei Wochen lang stehen lassen, die Tinktur filtern und in ein Fläschchen füllen, dann passt das Mittel sogar in meine Handtasche.
Mit einem Weidenkorb voller Kräuter geht es zurück zum Heidhof. Horst Bader ist zufrieden mit den Funden. Er hat ein kleines Herbarium erstellt, in dem er jede Pflanze zum Trocknen gesammelt und mit den vorgetragenen Informationen eingetragen hat. „Das ist für unsere Kräuterküche, meine Frau kocht sehr gerne. Im Garten haben wir die üblichen Kräuter, daher können wir auch mal etwas Neues ausprobieren.“
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Werner Gahlen prüft noch, ob sich in den Korb auch keine giftige Pflanze verirrt hat – sicher ist sicher. Dann geht es ans Kochen. Während die Hartgesottenen Frikadellen aus den Fleischresten formen und die Steaks braten, stampfen die anderen Kartoffeln, oder bereiten den Salatteller vor – dessen Zutaten erscheinen mir bevor allem eines: Ungewöhnlich. Meine Aufgabe: Giersch schnibbeln für das Pesto. Aber egal wie ungewöhnlich die Zutaten auch sind: Gesund sind sie allemal. Die Bitterstoffe in den Kräutern verhindern, dass sich Fett ablagert. Werner Gahlen kennt sich auch als Kräuterkoch aus, hilft bei der Zubereitung. Auch wenn ich selbst auf diesem Gebiet eher talentfrei bin, ist es einfacher als befürchtet: Mit den erfahreneren Hobbyköchen an der Seite zaubern wir aus Pflanzen, Beilagen und dem Schmaltier – eine Hirschkuh, die noch nicht gekalbt hat – in kürzester Zeit ein außergewöhnliches Dreigänge-Menü.
Die Vorspeise ist ein Salat aus Giersch, Schafgarbe und Breitwegerich. Dann folgt das in hiesigen Wäldern geschossene Rotwild mit Kartoffelpüree, das mit Brennnesseln und Giersch gewürzt wurde. Der Nachtisch ist Minzcreme mit Mahonien-Sauerrahm-Eis.
Bilanz: Gerade das Püree hat es den Köchen angetan. Sie sind begeistert, wie gut die Zutaten harmonieren. Und ich? Ich staune, dass man nur in den Wald gehen zu braucht, um am Ende ein ganzes Menü herstellen zu können.