Bottrop. Freundschaftliche und musikalische Kontakte zum Bottroper Kammerorchester bestehen seit vielen Jahrzehnten. Franz Xanten, der 71 Jahre Kaplan in Kirchhellen war, hob den „Gesangverein Ecclesia” 1868 aus der Taufe.

Da sage noch einer, Bottrop und Kirchhellen verbinde nur eine Zwangsehe. Kontakte gab es immer schon, sogar ziemlich gute. Eine große Rolle spielte dabei die „musica sacra”, die Kirchenmusik. Mit Respekt erzählt Norbert Zimmermann von seiner alten Klavierlehrerin aus Bottrop: „Da war ich noch ein Kind, die Frau Plusch kam mit dem Fahrrad, bei Wind und Wetter”, erinnert sich der 72-Jährige, „und wenn's regnete, trug sie einen langen Kleppermantel, das weiß ich noch wie heute.” Mehrmals die Woche radelte die tatkräftige, tastengewandte Frau den im wahrsten Sinne des Wortes steinigen Weg ins Dorf; denn gleich mehrere Jungs lehrte sie die Fingerfertigkeit am Piano.

Eine gewichtige musikalische Rolle kam in Kirchhellen schon sehr früh dem Bottroper Kammerorchester zu. „1945, unmittelbar nach Kriegsende haben wir schon wieder Haydn und Schubert gesungen, das Kammerorchester begleitete uns”, lobt Zimmermann, „Urgestein” des Kirchenchores St. Johannes, „in den Kirchen der Region war dies damals so kurz nach dem Krieg einmalig.” Und wie kam das Orchester nach Kirchhellen? „Mit dem Fahrrad natürlich, gespielt haben die damals für einen Sack Kartoffeln.”

Und noch immer besteht eine enge Beziehung zwischen Kammerorchester und Kirchenchor St. Johannes. Bei Konzerten im Kirchhellener „Dom” sind die Bottroper stets ein gern gesehener Gast. Natürlich auch am kommenden Sonntag, 26. Oktober, beim großen Jubiläumskonzert aus Anlass des 140. Geburtstages. Etwa halb so alt ist das Durchschnittsalter des 55 Männer starken Chores: 70 Jahre also.

Was ein Nachwuchsproblem offenbart. „Wir haben auch jüngere Sänger, aber die Zeiten, als der Kinder- bzw. Knabenchor quasi automatisch junge, frische Stimmen lieferte, sind lange vorbei”, bedauert Zimmermann. Er selbst trällerte im Knabenchor, bevor er als Tenor in den Männerchor wechselte.

Knaben- und Männerchor sangen über Jahrzehnte sogar als Gemischter Chor. Doch in den 1950er Jahren ging die Zahl der Jungs rapide zurück. Die maximale Stärke betrug nach dem 2. Weltkrieg 45 Kinder, doch schon 1959 wurde der Kinderchor aufgelöst.

Gründer des Kirchenchores St. Johannes war Schulvikar Franz Xanten, der 71 (!) Jahre lang Kaplan an St. Johannes war, von 1826 bis 1897. Wahrscheinlich in Folge einer neuen Bewegung, die von dem 1867 entstandenen Allgemeinen Deutschen Cäcilienverein” ausging, trommelte Franz Xanten sangesfreudige Männer zusammen und hob am 19. März 1868 den „Gesangverein Ecclesia” (lat. für „Kirche”) aus der Taufe. Der Chor machte sich die Förderung liturgischer Gesänge und des Volksgesanges zur Aufgabe.

Stammlokal des Kirchenchores war lange Jahre die Gaststätte Allekotte, früher an der Ecke Burg-/Oberhofstraße. Seit 1977 proben die Sänger im Pfarrheim. Im Gemeindeleben erwiesen sich die Chormitglieder immer mal wieder als Förderer. Vom mehrfachen Orgelausbau bis zur Austattung der Kirche: Beschaffung der restlichen drei Glocken, Kauf des Kreuzweges. 1983 stiftete der Chor nicht nur das Farbfenster im unteren Turmgeschoss. Auch die Arbeiten wurden von Chormitgliedern ausgeführt. Der Entwurf stammt vom Sänger Fritz Ellinghorst, den Fenstereinbau besorgten Helmut Brauckmann und Franz Löns.

Schuberts "Abendrot" zum Finale

Beim Konzert am Sonntag, 26. Oktober, werden in St. Johannes ab 17 Uhr Werke großer Meister zu hören sein. Etwa Mozarts „Weihe des Gesangs” (aus der „Zauberflöte”), Haydns „Singt dem Herren alle Stimmen” (aus der „Schöpfung”), das „Agnus Dei” und Schuberts romantisches „Im Abendrot” zum Finale.

Mit dabei sind das Bottroper Kammerorchester, die Essener Domsingknaben unter ihrem Chorleiter, Domkapellmeister Georg Sump, die Sopranistin Elisabeth Otzisk und der Tenor Arno Bovensmann. Die Gesamtleitung hat Kantor Detlef Steinbrenner.

Der bekannte Tenor Bovensmann studierte in Essen an der Folkwang-Hochschule Gesang. Schon während seines Studiums führten ihn Engagements quer durch Deutschland und Europa. 2002 war er Solist der Eröffnungsinszenierung der Ruhrtriennale, „Deutschland, deine Lieder".

Elisabeth Otzisk wurde in Bottrop geboren. Ihre musikalischen Studien in Düsseldorf und Wien schloss sie im Jahre 2002 als Opernsängerin ab. Seither ist sie als Konzertsängerin in Nordrhein-Westfalen und in ihrer Wahlheimat Wien tätig. Seit 2002 tritt sie regelmäßig im Rahmen der Wiener Festwochen auf. In Bottrop war sie bei „Orgel plus” und bei den Bottroper Chortagen zu Gast. Sie arbeitet auch als Stimmbildnerin, im Solobereich und bei Chören in Deutschland und Österreich.