Bottrop. Beim Frühchen-Treff am Marienhospital teilen Eltern ihre Erfahrungen. Die ersten Lebenswochen verbringen die Winzlinge im Inkubator.
Krabbelnde Kleinkinder, fröhlich schwatzende Mütter: Nichts an dieser heiteren Szene beim Frühchen-Treff des Marienhospitals erinnert daran, dass diese Jungen und Mädchen als Frühgeborene einen risikoreichen Start ins Leben hatten. „Man hat einfach nur Angst”, erinnert sich Silke Große-Sender an die ersten Wochen nach der Geburt ihrer Töchter Lotta und Frida, die 650 und 730 g auf die Waage brachten und drei Monate zu früh auf die Welt kamen.
Die Zwillinge verbrachten die ersten vier Wochen ihres Lebens auf Watte gebettet im Inkubator, sorgsam abgeschirmt von der Außenwelt, die ihrem nicht stabilen Immunsystem hätte gefährlich werden können. An jedem Morgen um sechs Uhr riefen die Eltern auf der Intensivstation der Kinderklinik an: Wie war die Nacht? „So ging das Tag für Tag”, erklärt Silke Große-Sender. Aus ihren beiden Winzlingen sind in zehn Monaten zwei kräftige Babys geworden. „Sie brauchten noch nicht einmal Krankengymnastik. Es ist ein Wunder, dass sie so fit sind”, erklärt die Mutter. Die prächtige Entwicklung ihrer Töchter setze auch Kinderklinik-Chefarzt Dr. Martin Günther in Erstaunen.
Ab 1000 Gramm eine gute Chance
Dieses Glück haben nicht alle Frühgeborenen, weiß Oberarzt Dr. Oliver Hendricks. Denn ihre Organe sind noch nicht ausreichend entwickelt, sie sind nicht „reif” für die Geburt. Doch mit intensivmedizinischer Hilfe haben heute auch Neugeborene mit einem Gewicht von nur 1000g „eine sehr gute Chance” zu überleben. Der Mediziner zitiert eine Studie: Ein Drittel der Frühgeborenen, die nach 26 statt nach 40 Schwangerschafts-Wochen zur Welt kommen, wird ohne körperliche oder geistige Beeinträchtigung geboren. Ein Drittel trägt leichte, ein weiteres Drittel schwere Beeinträchtigungen davon. „Diese Kinder profitieren sehr stark von Frühförderung, Ergo- und Physiotherapie und können dadurch eine ganze Menge aufholen.”
Dr. Hendricks besucht häufig als ärztlicher Ansprechpartner den Frühchen-Treff, bei dem die Mütter ihre Erfahrungen austauschen können. „Mit Frühchen hat man andere Sorgen als mit normalen Kindern”, stellt Kinderkrankenschwester Dorothea Nagel-Liebert fest, die die Gruppe betreut. Denn Frühchen sind in ihrer Entwicklung meistens ein wenig verzögert. In einer Gruppe von gleichfalls Betroffenen „fühlt man sich als Elternteil nicht so benachteiligt,” meint die Schwester.
Im Januar hat das Marienhospital den Frühchentreff ins Leben gerufen, inzwischen hat sich eine Stammgruppe von sieben Müttern gebildet, die keines der Treffen jeweils am 3. Mittwoch im Monat verpassen. Wer sich anschließen will, ist willkommen.