Bottrop.

Eine 18-Jährige ist auf dem Bottroper Hauptbahnhof belästigt und geschlagen worden. Die Täter flohen. Deren Identifikation gestaltet sich schwierig: Denn was wie eine Überwachungskamera aussieht, muss längst keine sein.

Für die Tochter von Martin Heidemann ist das Erlebnis auf dem Bottroper Hauptbahnhof vor allem mit Schmerzen und einem Schock verbunden - für ihren Vater noch mit Wut und Ohnmacht und der großen Frage nach der Sicherheit auf Bahnhofsanlagen.

Was war geschehen? Mit Klassenkameraden kam die 18-Jährige von einem Klassenausflug des Berufskollegs zurück und wurde auf dem Hauptbahnhof beim Aussteigen aus der S-Bahn belästigt und ins Gesicht geschlagen. Mitschüler hätten Schlimmeres verhindert, sagt der Vater. Aber die junge Frau trug Schwellungen davon, ein Zahn brach ab, andere Zähne sind locker. Die Täter flüchteten durch den Tunnel in Richtung Lehmkuhler Straße. Sie zu identifizieren erschien den jungen Leute einfach, weil sie dachten, die Kameras auf dem Bahnsteig hätten ja Aufnahmen von den Tätern gemacht.

Mitnichten, erfuhren sie schon auf dem Bahnhof von Mitarbeitern der Radstation und von Polizisten, wie der Vater berichtet: Das seien nur Attrappen, dienten nur der Abschreckung. Jetzt frage er sich natürlich, so Martin Heidemann in einem Brief an den Bürgermeister, wie es um die Sicherheit der Bürger stehe.

„In Bottrop gab und gibt es keine Kameraüberwachung“

„Kann es sein, dass wir Steuerzahler und Finanzierer der Bahn und der Stadt hilflos den möglichen Angriffen von Personen ausgesetzt sind, weil aus welchen Gründen auch immer diese Kameras am Bahnhof nur Attrappen zur Abschreckung sind?“ Diese Situation sollte aber dann auch jedem Bürger bewusst sein, damit er entsprechend damit umgehen könne oder es werde umgehend Abhilfe geschaffen.

Umso erstaunter war Martin Heidemann, als er nach Recherchen der WAZ erfuhr, dass es auf dem Bahnhof gar keine Kameras gibt, weder echte noch nachgebildete. Bahnsprecher Gerhard Felser betonte, der Bottroper Hauptbahnhof sei gar kein video-überwachter Bahnhof. „In Bottrop gab und gibt es keine Kameraüberwachung.“ Auch Kameras für den internen Betrieb schließt er aus. „Es gibt auch keine internen Kameras für den Fahrdienstleiter zur Betriebsüberwachung oder dergleichen.“

Was auf den Fahrtrichtungsanzeigern montiert ist, kann - siehe Bild - schon den Eindruck erwecken, es handele sich um eine Kamera. Was zweifellos ein Gefühl der Sicherheit geben kann. Genauer hingeschaut, ist zu entdecken, dass aber alle Optik fehlt. Bahnsprecher Felser hält es für möglich, dass es sich um Funksignalempfänger für den Uhrenbetrieb oder andere Funkantennen handele.

Bottrop sei derzeit auch nicht für eine Ausweitung der Kamerastandorte vorgesehen, sagt Bahnsprecher Felser. Diese befänden sich in der Regel an großen Hauptbahnhöfen und an besonders vandalismusgefährdeten Stationen, beispielsweise an S-Bahn-Stationen im Ballungsraum.