Bottrop. Der Bottroper Rolf Kückelmann hat Deutschland schon zu zahllosen Fußballturnieren begleitet. Die WM in Katar verpasst er jedoch – Stand jetzt.
Was für tausende Deutsche zur Fußball-WM ein festes Ritual ist, ist für den Bottroper Rolf Kückelmann 2022 durchaus ungewohnt: Denn gewöhnlicherweise drückt der 66-Jährige der deutschen Nationalmannschaft nicht nur vor dem Fernseher die Daumen, sondern reist ihr regelmäßig zu den großen Turnieren hinterher. Nun verfolgt er die Spiele in der Bottroper Rathausschänke, wo wir ihn beim Auftakt gegen Japan (1:2) erstmals getroffen haben. Doch ganz ohne Reisen kann er nicht: Ein Hintertürchen hat sich Kückelmann offengelassen.
Angefangen habe alles 1966, erzählt er. „Kurz vor der WM hatten sich meine Eltern als Erste in der Familie einen Fernseher angeschafft, sodass wir die WM in England schauen konnten. Das Turnier hat mich fasziniert, auch wenn der Ausgang unrühmlich und bis heute bekannt ist“, erzählt er und spielt auf das „Wembley-Tor“ an. Im Finale zwischen Deutschland und England hatte Geoff Hurst die Briten in der Verlängerung mit 3:2 in Führung geschossen, wobei aber bis heute nicht bekannt ist, ob der Ball tatsächlich im Tor war.
![Schon im Jahr 1966 sammelte der Bottroper Rolf Kückelmann das, was viele heute als Panini-Bildchen kennen. Schon im Jahr 1966 sammelte der Bottroper Rolf Kückelmann das, was viele heute als Panini-Bildchen kennen.](https://img.sparknews.funkemedien.de/237039199/237039199_1669818580_v16_9_1200.jpeg)
England gewann letztlich mit 4:2 und wurde Weltmeister. Dennoch war es um Kückelmann geschehen. Er verfolgte jedes Deutschlandspiel am Fernseher, ehe ihm das 1972 nicht mehr reichte. Als 16-Jähriger reiste er über ein Bottroper Reisebüro zur Europameisterschaft nach Belgien. „Ein Bus sollte uns am Gleiwitzer Platz in Bottrop einsammeln und nach Antwerpen bringen. Doch der kam und kam nicht.“ Ein Alptraum, schließlich wollten Kückelmann und seine Freunde am Abend das Halbfinale gegen Belgien im Stadion verfolgen.
Weil der Fanbus nicht nach Bottrop kam: Kückelmann fährt im Taxi nach Antwerpen
Dass Kückelmann und seine Freunde dennoch in der „Hölle von Deurne“ ankamen, verdanken sie Reisebüro-Betreiber Friedrich Wilhelm Schmitt. „Als der Bus auch zehn Minuten später nicht da war, hat er uns in ein Taxi nach Antwerpen gesetzt und die Rechnung übernommen. Das war eine unglaubliche Nummer.“
Da der Busfahrer aber auch die Eintrittskarten der Reisegruppe hatte, wartete vor Ort gleich das nächste Problem. „Ich habe einem Ordner schließlich unsere Lage geschildert und er hat uns ohne Karte ins Stadion gelassen. Das wäre heutzutage undenkbar“, erzählt Kückelmann, der auch das Finale und Deutschlands Europameistertitel live in Belgien bejubelte.
In der Tat sind gerade Finaltickets über die Jahre nicht nur sehr teuer geworden, sondern auch immer schwerer zu bekommen. Da ist die Eintrittskarte zum WM-Finale 1974 in München, die Kückelmann zum Gespräch mitgebracht hat, eine absolute Rarität. 15 D-Mark sind als Eintrittspreis vermerkt. „20 Minuten vor Anpfiff kam ein Schwarzhändler zu mir und hat sie mir zum Originalpreis verkauft – weil er sie sonst nicht mehr losgeworden wäre“, sagte Kückelmann. Der Bottroper schlug zu und erlebte so Deutschland zweiten WM-Titel hautnah mit.
![Der Bottroper Rolf Kückelmann zeigt seine Eintrittskarte vom WM-Finale 1974 in München. Deutschland wurde seinerzeit zum zweiten Mal Weltmeister. Der Bottroper Rolf Kückelmann zeigt seine Eintrittskarte vom WM-Finale 1974 in München. Deutschland wurde seinerzeit zum zweiten Mal Weltmeister.](https://img.sparknews.funkemedien.de/237039197/237039197_1669815064_v16_9_1200.jpeg)
Seither sind viele historische Turniere hinzugekommen. Ob beim WM-Titel 1990 in Italien, dem EM-Titel 1996 in England, den Hooligan-Krawallen 1998 in Frankreich oder dem verlorenen EM-Finale gegen Spanien 2008 in Wien: Kückelmann war vor Ort und erlebte Höhe- und Tiefpunkte mit. Wie er das schaffte und schafft? Zum einen gründete er 1989 den Reiseclub Dortmund, wodurch er beruflich viel reiste und Kontakte knüpfte, die ihm halfen, Tickets zu beschaffen. „Außerdem konnte ich mir als Selbstständiger meine Arbeitszeit flexibel einteilen“, sagte er verschmitzt.
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![Mit seinem Tor gegen Spanien hat Niclas Füllkrug (2. von links) die deutschen Achtelfinalhoffnungen am Leben gehalten. Für das letzte Gruppenspiel gegen Costa Rica sind die Bottroper optimistisch. Mit seinem Tor gegen Spanien hat Niclas Füllkrug (2. von links) die deutschen Achtelfinalhoffnungen am Leben gehalten. Für das letzte Gruppenspiel gegen Costa Rica sind die Bottroper optimistisch.](https://img.sparknews.funkemedien.de/237035549/237035549_1669801250_v1_1_200.jpeg)
Oft verband Kückelmann seine Spielbesuche mit beruflichen Verpflichtungen. 2018 etwa, als ihn die transsibirische Eisenbahn auf dem Weg von Moskau nach Peking im russischen Kasan ausspuckte. Dort sah Kückelmann Deutschlands 0:2 gegen Südkorea mit an. Seit 1976 beim Fußball an seiner Seite: Frau Bärbel, die der Sport eigentlich nicht allzu sehr interessiert. „Wer mich heiratet, der nimmt das dazu“, sagt Kückelmann schmunzelnd.
Bottroper Kückelmann: Kommt Deutschland ins Endspiel, bin ich da
Es funktioniert bis heute, wobei die nächste Tour unter Umständen schon bald bevorsteht. Denn wie eingangs erwähnt, ganz ohne Katar-Reise kommt Kückelmann dann doch nicht aus. „Wenn Deutschland das Endspiel erreicht, dann werde ich mit einer Reisegruppe nach Doha fliegen“, kündigt er an.
Die Heim-EM 2024 steht für den 66-Jährigen ohnehin im Kalender und auch 2026 will sich Kückelmann wieder ins Flugzeug setzen. Dann steigt die Weltmeisterschaft in Mexiko, den USA und Kanada. „Ich möchte diese Reisen nicht missen. Ich hoffe, dass ich noch lange leben und viele Turniere besuchen werde.“