Bottrop. Seit 90 Jahren gibt es eine altkatholische Gemeinde in Bottrop. Am Anfang steht ein politischer Skandal kurz vor der Machtergreifung der Nazis.
Vor 90 Jahren bekommenen die Bottroper Altkatholiken ihren ersten eigenen Bezirk. Drei Jahre später,1935, wird die selbstständige Pfarrei errichtet. Eng verbunden sind die Altkatholiken seither mit der Kreuzkampkapelle. Bereits kurz nach der Ausgliederung aus der Essener Gemeinde können die Bottroper ihre Gottesdienste in der ehemaligen Krankenhauskapelle feiern. Zuvor steht für einige Zeit nur eine Baracke an der Horster Straße zur Verfügung.
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Ausschlaggebend für die Gemeindegründung ist ein politisch motivierter „Skandal“, der damals große Wellen schlägt, wie der jetzige Pfarrer Reinhard Potts berichtet. Ein Katholik, zugleich SA-Mann, soll beerdigt werden, allerdings unter Aufmarsch sämtlicher Kameraden in SA-Uniform. Unter diesen Umständen lehnt das der zuständige römisch-katholische Geistliche ab. Also fragt die Witwe bei den Altkatholiken an. Der damals zuständige altkatholische Geistliche übernimmt die Beerdigung – allerdings nicht auf dem katholischen Teil des kommunalen Friedhofs, sondern auf dem „Ketzer- und Sektiererteil“, wie es damals im Volksmund heißt. In Folge dieser Ereignisse wächst die Bottroper altkatholische Gemeinde auf rund 800 Mitglieder an.
Altkatholiken in Bottrop: Erster Gottesdienst in Krankenhauskapelle
Die Zeit in der Baracke ist rasch vorbei. Zunächst sollen Katholiken und Altkatholiken die ehemalige Krankenhauskapelle gemeinsam nutzen. Dies lehnt der damalige Pfarrer von St. Cyriakus jedoch ab. So bleibt seit dem ersten Gottesdienst am 16. Juli 1933 die Kapelle dauerhaft bei der altkatholischen Gemeinde. Die Stadt als neue Eigentümerin des nicht mehr genutzten Krankenhauses räumt den Altkatholiken später weiter Nutzungsrechte ein.
Die Gemeinde wächst inzwischen auf über 1000 Mitglieder an und erreicht mit 1350 Gläubigen 1959 ihren Höchststand. Auch als das alte Krankenhaus abgerissen wird, bleibt die Gemeinde in der Kapelle, die sie vor allem nach den Kriegsschäden aus eigener Kraft – zuweilen auch mit Unterstützung aus der Bottroper Geschäftswelt – wieder herrichtet.
Bedrohlich wird es erst, als nach Abriss der alten Gebäude um die kleine Kirche herum immer wieder Neubaupläne für den Kreuzkamp auftauchen. Als es darum geht, auch die Kapelle abzureißen, regt sich Widerstand aus der Bevölkerung. Zwar steht der Bau aus der Feder des bekannten Neugotikers Wilhelm Rincklake noch nicht unter Denkmalschutz, gilt aber nach wiederholten Anfragen bei der Denkmalpflege in Münster inzwischen als erhaltenswert.
1981 wird die Gemeinde endlich Eigentümerin von Grundstück und Kapelle
1981 übergibt das NRW-Finanzministerium als neuer Eigentümer Grundstück und Gebäude der Gemeinde, die sich im Gegenzug zu dessen Erhalt verpflichtet. Proteste und Unterschriftenlisten sowie der Einsatz der Historischen Gesellschaft haben ebenfalls Erfolg. 1983 wird die Kapelle unter Denkmalschutz gestellt. Ein kleiner Gemeindesaal für die heute 270 Mitglieder umfassende Gemeinde kann errichtet werden.
„Eine größere Renovierung steht nun an“, sagt Pfarrer Potts. Auch wenn einige Sturmschäden an Bauornamentik und Fenstern durch die Versicherung abgedeckt werden: „Die gesamten Kosten sind weiter mit gut 300.000 Euro veranschlagt“, so Potts weiter. Äußere Aufgaben, an denen die Gemeinde derzeit arbeitet.
Am Sonntag, 27. November, begehen die Altkatholiken das Jubiläum. Der altkatholische Bischof für Deutschland, Matthias Ring, mit Sitz in Bonn, feiert um 10 Uhr den Gottesdienst am Kreuzkamp.