Bottrop. Brabus erweitert sein Produktportfolio. Im Interview erklärt Constantin Buschmann, was Brabus ausmacht und wie sich der Standort Bottrop ändert.

Hell, modern, übersichtlich und vor allem ohne einen einzigen Aktenordner – so sieht das Büro von Brabus-Geschäftsführer Constantin Buschmann aus. Er ist innerhalb des Gebäudes umgezogen, nutzt nicht mehr das ehemalige Büro seines Vaters Bodo Buschmann. Und auch sonst ist bei dem Automobiltuner vieles in Bewegung. Ein neu gebautes Lager schafft Platz an anderen Stellen und bietet die Chance, die Produktionskapazitäten im Bottroper Hauptwerk zu erhöhen. Zuletzt hat das Unternehmen eine Vielzahl von Weltpremieren vorgestellt. WAZ-Redakteur Matthias Düngelhoff traf Constantin Buschmann und hat mit ihm über die Veränderungen, die neuen Wege, die Brabus beschreitet, und den „One-Second-Wow-Effect“ gesprochen.

Vor wenigen Wochen hat Brabus einen getunten Porsche vorgestellt, kurz darauf den Brabus 700 auf Basis des Rolls Royce Ghost – bisher war der Name Brabus vor allem für Mercedes-Fahrzeuge reserviert, warum diese Veränderung?

Angefangen hat es ja eigentlich schon 2015/16 mit dem Bau von Booten mit Axopar. Dann folgte in diesem Jahr das erste Brabus-Motorrad gemeinsam mit KTM. Da konnte man ja noch sagen, das sind andere Bereiche. Wir haben aber immer wieder Anfragen gehabt von Kunden, die die Brabus-Teile gern auch für andere Hersteller hätten. Wir haben das kontrovers diskutiert und haben dann als größter Tuner der Welt entschieden, uns zu öffnen. Wichtig ist dabei, dass das Produkt zu uns passt und dass es in seiner Designsprache am Ende sofort als Brabus erkennbar ist. Gleichzeitig muss es die Individualität des Kunden betonen und vor allem auch technisch funktionieren.

Constantin Buschmann beim Interview in seinem Büro am Brabus-Firmensitz in Bottrop.
Constantin Buschmann beim Interview in seinem Büro am Brabus-Firmensitz in Bottrop. © FUNKE Foto Services | Michael Korte

Haben Sie keine Sorge, dass diese Erweiterung zulasten des Verkaufs etwa von Mercedes-Modellen geht?

Auch das haben wir überlegt. Nur: Ein Großteil unserer Kunden besitzt Autos verschiedener Marken. Und dem machen wir nun ein Angebot, dass er von uns nun auch seinen Porsche oder seinen Rolls Royce bekommen kann. Unsere Kunden vertrauen uns. Umgekehrt erreichen wir so vielleicht den Porsche-Fan, der uns dadurch kennenlernt und dann Geschmack an anderen Produkten findet. Ich bin überzeugt, wenn wir uns mit anderen Marken beschäftigen, bauen wir nicht einen Mercedes weniger um.

Gerade haben Sie am Vorthbach Werk 6 fertiggestellt, warum?

Wir haben dort unsere Lagerkapazitäten gebündelt und ein Zentrallager gebaut. Als wir mit den Planungen angefangen haben, haben wir uns gesagt, dass die Kapazitäten mal nötig werden könnten. Heute sind wir froh, dass wir sie haben. So werden anderswo Kapazitäten frei. Deshalb stehen am Standort auch einige Umzüge an. Die Klassiksparte hat bereits die Hallen von Smart-Brabus übernommen. Ins bisherige Klassik-Werk zieht die Sattlerei, die mehr Platz braucht. Dadurch und durch freiwerdende Lagerräume erhöhen wir die Produktionskapazität in Werk 1.

Das bedeutet aber sicher, dass Umbauarbeiten nötig sind?

Tatsächlich sage ich immer, dass 2023 das Jahr des Matsches bei Brabus wird (lacht). Wir wollen den Standort modernisieren, auch den Ausstellungsraum. Dort planen wir eine Empfangshalle, in der die Menschen die Marke kennenlernen. Den eigentlichen Showroom verlegen wir dann in unsere Glashalle in der Mitte des Gebäudes. Wir investieren weiter in den Standort Bottrop und in den Namen Brabus. Wir sehen uns auch in Zukunft nicht anders als als Familienunternehmen. Und da verpflichten meine Geschwister und ich uns langfristig.

Das neue Werk 6 (Lager)  hat die Firma gerade erst im Gewerbegebiet auf dem Eigen fertiggestellt, dahinter ist Werk 5 zu sehen.
Das neue Werk 6 (Lager) hat die Firma gerade erst im Gewerbegebiet auf dem Eigen fertiggestellt, dahinter ist Werk 5 zu sehen. © FUNKE Foto Services | Michael Korte

Das ist ein beachtliches Tempo, mit dem sich Brabus entwickelt hat, seit sie als Geschäftsführer übernommen haben.

Als ich vor vier Jahren angetreten bin, war ich ja nicht neu in dem Unternehmen. Und jeder wusste also auch, dass ich pro Digitalisierung, pro Professionalisierung und pro Modernisierung bin. Das zeigt sich heute beispielsweise so, dass wir auch unsere Fertigung weitgehend digitalisiert haben. Jeder Mitarbeiter hat ein Tablet, darin sind sämtliche Informationen und Pläne zu den Fahrzeugen abgelegt. Die Produktion läuft heute datengesteuert in Echtzeit. Wir haben so keine Papierberge mehr, es bietet mehr Sicherheit und mehr Transparenz. Dazu macht es uns schneller. Und Speed ist ein wesentlicher Faktor für uns. Wir müssen schnell reagieren und unsere Produkte schnell dem Kunden anbieten. Die Dynamik, die aktuell bei uns herrscht, hat sich im Digitalen entwickelt.

Die Dynamik führte ja so weit, dass sie mit dem Brabus Crawler ein komplett selbst entwickeltes Fahrzeug – wenn auch ohne Straßenzulassung – auf den Markt gebracht haben. Ist das die Brabus-Zukunft?

Das ist tatsächlich eine weitere Expansion unseres Produktportfolios. Wir haben 15 Stück dieser am Buggy orientierten Fahrzeuge gebaut. (Preis: 990.000 Euro, Anm. d. Redaktion). Es hat viel Spaß gemacht, sich mit den Details zu beschäftigen und Dinge zu entwickeln, die uns künftig vielleicht bei anderen Produkten weiter bringen. Wir haben ganz viele neue Idee, wir sind stark in Bewegung. Und das ist auch gut so. Eine Marke muss in Bewegung sein, man muss Dinge ausprobieren. Klar kann immer was schief gehen, das kann passieren und das kann sicher auch uns passieren.

Wo ist denn die Grenze bei der Marke Brabus?

Kern der Marke ist der One-Second-Wow-Effect. Das bedeutet, der Kunde hat eine Sekunde Zeit, das Produkt zu sehen und zu erkennen. In der Sekunde muss dann bei ihm das Bedürfnis einsetzen, es haben zu wollen. Dazu kommen für uns maximale Qualität und maximale Produktleistung. Unsere Reihe Masterpieces (Meisterstücke, Anm. d. Red.) etwa sind mit allem ausgestattet, was es gibt und was möglich ist. Es sind absolute High-End-Fahrzeuge aus Bottrop. Dazu kommt die Exklusivität: Brabus-Fahrzeuge gibt es bis heute ganz bewusst nicht im Leasing. Dieser Effekt funktioniert nicht nur bei Autos, sondern eben auch bei Motorrädern, Booten und auch bei Uhren. Mit unserem Partner Panerei haben wir auch Brabus-Uhren entwickelt. Wir verkaufen schon lange kein tiefer, schneller breiter mehr, sondern eine Mobilindividualität.

Die Submersible S Brabus Black Ops, die Uhr kostet 42.000 Euro.
Die Submersible S Brabus Black Ops, die Uhr kostet 42.000 Euro. © FUNKE Foto Services | Michael Korte

Trotzdem wird Brabus vor allem mit Autos in Verbindung gebracht und da oftmals mit Hochleistungsverbrennungsmotoren. Ernten Sie auch Widerspruch für ihre Produkte?

Es gibt mit Sicherheit Menschen, die mit dem, was wir herstellen, nichts anfangen können. Aber auch unser Markt ändert sich. Mit dem elektrischen Porsche Taycan und den Elektrofahrzeugen von Mercedes-Benz befassen wir uns auch, bieten dafür ebenfalls Umbausätze an. Es gibt da eine Entwicklung und es ist nachgefragt. Aber letztlich sind wir als Tuner auf die Basis-Fahrzeuge der Hersteller angewiesen.

Sie treten nach außen stark als Gesicht der Marke Brabus auf, sind als Constantin Brabus stark in den sozialen Netzwerken aktiv, warum?

Das ist eine spannende Entwicklung, die ist 2018 entstanden, als mein Vater plötzlich verstarb. Da gab es die Notwendigkeit, offen mir Kunden, Partnern und Fans zu kommunizieren. Und damals haben wir uns zusammengesetzt und überlegt, wie das am besten geht. Welche Entwicklung das genommen hat, hat uns teilweise selbst überrascht.

Hat sich ihr Job dadurch nicht sehr verändert?

Ja, die Medienarbeit für unsere eigenen Kanäle ist schon umfangreich. Aber je professioneller wir das machen, umso weniger Arbeit wird es. Wir haben beispielsweise regelmäßige Redaktionssitzungen, in denen wir planen, was interessant sein könnte. Außerdem haben wir dienstags und sonntags feste Sendetermine auf Youtube. Gleichzeitig zeigen wir aber nur das, was hier wirklich passiert und wollen es authentisch halten. Nichts ist eigens inszeniert. Der Effekt ist eben, dass wir dadurch unsere Partner erreichen, genauso unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, daraus entstehen tolle Gespräche und Ideen, die ich sonst nicht hätte. Wichtig bei all dem ist aber: Ich vertrete nicht nur mich selber, ich vertrete eine Marke. Und es geht uns auch darum, nicht nur mich, sondern auch andere Köpfe hinter der Marke zu zeigen. Und das gelingt uns immer besser.