Bottrop. Klar, können Vermieter auch Mieten vereinbaren, die unter der Vergleichsmiete im Bottroper Mietspiegel liegen. Was sie dann aber wissen sollten.

„Betreff: Mietreduzierung - Aktuell leben wir in schwierigen Zeiten. Da heißt es in meinem Verständnis zusammenhalten und sich gegenseitig helfen. Als langjährige Mieter seid ihr mir sehr wichtig und wertvoll. Darum werde ich bis zum Jahresende eure Miete um je 100 € pro Monat reduzieren, als kleiner Beitrag für eure finanziellen Belastungen rund um eure Familien. Diese Reduzierung greift ab 01.08.2022 und endet erstmal am 31.12.2022.“

Dieses Schreiben an zwei Familien irgendwo in NRW, das gerade auf Facebook geteilt wird, könnte so ähnlich auch von einem Vermieter in Bottrop stammen. „Ich möchte die Mieten freiwillig etwas senken. Mir geht es gut und ich bin ja kein Miethai“, sagte zum Beispiel Peter J. zur WAZ. Ihm sei es gerade jetzt wichtiger, gute und solide Mieterinnen und Mieter zu behalten als die höchstmögliche Miete zu verlangen. „Die Leute müssen überall mehr bezahlen, da will ich ihnen wenigstens etwas ihrer finanziellen Belastung nehmen“, sagt der Bottroper. Er fragt sich allerdings, ob und wie weit er eigentlich von der ortsüblichen Vergleichsmiete im Mietspiegel abweichen dürfe.

Bei Neuvermietungen ist niemand an den Mietspiegel gebunden

Selbstverständlich könne der Bottroper Vermieter die Mieten senken, macht Markus Kruse klar. Bei einer Neuvermietung sei in Bottrop ohnehin niemand an den Mietspiegel gebunden. Eine Mietpreisbremse gebe es in der Stadt ja nicht. „Hier können Mieter und Vermieter bis zur Grenze des Paragrafen fünf im Wirtschaftsstrafgesetz und der Grenze der Sittenwidrigkeit jede Miete vereinbaren“, erklärt der Geschäftsführer des Bottroper Haus & Grund-Vereins.

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Im Wirtschaftsstrafgesetz ist geregelt, dass Vermieter ordnungswidrig handeln, wenn sie unter Ausnutzung eines geringen Wohnungsangebotes überhöhte Mieten verlangen. Als unangemessen hoch gelten danach Mieten, wenn sie die üblichen Mieten für vergleichbare Wohnungen um mehr als 20 Prozent übersteigen. Derartig Fälle seien allerdings weder ihm in seiner 15-jährigen Tätigkeit als Haus & Grund-Geschäftsführer noch seinen Kollegen, die er danach fragte, jemals bekannt geworden.

Nur dann haben Mieterinnen und Mieter Chancen auf geringere Mieten

Der Mietspiegel spiele in Städten ohne Mietpreisbremse wie Bottrop ausschließlich dann eine Rolle, wenn die Miete in laufenden Mietverhältnissen angepasst werden solle. Dann diene der Mietspiegel dazu, die ortsübliche Miete festzustellen, auf welche die Mieterhöhung erfolgen könne. Ersatzweise könne die übliche Miete auch per Gutachten bestimmt oder anhand von vier Vergleichswohnungen benannt werden. Das sei aber wenig praktikabel. Erfahrungsgemäß deckten sich solche Ergebnisse ohnehin mit den Vorgaben des Mietspiegels, erläuterte der Haus & Grund-Geschäftsführer.

Ein Mietvertrag für nicht preisgebundenen Wohnraum: Wer eine Miete verlangt, die weniger as 66 Prozent der marktüblichen Miete beträgt, muss steuerliche Nachteile befürchten, erklärt der Bottroper Haus & Grund-Verein.
Ein Mietvertrag für nicht preisgebundenen Wohnraum: Wer eine Miete verlangt, die weniger as 66 Prozent der marktüblichen Miete beträgt, muss steuerliche Nachteile befürchten, erklärt der Bottroper Haus & Grund-Verein. © FUNKE / Foto Services | Gerd Wallhorn

Bei der Bestimmung der Neumiete sei der Markt dagegen weitestgehend frei, erklärte Kruse. Mieter hätten keine Chance, die Mieten abzusenken - außer eben durch freiwilliges Entgegenkommen des Vermieters. Der Haus & Grund-Geschäftsführer betont deshalb: „Auch nach unten sind dem Mietpreis im Rahmen einer Neuvermietung keine Grenzen gesetzt.“ Wer aber eine Miete verlange, die weniger als 66 Prozent der marktüblichen Miete beträgt, müsse im Normalfall steuerliche Nachteile befürchten; egal ob die Wohnung an Angehörige oder Fremde vermietet sei. „Im Ergebnis wird hier der sozial denkende Vermieter bestraft“, hält Markus Kruse fest. Denn Werbungskosten könne der Vermietende bei einer günstigen Vermietung nur in begrenzter Höhe geltend machen.

Finanzamt will Nachweise für gewinnbringende Vermietung

Diese 66 Prozent-Grenze habe der Gesetzgeber inzwischen auf 50 Prozent abgesenkt. Demnach erkenne das Finanzamt Werbungskosten aus Vermietung und Verpachtung auch dann in voller Höhe an, wenn die Miete nur die Hälfte der ortsüblichen Vergleichsmiete betrage. Der Vermieter müsse in solchen Fällen aber eine sogenannte Totalüberschussprognose vorlegen und nachweisen, dass insgesamt betrachtet ein Überschuss aus der Vermietung erzielt werden kann.