Bottrop. Was ist die Kunst in Besitz der Stadt wert, fragt Bottrops FDP. Im Streit um einen Kunstkauf auf Eis sprechen die Liberalen von Fantasiepreisen.
Welchen Wert hat der Kunstbesitz der Stadt? Die FDP will das genauer wissen und fordert dazu auch, das Magazin des Museums Quadrat durch einen unabhängigen Sachverständigen bewerten zu lassen. Die Liberalen werfen die Fragen auf, was die Kunstwerke heute wert sind, welche Wertentwicklung sie genommen haben und was das Museum bei seinen Ankäufen dafür bezahlt hat. „Die Stadt muss ja ihr Vermögen im Haushalt angeben. Kunstvermögen in dessen aktueller Bewertung gehört sicher auch dazu“, meint FDP-Vorsitzender Andreas Mersch. Auch bei dem umstrittenen Kauf von Werken des Künstlers Hubert Kiecol fordern die Liberalen eine Werteinschätzung durch einen unabhängigen Sachverständigen.
Der Kauf liegt aber ohnehin erst einmal auf Eis. Kulturdezernent Jochen Brunnhofer hat den Kaufvertrag nach WAZ-Information zurückgestellt. Denn Linke-Ratsherr Sven Hermens, der mit einer umstrittenen Aktion gegen die Ausgabe von 30.000 Euro für die Arbeiten Kiecols protestierte, durfte im Kulturausschuss nicht dazu reden und sieht deshalb seine Rechte als Ratsherr verletzt. Kulturausschussvorsitzende Andrea Swoboda habe ihm mit dem Hinweis, dass er nur Gast in dem Gremium sei, zweimal das Wort verweigert, berichtete Hermens auch an Verwaltungschef Bernd Tischler.
Ratsherr der Bottroper Linken sieht seine Rechte verletzt
Der Linke-Ratsherr verweist in seiner Kritik des Vorfalls auf die Gemeindeordnung. Darin heißt es in Paragraf 58: Wird in einer Ausschusssitzung ein Antrag beraten, den ein Ratsmitglied gestellt hat, das dem Ausschuss nicht angehört, so kann es sich an der Beratung beteiligen. Hermens fordert daher, über den Kauf der Arbeiten Hubert Kiecols neu zu beraten. Kulturdezernent Brunnhofer bat der Ratsherr inzwischen um eine zeitnahe Einschätzung des Vorfalls. Er hofft zwar auf eine Einigung, andernfalls wolle er aber fristgerecht rechtliche Schritte einleiten, um seine Rechte als Ratsherr wahren zu können, kündigte der Linke an.
Die Liberalen gehen deutlich auf Distanz zu der Aktion der Linken, bei der Sven Hermens eigene Zeichnungen anfertigte und sie dem Museum als Geschenk anbot, damit es auf den aus seiner Sicht zu teuren Kunstkauf verzichten könne. So will das Museum für insgesamt 30.000 Euro zwei Zeichnungen Hubert Kiecols kaufen. Im Gegenzug schenkt der Künstler dem Museum zwei Blätter. Somit hätte das Museum die Gruppe der insgesamt vier aus dem Jahr 1989 stammenden Arbeiten unter dem Titel „Zahnräder“ komplett.
Bottroper FDP zweifelt Preise für Hubert Kiecols „Zahnräder“ an
Es gehe den Liberalen nicht darum, künstlerische Leistungen infrage zu stellen und herabzuwürdigen, stellt FDP-Vorsitzender Andreas Mersch klar. Wie die Linkspartei sieht auch die FDP den Deal kritisch. „Uns treibt die Frage um, wer eigentlich in Bottrop beurteilt, wie viel Geld die Kommune bereit ist, für einzelne Kunstobjekte auszugeben“, sagte der Liberale zur WAZ. Die FDP möchte Auskunft darüber erhalten, welcher Preis jeweils angemessen sei und nach welchen Kriterien eine solche Bewertung überhaupt erfolgt.
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Für die vier Arbeiten von Hubert Kiecol etwa wurde ein Gesamtwert in sechsstelliger Höhe kolportiert. Dass der Künstler diese für 30.000 Euro dem Museum überlassen werde, weckt allerdings starke Zweifel bei den Liberalen. „Uns überrascht, dass offenbar niemand stutzig geworden ist, warum der Stadt ein solcher Nachlass im Preis gewährt wird“, sagte Andreas Mersch. Letztlich sei die Preisfrage Verhandlungssache zwischen dem Künstler und Museumsleiter Liesbrock gewesen, heißt es. Die FDP hält den Museumsleiter allerdings nicht für unabhängig genug und fordert daher, eine zweite Meinung eines unabhängigen Sachverständigen einzuholen.
Blindes Vertrauen ist nicht Sache der Bottroper Liberalen
„Ich möchte darauf hinweisen, dass es sich ja nicht um das Privatvermögen von Herrn Dr. Liesbrock handelt, sondern um öffentliche Gelder“, betont FDP-Vorsitzender Mersch. Blindes Vertrauen in dessen Expertise sei daher unangemessen. Wie die Linkspartei haben sich auch die Liberalen am Kunstmarkt ein wenig umgehört und dazu die Webseiten einiger Galerien besucht. „Keines der da aufgeführten Werke von Hubert Kiecol kommt auch nur in die Nähe eines sechsstelligen Wertes. Die Preise bewegen sich vielmehr im drei- bis vierstelligen Bereich“, erklärt Andreas Mersch. „Wir kommen daher zu dem Schluss, dass ein sechsstelliger Preis ein Fantasiepreis ist und selbst 30.000 Euro nur schwer zu glauben sind“, bekräftigte der Liberale in einem WAZ-Gespräch.