Bottrop. Ratsherr Sven Hermens wollte den Bottroper Kulturausschuss auf die Rolle nehmen. Doch er durfte nicht reden – und zettelt einen Rechtsstreit an.
Inspirierend sind die Kunstwerke des Bildhauers und Zeichners Hubert Kiecol. Der Bottroper Ratsherr Sven Hermens zum Beispiel fühlt sich von dessen Arbeiten angesprochen. Das gibt er dem Bottroper Kulturausschuss auch schriftlich. Dass die Stadt aber jetzt zwei Werke des Professors an der Düsseldorfer Kunstakademie für die Kunstsammlung des Josef-Albers-Museums kaufen will, gefällt dem Linken nicht. Aus Protest gegen den Kauf leistete der Ratsherr sich gezielt eine Provokation und löst damit hinter den Kulissen ein Hin und Her mit der Verwaltung aus. Hermens fühlt sich nämlich in seinen Rechten als Ratsherr verletzt.
Den Kauf der zwei Blätter des Bildhauers lässt sich die Stadt 20.000 Euro kosten. Weitere 10.000 Euro gibt der Museumsverein des Josef-Albers-Museums dazu. „Das Museum kauft zwei Blätter zum Vorzugspreis von 30.000 Euro, der deutlich unter dem heutigen Marktwert liegt“, erklärte Kulturdezernent Jochen Brunnhofer hinter für die Bürger verschlossenen Türen im Kulturausschuss. Im Gegenzug schenkt Hubert Kiecol dem Museum zwei weitere Blätter. Somit hat das Museum die Gruppe der insgesamt vier aus dem Jahr 1989 stammenden Arbeiten unter dem Titel „Zahnräder“ komplett.
Künstler Hubert Kiecol schenkt der Stadt zwei Arbeiten
Dass die Stadt von Künstlern regelmäßig Werke aus deren Ausstellungen im Museumszentrum Quadrat kauft, ist seit mehr als vier Jahrzehnten üblich. Wie jetzt ergänzten die Künstler oft auch mit Schenkungen die Sammlung der Stadt. Hubert Kiecol hatte seine Ausstellung 2016 unter dem Titel „Weiss Glas Schwarz Rot“ in der Modernen Galerie im Quadrat eröffnet. Kulturdezernent Brunnhofer bezeichnet den Bildhauer und Zeichner als einen Universalisten. Die oft großformatige Zeichnungen und Drucke Kiecols ließen an die Gestirne und das Firmament denken. Auch für die künftigen Blätter für die Bottroper Sammlung seien die bei Kiecol oft zu findende Sparsamkeit der Form und Zurückhaltung des Ausdrucks kennzeichnend.
Die Mehrheit der Ratsvertreterinnen und Ratsvertreter im Kulturausschuss gab ihr Okay für den Kauf. Daran änderte auch Ratsherr Sven Hermens mit seiner Provokation nichts. Der Linke hatte nicht nur ganz formell beantragt, die Arbeiten des gebürtigen Bremer Künstlers nicht zu kaufen. Dafür werde er dann der Stadt seine eigenen Zeichnungen schenken. Denn Hermens fertigte selbst Arbeiten an. Um den Einsatz der Linken für die Wiedereinführung des Bottrop-Passes für sozial Benachteiligte zu unterstreichen, verpasste er ihnen den Titel „Bottrop-Pass: Einen Zahn zulegen“. Seine Zeichnungen ähneln denen Kiecols – bis auf einen Zahnradzacken, der weit hervorsteht.
Bottroper Linker nimmt Kulturausschuss auf die Rolle
Provozierend spricht der Ratsherr von Copy-Paste-Ismus als Kunstrichtung, äfft die kurze Würdigung Kiecols nach und überträgt sie karikierend auf sich. „Statt für ein paar zackige Kreise aus den 1980er-Jahren 30.000 Euro auszugeben“, würdigt er die Arbeiten Kiecols herab, solle die Stadt das Geld lieber in den Bottrop-Pass investieren. Er habe doch wohl „mindestens gleichwertig beeindruckende Kunstwerke“ erstellt und dafür keine fünf Minuten gebraucht. Er werde „die von Hubert Kiecol inspirierten Formen“ jedenfalls kostenlos dem Museum Quadrat überlassen, provoziert der Linke-Ratsherr.
Hermens hat diesen Antrag ganz offiziell gestellt. Auch die satirische Begründung liegt schriftlich vor. Hermens wollte sein Vorgehen aber im Kulturausschuss auch mündlich begründen und kündigte daher kurz vor der Sitzung an, dass er dazu sein Rederecht als Ratsherr ausüben möchte. Die von Kulturdezernent Jochen Brunnhofer entsprechend beratene Kulturausschussvorsitzende Andrea Swoboda ließ ihn aber nicht reden.
Ratsherr fordert Verwaltungschef zum Einschreiten auf
Darin sieht der Ratsherr einen Rechtsverstoß. Hermens beruft sich auf die Gemeindeordnung, wonach ihm das Rederecht zustehe. So heißt es in § 58: „Wird in einer Ausschusssitzung ein Antrag beraten, den ein Ratsmitglied gestellt hat, das dem Ausschuss nicht angehört, so kann es sich an der Beratung beteiligen.“ Das alles sei im Streit um den Kunstkauf der Fall. Sven Hermens hat daher prompt auch Oberbürgermeister Bernd Tischler informiert. Der Linke-Ratsherr bittet den Verwaltungschef ganz offiziell, den Beschluss des Kulturausschusses auszusetzen und den Kunstkauf vorerst zu stoppen.