Bottrop. Die Verträge für den Neustart der Innovation-City-Gesellschaft sind unterzeichnet. Alles hängt nun von Bottrop ab. Es geht um Geld und gute Jobs.
Die Innovation City-Managementgesellschaft (ICM) bekommt eine Finanzspritze über mehrere Millionen Euro. Um die 2,5 Millionen Euro lässt sich allein die Greenzero-Beteiligungsgesellschaft des Umweltaktivisten Dirk Gratzel den Einstieg in die Bottroper Beratungsfirma kosten. Weitere 361.000 Euro müsste die Stadt beisteuern.
Denn die Managementgesellschaft, die maßgeblich mit hinter dem Erfolg des Bottroper Innovation City-Klimaschutzmodellprojektes steckt, steht vor einem Umbruch. Die Startup-Firma Greenzero hat die Mehrheit an der Bottroper Dienstleisterin übernommen. Die Verträge sind unterzeichnet. Sie stehen aber unter dem Vorbehalt der Zustimmung Bottrops. Die nahe Zukunft der Innovation-City-Managementgesellschaft steht oder fällt mit der Entscheidung des Bottroper Rates.
Innovation City habe Bottrop enorm voran gebracht, setzt sich OB Bernd Tischler für das weitere Engagement der Stadt in der Innovation City-Managementgesellschaft ein. „Der Weg Bottrops von der letzten deutschen Steinkohle-Stadt zur Modellstadt für Klimaschutz und Energie-Effizienz ist einmalig“, sagte Tischler. Bottrop habe dabei national wie international auch enorm an Ansehen gewonnen.
Es sei gelungen, den CO2-Ausstoß in einem großen Stadtgebiet einer Industriestadt zu halbieren. „Der Rat hat sich Ende 2020 dazu bekannt: Wir wollen diesen erfolgreichen Prozess fortführen“, betonte der OB. Deshalb treibe die Stadt ja jetzt die klimafreundlichen Erneuerungen in Fuhlenbrock und Vonderort sowie später in Richtung Kirchhellen voran. „Wir wollen zeigen, dass wir unsere Vorreiterrolle behalten“, unterstrich Tischler. Das weitere Engagement der Stadt als Miteigentümerin in der Innovation City-Managementgesellschaft gehört für ihn dazu.
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Beraterfirma mietet sich für zehn Jahre in Bottrop-Mitte ein
Denn bei der Entscheidung geht es außer um Geld auch um qualifizierte Arbeitsplätze in Bottrop. Die Firma hat die Zahl ihrer Mitarbeiter von acht beim Start des Klimaschutzmodellprojektes vor mehr als zehn Jahren auf inzwischen 43 ausgeweitet. Das Unternehmen will mindestens eine weitere Dekade in Bottrop bleiben und von der Stadtmitte aus seine Beratungsdienste beim klimagerechten Stadtumbau auch anderen anbieten.
Der Mietvertrag über die neuen Büros im Bauknecht-Quartier am Gleiwitzer Platz läuft mit Option auf zusätzliche Büroflächen über zehn Jahre, berichtet ICM-Geschäftsführer Burkard Drescher, der seinen Vertrag zum Ende des Jahres um zwei weitere Jahre verlängern will. „Das ist ein starkes Bekenntnis der Firma zu Bottrop“, ordnet OB Tischler den Umzug der Beratungsgesellschaft in den Stadtkern ein.
Burkard Drescher sieht eine große Nachfrage nach Klimaschutz-Beratungsleistungen. „Es macht Sinn, unsere Gesellschaft weiterzuführen“, unterstreicht er. ICM habe Aufträge aus ganz Deutschland. Neben Städten gehören auch große Firmen wie die Wohnungsunternehmen Vivawest oder LEG zu den Kunden. „Ich glaube, spätestens ab dem nächsten Jahr werden wir einen Ertrag ausschütten“, sagte der Geschäftsführer. Dabei stand die Firma eigentlich schon vor dem Aus. Denn der Initiativkreis Ruhr als wichtigster Innovation City-Förderer wollte das Klimaschutzprojekt und damit auch das Engagement der Managementgesellschaft ursprünglich nach Ablauf der vereinbarten zehn Jahre komplett beenden, berichtet Drescher.
Zehn Millionen Euro aus der Wirtschaft flossen nach Bottrop
Mehr als zehn Millionen Euro an Unterstützungsgeldern hatten die im Initiativkreis engagierten Wirtschaftsunternehmen laut Drescher über die zehn Projektjahre in die Bottroper Beratungsfirma gesteckt, damit sie Personal und Klimaschutzprojekte auch finanzieren konnte. Diese Aufgabe fällt nun den künftigen Eigentümerinnen allein zu.
- Lesen Sie hier den Kommentar:Das ist Bottrop seiner Innovation City schuldig
Dabei gibt auch der Initiativkreis sein Engagement nicht komplett auf, sondern verringert seine Anteile von bisher 61 auf 16 Prozent. Auch die anderen Gesellschafterinnen bleiben mit teils geringeren Anteilen bei der Stange, geht aus den Papieren der Stadt hervor. Neu dabei ist neben dem Startup Greenzero, an dem wiederum Haniel mit 20 Prozent beteiligt ist, auch das wohl größte Berliner Facility-Unternehmen Gegenbauer.
Auch SPD-Wirtschaftssprecher Frank Beicht hält ein flammendes Plädoyer für das weitere Engagement Bottrops in der Firma. „Das Innovation-City-Projekt ist untrennbar mit Bottrop verbunden und eine echte Erfolgsgeschichte“, sagte der Ratsherr. Weitere Erfolge sollten folgen, denn: „Wir haben ja das Ziel, in ganz Bottrop Klimaneutralität herzustellen. Dazu braucht man Experten. Diese hat die Innovation-City-Managementgesellschaft zu bieten“, sagte Beicht. Außerdem zahle die Beratungsgesellschaft, die mit dem Klimawandel an einem der Zukunftsthemen überhaupt arbeite, ja auch Gewerbesteuern in Bottrop. Beicht weiß da die SPD als größte Partei im Rat hinter sich.
Bottroper CDU hat wegen Einsatz von Steuergeldern Bedenken
Bedenken kommen allerdings von der CDU. Die großen Leistungen der Innovation-City-Firma für Bottrop sei unbestreitbar, meint Fraktionschef Hermann Hirschfelder, der aber Fragen aufwirft: „Soll, darf, muss sich die Stadt jetzt tatsächlich gewerblich daran beteiligen? Sollen wir fast 400.000 Euro investieren, um einen Anteil an einem möglichen Gewinn zu bekommen?“
Den Ratsherrn macht nachdenklich, dass die Stadt mit einem zehnprozentigen Anteil nur einen geringen Einfluss auf Entscheidungen über künftige Ausrichtungen der Gesellschaft habe. Er sieht auch das grundsätzlich ja immer bestehende wirtschaftliche Risiko, dass der Stadt ihr finanzielles Engagement aus Steuergeldern womöglich Verlust einbringen könnte – anders als bei der möglichen neuen Beteiligung der Stadt am Flugplatz Schwarze Heide, bei der die bisherige Pflicht zur Verlustabdeckung für sie von vornherein ausgeschlossen wird.
Die Anteilseigner
Neue Besitzer der Innovation City-Management-Gesellschaft werden nach den jetzigen Plänen die Greenzero-Beteiligungsgesellschaft mbH mit 51 Prozent und die Gegenbauer Holding SE & Co. KG, Berlin mit acht Prozent der Anteile am Stammkapital.Zu den weiteren auch vorher schon aktiven Gesellschaftern gehören: der Initiativkreis Ruhr mit 16 Prozent, Betrem Emscherbrennstoffe GmbH mit zehn Prozent, die Stadt Bottrop mit zehn Prozent, die RAG Montanimmobilien GmbH mit 2,6 Prozent und die Agiplan GmbH mit 2,4 Prozent der Anteile.