Bottrop. Anzügliche Kommentare, Hinterherpfeifen: Sexuelle Belästigung ist ein alltägliches Problem. So bunt wehren sich Aktivistinnen in Bottrop dagegen.

Katharina (26) kennt es aus ihrem Alltag. Dass ihr hinterhergepfiffen wird. Dass Schnurrgeräusche gemacht werden. Dass ihr zwei Männer im Vorbeigehen „Bock auf f*“ zurufen. „Und ich habe Freundinnen, die das noch viel mehr abbekommen. Egal ob sie joggen, Rad fahren oder spazieren gehen.“ Catcalling nennt man solch eine verbale sexuelle Belästigung in der Öffentlichkeit, und in Bottrop soll diese jetzt im wahrsten Sinne des Wortes angekreidet werden.

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Das geht so: Die Studentinnen Katharina und Kim (25), ehemalige Praktikantinnen im Frauenzentrum Courage, haben mit Unterstützung der Beratungsstelle die Gruppe Catcalls of Bottrop gegründet. Die Aktivistinnen sammeln per E-Mail und Direktnachricht unter ihrem Instagram-Account @catcallsofbottrop Erfahrungen mit Catcalling, das auch aus anzüglichen Gesten bestehen kann. Den geschilderten Wortlaut oder die Situation zeichnen sie anonymisiert mit Straßenkreide an dem Ort auf, an dem die Belästigung geschehen ist. Ein Foto davon wird auf Instagram veröffentlicht.

Ankreiden von Catcalling ist an öffentlichen Plätzen in Bottrop möglich

Das Ankreiden ist an öffentlichen Plätzen ohne Probleme möglich, schließlich wird spätestens der nächste Regenguss die Botschaft wieder wegspülen. „Wir könnten aber zum Beispiel nicht auf einen Schulhof gehen, selbst wenn es dort passiert ist“, erklärt Sozialarbeit-Studentin Kim.

Den beiden jungen Frauen ist wichtig, ein Problembewusstsein in der Gesellschaft zu schaffen. Denn mancher mag es vielleicht denken, aber definitiv sei Catcalling nicht mit Komplimenten gleichzusetzen: „Es löst Unwohlsein aus, man fühlt sich herabgewürdigt, das geschieht nicht auf Augenhöhe. Vielmehr wird Macht demonstriert. Die Männer zeigen: Ich kann dir hinterherrufen, es hat keine Konsequenzen für mich“, sagt Katharina.

Manchmal geht Catcalling einher mit Beleidigungen, „dann ist es strafbar“. In den meisten Fällen aber eben nicht - und wirkt es auf die Mädchen und Frauen auch noch so bedrohlich.

Bottroper Aktivistinnen: Catcalling betrifft nicht nur Frauen

Wobei Kim und Katharina ganz klar sagen: Es geht nicht nur um Belästigungen von Frauen. „Jeder kann von Belästigung betroffen sein. Mehrheitlich sind es aber Frauen sowie Personen aus der queeren Szene.“ Also transgeschlechtliche und nicht-binäre Personen.

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Sie alle können so unter sexistischer Anmache in Worten und Gesten leiden, dass sie sich unter Umständen gezwungen sehen, ihr Verhalten anzupassen. „Ich kenne Freundinnen, die manche Strecken nicht alleine gehen oder ihre Kleidung anpassen“, erzählt Katharina, die in Münster Erziehungswissenschaften mit dem Schwerpunkt Sozialpädagogik studiert. Sie empfindet schon allein das als Einschränkung für die Freiheit, wenn man mit der Sorge rausgeht, es könnte einem etwas Anzügliches hinterhergerufen werden.

Und wenn nach solchen Übergriffen dann noch jemand fragt: Was hast du denn angehabt? Warst du alleine unterwegs?, werden die Studentinnen richtig sauer. „Die betroffene Person ist nicht schuld. Egal, was sie tut oder anhat, das ist nie eine Aufforderung dazu, eine sexuelle Belästigung hinterhergerufen zu bekommen.“

Ankreiden auf Bottroper Straßen: Catcalling passiert überall

Letztlich hat das Aufmalen der sexistischen Anmachen am Ort des Geschehens zwei Aspekte, meint Katharina: „Es gibt den Betroffenen Raum zu zeigen: Das ist nicht in Ordnung, wir kreiden das an. Und es soll die Öffentlichkeit sensibilisieren, soll die alltägliche Dimension bewusster machen.“ Die bunten Kreideaufschriften zeigten am Ende, dass Catcalling überall passiert.

Den Begriff Catcalling – „viele schreiben auf deutsch Katzenrufen“ – empfinden Kim und Katharina durchaus als kritikwürdig, weil er doch allzu harmlos klingt. Allerdings ist die weltweite Bewegung mit diesem Schlagwort groß geworden, „daher übernehmen wir den Namen“. In vielen Städten im In- und Ausland sind Gruppen schon per Ankreiden gegen Catcalling aktiv.

So kann man aktiv werden

Wer der Gruppe eine verbale sexuelle Belästigung im öffentlichen Raum in Bottrop melden möchte, kann das per E-Mail tun an catcallsofbottrop@gmx.de. Oder nimmt Kontakt per Instagram-Direktnachricht auf: @catcallsofbottrop

Über diese beiden Wege können sich auch gerne Menschen melden, die die Gruppe aktiv unterstützen möchten.

Gefördert wird „Catcalls of Bottrop“ durch das Frauenzentrum Courage.